Fremdübliche Verzinsung eines Darlehens: BFH behält Margenteilung bei
Der BFH bestätigt seine Rechtsprechung, wonach die nicht angemessene Verzinsung einer auf einem Gesellschafterverrechnungskonto gebuchten Darlehensforderung zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) führen kann und wendet bei der Bewertung der vGA den Grundsatz der sog. Margenteilung weiterhin an.
Eine GmbH führte für die Streitjahre 2014 und 2015 ein Verrechnungskonto für ihren Gesellschafter-Geschäftsführer. Die darauf ausgewiesene Forderung gegenüber dem Gesellschafter-Geschäftsführer wurde nicht verzinst.
In seinem Urteil vom 22.02.2023 (Az. I R 27/20) bestätigt der BFH, dass aufgrund der fehlenden Verzinsung der Forderung eine vGA in Form einer verhinderten Vermögensmehrung vorliegt (vgl. BFH-Urteil vom 23.06.1981, Az. VIII R 102/80, BStBl. II 1982, S. 245).
Die Bewertung der Höhe der vGA richtet sich nach dem Fremdvergleichspreis. Zur Bestimmung des angemessenen (fremdüblichen) Zinses führt der BFH aus, dass zwar nach der jüngeren Rechtsprechung vorrangig die Preisvergleichsmethode anzuwenden sei, wobei als Fremdpreis der Zins, zu dem Fremde unter vergleichbaren Bedingungen den Kredit am Geld- oder Kapitalmarkt gewährt hätten, anzusehen sei (vgl. BFH-Urteil vom 18.05.2021, Az. I R 4/17, BFH/NV 2021, S. 1595).
Sofern jedoch keine anderen Anhaltspunkte für die regelmäßig gebotene Schätzung dieses fremdüblichen Zinsen erkennbar seien, ist es nach den Ausführungen des BFH nicht zu beanstanden, wenn nach dem Grundsatz der Margenteilung davon ausgegangen wird, dass sich private Darlehensgeber und Darlehensnehmer die bankübliche Marge zwischen Soll- und Habenzinsen teilen (vgl. auch BFH-Urteile vom 28.02.1990, Az. I R 83/87, BStBl. II 1990, S. 649; vom 19.01.1994, Az. I R 93/93, BStBl. II 1994, S. 725; vom 22.10.2003, Az. I R 36/03, BStBl. II 2004, S. 307).
Hinweis: Der BFH sieht darin keinen Widerspruch zu der sog. Bandbreitenrechtsprechung, wonach der „richtige" Fremdvergleichspreis keinen Punktwert darstellt, sondern aus einer Bandbreite von – allesamt fremdüblichen – Preisen besteht. Nach seiner Auffassung sei auch der sich aus der Margenteilung ergebende „Mittelwert" aus Fremdvergleichen abgeleitet und auch nur dann relevant, wenn anderweitige tatsächliche Anhaltspunkte für die Schätzung fehlen. Auch bestünde kein Widerspruch zwischen dem Margenteilungsgrundsatz und neueren Entscheidungen des Senats zu Darlehensgewährungen im Konzern. Vorliegend gehe es um die gänzlich anders gelagerte Situation einer privaten Gelegenheitskreditvergabe durch eine personalistisch strukturierte Gesellschaft an ihren beherrschenden Gesellschafter. Nur insoweit sei der Margenteilungsgrundsatz als praktikables Hilfsmittel für den Fall anzuerkennen, dass keine anderen Anhaltspunkte für die Schätzung erkennbar sind.