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Änderungen an den Regelungen zu den Preisbremsen

24.08.2023 | 4 Minuten Lesezeit

Am 03.08.2023 ist das „Gesetz zur Änderung des Erdgas-Wärme-Preisbremsen Gesetzes, zur Änderung des Strompreisbremsengesetzes sowie zur Änderung weiterer energiewirtschaftlicher, umweltrechtliche und sozialrechtliche Gesetze" (BGBl. N. 202) in Kraft getreten. Das Gesetz bringt für Letztverbraucher, die 2021 aufgrund von Corona-Maßnahmen außergewöhnlich niedrige Verbräuche hatten, zusätzliche Entlastungen. Zusätzlich entlastet werden ebenfalls Letztverbraucher mit einem Verbrauch von bis zu 30.000 kWh und Schwachlasttarifen, z.B. wegen des Bezugs von Heizstrom. Darüber hinaus werden eine Vielzahl von Detailregelungen modifiziert.

Zusätzliche Entlastung bei atypischen Minderverbräuchen

Mit einem neuen § 37a EWPBG und einem nahezu gleichlautenden § 12b StromPBG werden Letztverbraucher zusätzlich entlastet, die im Kalenderjahr 2021 aufgrund von corona-bedingten Einschränkungen atypische Minderverbräuche an Energie hatten. Dieser zusätzliche Entlastungsbetrag muss beantragt werden; der Letztverbraucher muss nachweisen, dass die Voraussetzungen erfüllt sind.

Antragsberechtigt sind Letztverbraucher, die im Kalenderjahr 2021 Corona-Überbrückungshilfen für kleine und mittelständische Unternehmen, Soloselbstständige und Angehörige der freien Berufe aufgrund erheblicher Umsatzausfälle oder vergleichbare Versicherungsleistungen erhalten haben. Der Antragsteller muss nachweisen, dass sein Verbrauch jeweils mindestens 40 % niedriger war als der Verbrauch im Kalenderjahr 2019. Die jeweils einschlägigen Höchstgrenzen müssen eingehalten werden und der zusätzliche Entlastungsbetrag muss mindestens 10.000 € bei Gas und 1.000 € bei Strom überschreiten.

Ein entsprechender Antrag kann im Zeitraum vom 1. bis zum 30.09.2023 bei der Prüfbehörde gestellt werden. Die Prüfbehörde ist verpflichtet, dem Antragsteller bis spätestens 31.12.2023 das Ergebnis der Prüfung zu übermitteln.

Der zusätzliche Entlastungsbetrag wird ermittelt aus der sogenannten „originären Entlastungssumme“, einem Ausgleichsfaktor von 1,5 und einem Anpassungsfaktor, der sich rechnerisch ergibt, wenn der an den Entnahmestellen des Letztverbrauchers gemessenen Verbrauch im Jahr 2019 durch den gemessenen Verbrauch im Jahr 2021 dividiert und der sich daraus ergebende Quotient um 1 vermindert wird.

Im Ergebnis erhalten die betroffenen Letztverbraucher eine zusätzliche Entlastung, die durch Multiplikation der bisherigen Entlastung mit dem Ausgleichsfaktor 1,5 und dem Verhältnis des Energieverbrauchs 2019 zu 2021 ermittelt wird.

Der Ansatz des Gesetzgebers ist zu begrüßen, Letztverbrauchern, die schon durch die Corona-Krise erhebliche Verluste hinnehmen mussten, eine zusätzliche Entlastung zu gewähren. Es wird abzuwarten bleiben, wie das Antragsverfahren konkret ausgestaltet wird und ob die zusätzliche Entlastungsmöglichkeit in den Kreisen der betroffenen Letztverbraucher ausreichend bekannt sein wird.

Hinweis: Die Antragsfrist soll am 01.09.2023 beginnen und endet bereits am 30.09.2023. Letztverbraucher, die die zusätzliche Entlastung in Anspruch nehmen möchten, sollten beginnen, die erforderlichen Unterlagen zusammenzustellen.

Anteiliger Referenzpreis von 28 Ct/kWh für Entnahmestellen mit Schwachlast- / Niedertarif

Mit einem neuen § 5 Abs. 3 StromPBG wird für Entnahmestellen, die über einen variablen Tarif mit Schwachlast- bzw. Niedertarif und Hochtarif beliefert werden, für den Schwachlastanteil ein neuer Referenzpreis von 28 Cent (brutto) eingeführt.

Für die gesamte Stromabnahme gilt der gewichtete Durchschnitt von 28 Cent pro kWh und der zeitlichen Gültigkeit des Schwachlasttarifs innerhalb einer Woche und 40 Cent pro kWh, gewichtet mit der zeitlichen Gültigkeit des Hochtarifs innerhalb einer Woche.

Die Regelung gilt nur für Entnahmestellen mit einem Jahresverbrauch von bis zu 30.000 kWh und ausschließlich für den Zeitraum von August bis Dezember 2023. Diese Entlastung kann abweichend vom Regelfall als Einmalzahlung anstelle einer monatlichen Entlastung gewährt werden.

Hinweis: Der Lieferant ist verpflichtet, die betroffenen Kunden zu informieren, ob er die Entlastung monatlich oder als Einmalbetrag gewährt. Die Regelung gilt nicht für Entnahmestellen, an die ausschließlich Heizstrom geliefert wird. Voraussetzung ist, dass die Entnahmestelle über einen zeitvariablen Tarif beliefert wird.

Sonderregelungen für neu installierte Wärmepumpen und Ladepunkte

Wenn an einer Entnahmestelle während des Entlastungszeitraums eine elektrisch angetriebene Wärmepumpe oder ein Ladepunkt für E-Kraftfahrzeuge neu in Betrieb genommen und nicht mit einem eigenen Zählpunkt mit dem Netz verbunden ist, ist der zusätzliche Verbrauch für den verbleibenden Entlastungszeitraum ebenfalls zu berücksichtigen, wenn der Letztverbraucher dem Netzbetreiber die Inbetriebnahme des Gerätes angezeigt hat.

Sonderregelungen für Schienenbahnen

Mit dem Gesetz werden weitere Sonderregelungen für die Entlastung von Schienenbahnen eingeführt. Die Anpassungen sind erforderlich, weil der Beihilferechtliche Rahmen für Schienenbahnen ein anderer ist als für andere Unternehmen. Die beihilferechtliche Notifizierung richtet sich nicht nach dem befristeten Krisenrahmen der europäischen Kommission, sondern nach den gemeinschaftlichen Leitlinien für staatliche Beihilfen an Eisenbahnunternehmen. Für Schienenbahnen gelten daher bei der Berechnung der krisenbedingten Energiemehrkosten, der Festlegung der anwendbaren Höchstgrenzen und dem Verfahren zur Abgabe von Selbsterklärungen gesonderte Regelungen.

Detailkorrekturen bei Arbeitsplatzerhaltung und Boni- und Dividendenverbot

Wenn Unternehmen die Verpflichtung zur Beschäftigungssicherung verletzen, können sie zur Rückzahlung erhaltener Entlastungen verpflichtet sein. Mit der Änderung wird klargestellt, dass diese Rückzahlungsbeträge grundsätzlich zu verzinsen sind. Die Höhe der Zinsen wird über einen Verweis auf § 49a VwVfG mit fünf Prozentpunkten über Basis jährlich festgelegt. Durch eine Neuregelung in § 37 Abs. 4 Nr. 4 StromPBG bzw. § 29 Abs. 4 Nr. 4 EWPBG wird die Prüfbehörde berechtigt, bei der Entscheidung über die Rückforderung, die wirtschaftliche Situation des Letztverbrauchers und seines Wirtschaftszweiges zu beachten.

Die Boni- und Dividendenverbote betreffen Unternehmen mit Entlastungssummen von mehr als 25 bzw. 50 Millionen Euro. Der Gesetzgeber hat hier eine Reihe von Klarstellungen vorgenommen und u. a. geregelt, dass ein Verzicht auf Entlastungssummen von mehr als 25 bzw. 50 Millionen Euro nur noch in Textform und bis zum 31.07.2023 gegenüber der Prüfbehörde erklärt werden kann.

Hinweis: Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes war die Frist bereits verstrichen und die Prüfbehörde noch nicht installiert. In den FAQ des Wirtschaftsministeriums findet sich bereits jetzt eine Regelung, wonach eine Nichtbeachtung von Mitteilungsfristen nicht geahndet werden soll, wenn die Mitteilungen bis Ende September 2023 nachgeholt werden.

Prüfbehörde kann Rückforderung von Entlastungen anordnen und erhält weitere Befugnisse

Mit dem Gesetz werden auch die Regelungen über die Befugnisse der Prüfbehörde und die Verpflichtungen der Lieferanten und Letztverbraucher gegenüber der Prüfbehörde geändert. Lieferanten, denen Umstände zur Kenntnis gelangen, die Anhaltspunkte für die Annahme bieten, dass Letztverbraucher eine höhere Entlastung erhalten haben als ihnen zusteht, müssen diese Umstände nunmehr unverzüglich der Prüfbehörde zur Kenntnis geben. Die Prüfbehörde wiederum wird berechtigt, Lieferanten anzuweisen, Rückforderungsansprüche geltend zu machen. Weiterhin wird die Prüfbehörde berechtigt, eigenständig ein Verfahren zur Ermittlung der maßgeblichen Höchstgrenze einzuleiten, wenn ihr Anhaltspunkte dazu vorliegen, dass Letztverbraucher einschlägigen Höchstgrenzen überschritten und noch keine entsprechende Selbsterklärung abgegeben haben.

Änderungen der Differenzbetragsanpassungsverordnung

Das Wirtschaftsministerium hat schließlich eine Änderung der Differenzbetragsanpassungsverordnung in die Wege geleitet. Mit Wirkung zum 01.10.2023 soll der Referenzbetrag für Strom im Anwendungsbereich der Differenzbetragsanpassungsverordnung von 0,24 Euro auf 0,18 Euro und für Gas von 0,08 Euro auf 0,06 Euro herabgesetzt werden. Dem aktuellen Entwurf (BT-Drs. 20/7538) war ein Entwurf vorangegangen, den das Wirtschaftsministerium aber zurückgezogen hat. Der Bundestag hat der Änderung noch nicht zugestimmt.