Neues zum LkSG - weitere nationale Umsetzung und EU-Pläne
Bislang haben sich bereits viele Unternehmen im Wege der freiwilligen Selbstverpflichtung zur Bekämpfung von Hungerlöhnen, Zwangsarbeit und ähnlichen Missständen in der Lieferkette bekannt. Ab 01.01.2024 sind noch mehr Unternehmen zur Einhaltung der Vorgaben des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes verpflichtet, das zum Schutz der Menschenrechte und der Umwelt in globalen Lieferketten beitragen soll. Daneben erfolgte am 14.12.2023 auf EU-Ebene eine vorläufige Einigung über die Inhalte der CSDDD-Richtlinie, die Ausgangspunkt für ein europäisches Lieferkettengesetz ist.
Verpflichtete Unternehmen
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) gilt seit dem 01.01.2023 für Unternehmen mit mindestens 3.000 im Inland beschäftigten Arbeitnehmern und verpflichtet diese dazu, in ihren Lieferketten menschenrechtliche und bestimmte umweltbezogene Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten. Ab dem 101.01.2024 wird die Beschäftigtengrenze sogar auf 1.000 Arbeitnehmer pro Unternehmen herabgesetzt, sodass die Anzahl der nach dem LkSG verpflichteten Betriebe stark ansteigen wird. Sofern mehrere Unternehmen beispielsweise in einem Konzern verbunden sind, werden die im Inland beschäftigten Arbeitnehmer sämtlicher konzernangehöriger Gesellschaften sogar bei der Obergesellschaft zusammengerechnet. Dementsprechend ist die Arbeitnehmerschwelle ggf. schnell erreicht.
Pflichten nach den nationalen Vorgaben
Die zu beachtenden Sorgfaltspflichten umfassen neben einer Grundsatzerklärung u. a. die Einrichtung eines Risikomanagements. Zudem ist es notwendig, Verantwortlichkeiten im Unternehmen festzulegen, um die Einhaltung der Sorgfaltspflichten zu überwachen. Essenziell ist auch die Durchführung einer Risikoanalyse zur Identifizierung der Geschäftsbereiche, die besonders hohe menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken bergen. Dies gilt sowohl für das eigene Unternehmen als auch die der unmittelbaren, ggf. auch mittelbaren Zulieferer. Sofern Risiken identifiziert werden, folgt die Verankerung von Präventionsmaßnahmen, beispielsweise durch Schulungen oder die Vereinbarung vertraglicher Menschenrechtsklauseln mit den Zulieferern. Zudem ist die Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens sowie die sofortige Ergreifung von Abhilfemaßnahmen bei festgestellten Rechtsverstößen verpflichtend. In diesem Zusammenhang darf nicht vergessen werden, dass das Beschwerdeverfahren des verpflichteten Unternehmens sowohl internen als auch externen Personen zusteht. Dementsprechend können auch beispielsweise Mitarbeitende von Unternehmen, die nicht unter die Regelungen des LkSG fallen, Missstände in der Lieferkette verpflichteter Unternehmen melden.
Kontrolle und Durchsetzung der Pflichten
Dabei obliegt die Kontrolle und Durchsetzung des LkSG dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Kenntnis von solchen Rechtsverstößen erlangt das BAFA nicht nur durch eigens durchgeführte Kontrollen in verpflichteten Unternehmen, sondern auch durch allgemeine Hinweise oder - bei persönlicher Betroffenheit der Personen, die dem BAFA den Sachverhalt zur Kenntnis bringen - durch Einreichung einer Beschwerde, die nicht selten medienwirksam aufbereitet wird. Dies ist kürzlich geschehen durch Beschwerden von NGOs, die gegen Missstände in den Lieferketten großer deutscher Einzelhandelsunternehmen vorgehen wollen. Für mediale Aufmerksamkeit hat auch der Streik zahlreicher Lastkraftwagenfahrer eines polnischen Speditionsunternehmens gesorgt, die menschenunwürdige Arbeitsbedingungen beklagt und Lohnnachzahlungen gefordert hatten. Die Waren dutzender deutscher Großunternehmen wurden durch die Spedition transportiert. Nachdem sich Vertreter des BAFA vor Ort mit den Streikenden ausgetauscht hatten, folgte eine Prüfung vieler verpflichteter Unternehmen durch das BAFA.
Unternehmen, die die ihnen nach dem LkSG obliegenden Sorgfaltspflichten nicht beachten, drohen zukünftig immer häufiger empfindliche Geldbußen bis zu 8 Mio. Euro beziehungsweise - bei Unternehmen mit einem durchschnittlichen Jahresumsatz von mehr als 400 Mio. Euro - bis zu 2 % des durchschnittlichen Jahresumsatzes. Daneben droht ab einer bestimmten Bußgeldhöhe auch der vorübergehende Ausschluss von öffentlichen Vergabeverfahren.
Aber auch Unternehmen, die nicht in den Anwendungsbereich des LkSG fallen, bleiben von den Auswirkungen des Gesetzes nicht verschont. In der Praxis ist erkennbar, dass verpflichtete Unternehmen aufgrund ihrer regelmäßig überlegenen Stellung versuchen, gegenüber Zulieferern ihre aus dem LkSG resultierenden Pflichten „nach unten weiterzugeben“. Angesichts dieser Gefahr zu weitreichender Forderungen gegenüber Zulieferern hat das BAFA im August 2023 die Handreichung zur „Zusammenarbeit in der Lieferkette zwischen verpflichteten Unternehmen und ihren Zulieferern" veröffentlicht, in der es konkrete Empfehlungen für das Vorgehen der Beteiligten im Rahmen der Zusammenarbeit ausspricht, die sich vorrangig auf die vier Bereiche Risikoanalyse, Präventionsmaßnahmen, Abhilfemaßnahmen und Beschwerdeverfahren beziehen.
Entwicklungen auf EU-Ebene
Mit Blick auf die am 14.12.2023 zwischen EU-Parlament und EU-Ministerrat erfolgte Einigung auf eine Richtlinie zur Regulierung von Lieferketten (sog. Corporate Sustainability Due Diligence Directive, „CSDDD“), werden zukünftig noch deutlichere Verschärfungen zu erwarten sein. Laut der Pressemitteilung des Rats der EU fallen in den Anwendungsbereich der vorgesehenen Richtlinie Unternehmen ab 500 Beschäftigten und einem weltweiten jährlichen Nettoumsatz von 150 Mio. Euro. Unternehmen in Drittstaaten sind erfasst, wenn sie drei Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie einen Nettoumsatz von 150 Mio. Euro in der EU erwirtschaften. Die Richtlinie geht derzeit weit über das deutsche LkSG hinaus und sieht beispielsweise vor, dass bestimmte Unternehmen einen Plan zur Eindämmung des Klimawandels verabschieden und umsetzen müssen. Zudem sollen Unternehmen für Sorgfaltspflichtverletzungen haftbar gemacht werden können. Zur Durchsetzung der Pflichten sind unter anderem Geldbußen in Höhe von bis zu 5 % des weltweiten Umsatzes oder der Ausschluss von öffentlichen Vergabeverfahren vorgesehen.
Der Richtlinienvorschlag muss noch in einem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren angenommen werden, was jedoch als reine Formsache gilt. Unmittelbare Auswirkungen für deutsche Unternehmen hat die Richtlinie erst nach Umsetzung der Vorgaben in nationales Recht, was zu erheblichen Verschärfungen des deutschen LkSG führen wird. Die Umsetzung muss innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten der Richtlinie erfolgen.
Fazit
Vor diesem Hintergrund sollten sowohl verpflichtete als auch Zuliefererunternehmen sich auf noch weitergehende Compliance-Pflichten im Zusammenhang mit dem Thema „Lieferkette" einstellen. Dabei empfiehlt es sich insbesondere, bereits bestehende Strukturen und Compliance Management Systeme an die aktuellen Empfehlungen anzupassen, um den folgenden Herausforderungen bestmöglich begegnen zu können.
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