Negativzinsen in Verträgen über Giro-, Tagesgeld- und Sparkonten können unwirksam sein

10.02.2025 | 3 Minuten Lesezeit

Der BGH stellte mit Urteilen vom 04.02.2025 (Az. XI ZR 61/23, XI ZR 65/23, XI ZR 183/23) klar, dass für Guthaben auf Spar- und Tagesgeldkonten keine Verwahrentgelte (sog. Negativzinsen) erhoben werden dürfen. Bei Girokonten sind Verwahrentgelte dagegen zulässig, sofern diese dem Transparenzgebot standhalten. Geklagt hatten mehrere Verbraucherschutzverbände nach dem Unterlassungsklagengesetz.

Keine Verwahrentgelte für Tagesgeld und Sparkonten

Die Klauseln über Verwahrentgelte für Einlagen auf Tagesgeldkonten (Az. XI ZR 161/23) und für Spareinlagen (Az. XI ZR 183/23) unterliegen laut BGH einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, weil sie die von der Bank geschuldete Hauptleistung abweichend von der nach Treu und Glauben geschuldeten Leistung verändern. Denn, so der BGH, Einlagen auf Tagesgeldkonten und Sparkonten dienen nicht nur der sicheren Verwahrung von Geldern, sondern darüber hinaus auch Anlage- und Sparzwecken. Daher hielten die Klauseln über Verwahrentgelte für Einlagen auf Tagesgeldkonten und für Spareinlagen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nicht stand.

Hinweis: Soweit Kreditinstitute im Euroraum im Zeitraum vom 11.06.2014 bis 26.07.2022 auf bestimmte Einlagen, die sie bei ihrer nationalen Zentralbank unterhielten, "negative Zinsen" zu zahlen hatten, rechtfertigt dies laut BGH nicht, die vertraglich berechtigten Erwartungen von Verbrauchern, ihre auf Tagesgeld- und auf Sparkonten verbuchten Einlagen mindestens zu erhalten, durch die Einführung eines Verwahr- oder Guthabenentgelts zu enttäuschen, dass die Einlage bis zu einem Freibetrag fortlaufend reduziert.

Negativzinsen bei Girokonten grundsätzlich zulässig

Zu einer anderen Beurteilung kommt der BGH bei Girokonten. Hier seien Verwahrentgelte grundsätzlich zulässig, sofern die Abreden transparent sind. Die Verwahrung des Geldes stelle nämlich eine von der Bank erbrachte Hauptleistung dar, die keiner AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterliege. Folglich dürften Kreditinstitute auf diese Einlagen grundsätzlich Negativzinsen erheben.

Sofern allerdings entsprechende Klauseln nicht klar und verständlich sind, verstoßen diese laut BGH gegen das sog. Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) und sind damit gegenüber Verbrauchern unwirksam.

Hinweis: Der BGH begründet seine Auffassung in Bezug auf die Girokonten damit, dass Giroverträge sog. typengemischte Verträge sind, bei denen die von der Bank erbrachten Leistungen Elemente des Zahlungsdiensterechts, des Darlehensrechts und der unregelmäßigen Verwahrung aufweisen können. Die Verwahrung von Guthaben auf Girokonten stellt nach Auffassung des BGH neben der Erbringung von Zahlungsdiensten eine den Girovertrag prägende Leistung und damit eine Hauptleistung dar.

Wie die in der Vergangenheit gängige Vertragspraxis der Banken, wonach Guthaben auf Girokonten geringfügig verzinst wurden, belege, dient das Guthaben auf Girokonten nicht ausschließlich der Teilnahme am Zahlungsverkehr. Deshalb sei die Verwahrung von Guthaben auf Girokonten als von der Bank im Rahmen des Girovertrags erbrachte Hauptleistung anzusehen. Die in den maßgeblichen streitbefangenen Giroverträgen enthaltenen Verwahrentgeltklauseln waren laut BGH allerdings intransparent und aus diesem Grund unwirksam. Sie seien hinsichtlich der Höhe des Verwahrentgelts nicht bestimmt genug gewesen. Die Verbraucher könnten ihre mit den Klauseln verbundenen wirtschaftlichen Belastungen nicht hinreichend erkennen. Die Klauseln würden nicht hinreichend genau darüber informieren, auf welches Guthaben sich das jeweilige Verwahrentgelt bezieht.

Verbraucherschutzverbände können keine Rückzahlung von Negativzinsen verlangen

Soweit die klagenden Verbraucherschutzverbände als Folgenbeseitigung die Rückzahlung der auf der Grundlage der unwirksamen Verwahrentgeltklauseln vereinnahmten Entgelte an die betroffenen Verbraucher und Auskunft über deren Vornamen, Zunamen und Anschriften verlangten, hat der BGH die Klage abgewiesen. Eine Klage hinsichtlich des Zahlungsbegehrens sei bereits unzulässig, weil der Kläger mit seinem Antrag die Kunden der Beklagten nicht individualisiere, an die die Rückzahlung erfolgen soll. Folglich fehle es an der erforderlichen Bestimmtheit des Klageantrags.

Zudem kann ein Verbraucherschutzverband die begehrte Auskunft nicht beanspruchen, weil diesem im Rahmen eines Klageverfahrens nach dem UKlaG kein Beseitigungsanspruch auf Rückzahlung rechtsgrundlos vereinnahmter Entgelte an die betroffenen Verbraucher zusteht, so dass auch ein entsprechender Auskunftsanspruch nicht besteht. Betroffene Verbraucher müssen zu Unrecht gezahlte Negativzinsen ggf. selbst bei ihrer Bank zurückfordern.

Hinweis: Die Entscheidung des BGH dürfte insbesondere mit Blick auf die Zukunft relevant sein, in dem er nunmehr für künftige Niedrigzinsphasen klare rechtliche Vorgaben geschaffen hat.