Vorgesehene Änderungen im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht aufgrund des Zukunftsfinanzierungsgesetzes
Am 16.08.2023 hat die Bundesregierung den Entwurf eines sog. Zukunftsfinanzierungsgesetzes beschlossen. Sie beabsichtigt damit, den Finanzstandort Deutschland zu stärken. Neben steuerlichen Änderungen enthält das Gesetz auch Änderungen im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht.
Einführung elektronischer Aktien
Im Zuge des Gesetzes ist vorgesehen, das Aktiengesetz sowie das im Jahr 2021 eingeführte Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG) für elektronische Aktien zu öffnen. Damit sollen in Zukunft neben Inhaberschuldverschreibungen auch Aktien durch Eintragung in ein elektronisches Wertpapierregister als Zentralregisteraktie oder Kryptoaktie begeben werden können. Allerdings sollen Inhaberaktien nur als Zentralregisteraktien in einem zentralen Register nach § 12 eWpG eingetragen werden können, § 10 AktG-E. Damit würde nur Namensaktien der Weg der Begebung als Kryptoaktie durch Eintragung in ein Kryptowertpapierregister nach § 16 eWpG unter Nutzung der Blockchain-Technologie oder vergleichbarer Technologie offenstehen. Voraussetzung für eine elektronische Begebung wäre, dass die Satzung die Begebung durch urkundliche Verbriefung ausschließt und im Fall der Kryptoaktien diese ausdrücklich vorsieht.
Hinweis: Die neuen elektronischen Aktien sollen jedoch keine eigene Aktienart bilden.
Herabsetzung der Mindestmarktkapitalisierung für Börsengänge
Start-ups sowie kleinere und mittlere Unternehmen sollen einen erleichterteren Zugang zum Kapitalmarkt erhalten, indem z. B. die Mindestmarktkapitalisierung für Börsengänge von 1,25 Mio. Euro auf 1 Mio. Euro herabgesetzt wird, § 2 Abs. 1 S. 1 Börsenzulassungs-Verordnung-E.
Wiederzulassung von Mehrstimmrechtsaktien
Außerdem ist die Wiederzulassung von Mehrstimmrechtsaktien innerhalb bestimmter gesetzlicher Grenzen vorgesehen, § 12 AktG-E.
Hinweis: Mehrstimmrechte sind seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich am 01.05.1988 (KontrAG, BGBl. I 1998, S. 786) unzulässig.
Vorgaben zur Mehrstimmrechtsaktie in Bezug auf Anleger- und Minderheitenschutz sollen durch die Einfügung eines § 135a AktG-E gesetzlich festgeschrieben werden. Diese Vorschrift soll die Mehrstimmrechte der Mehrstimmrechtsaktie auf höchstens das Zehnfache des Stimmrechts begrenzen.
Neue Rechtsform der Börsenmantelaktiengesellschaft als Pendant zur SPAC
Als neue Rechtsform soll die Börsenmantelaktiengesellschaft (BMAG) nach Vorbild der Special Purpose Acquisition Companies (SPACs) in den USA eingeführt werden, Abschn. 4a im Börsengesetz-E.
Hinweis: Eine SPAC ist eine Mantelgesellschaft ohne eigenes operatives Geschäft. Sie wird gegründet, um anhand eines Börsengangs Kapital einzusammeln und dadurch ein - vor dem Börsengang unbestimmtes - nicht-börsennotiertes Unternehmen zu übernehmen und dadurch mittelbar an die Börse zu bringen.
Geschäftsgegenstand der neuen Rechtsform der BMAG soll demnach allein die Vorbereitung eines Börsengangs und die Suche nach einem geeigneten Unternehmen sein, das auf diese Weise durch die abschließende Transaktion an die Börse gelangt.
Mehr Rechtssicherheit in Bezug auf Standardvertragsklauseln bei Finanzgeschäften
Weiter ist eine Neuerung im AGB-Recht durch Einfügung eines Abs. 1a zu § 310 Abs. 1 BGB vorgesehen, um Rechtssicherheit hinsichtlich internationaler Standards herzustellen.
Bei im Inland erlaubnispflichtigen und sonstigen der Aufsicht unterliegenden Geschäften, die Unternehmer im Finanzdienstleistungsbereich untereinander schließen, werden nämlich häufig Standardvertragsklauseln verwendet. Deren rechtssichere Ausgestaltung ist im Einzelnen auch Voraussetzung für die aufsichtsrechtliche Anerkennung nach nationalem und internationalem Recht. Gerade bei großvolumigen Verträgen besteht in der Praxis erhebliche Rechtsunsicherheit, inwieweit die üblichen Standardvertragsklauseln auch den AGB-rechtlichen Anforderungen entsprechen. Dies kann zu einer Verunsicherung des Finanzmarktes führen.
§ 310 Abs. 1 BGB-E würde eine Bereichsausnahme von der AGB-Kontrolle nach § 307, § 308, Nr. 1a und 1bBGB für Verträge über erlaubnispflichtige Finanzgeschäfte zwischen Finanzunternehmen schaffen, vorausgesetzt es liegt eine aufsichtsrechtliche Erlaubnis für eben diese Finanzgeschäfte vor.
Erleichterte Investitionen im Bereich der erneuerbaren Energien
Schließlich sind Erleichterungen von Investitionen in erneuerbare Energien durch offene Immobilienfonds vorgesehen. So soll in Ergänzung des § 231 Abs. 1 S. 1 KAG-E ein neuer erwerbbarer Vermögensgegenstand eingeführt werden, der Grundstücke umfasst, auf denen sich ausschließlich Anlagen zur Erzeugung, zum Transport und zur Speicherung von Strom, Gas oder Wärme aus erneuerbaren Energien befinden.