
Organschaft trotz atypisch stiller Beteiligung an der Organgesellschaft
Eine Kapitalgesellschaft, an der eine atypisch stille Beteiligung besteht, kann laut BFH dennoch Organgesellschaft im Rahmen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft sein, da sie - unter Berücksichtigung der Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters - ihren ganzen Gewinn i. S. v. § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG an den Organträger abführen kann.
Zu diesem Ergebnis kommt der BFH in zwei Urteilen vom 11.12.2024 (Az. I R 33/22 und I R 17/21) und widerspricht damit der Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 20.08.2015, BStBl. I 2015, S. 649). Strittig war in beiden Fällen, ob die Kapitalgesellschaft in der Lage war, ihren gesamten Gewinn abzuführen und damit ihrer Verpflichtung aus dem mit dem Organträger abgeschlossenen Gewinnabführungsvertrag nachzukommen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 KStG).
Laut BFH ist dabei eine zivilrechtliche Betrachtungsweise heranzuziehen, wie sich aus der Bezugnahme in § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG auf einen Gewinnabführungsvertrag i. S. d. § 291 Abs. 1 AktG ergibt. Gegenstand der Abführungsverpflichtung sei somit nicht der steuerrechtlich ermittelte Gewinn, sondern vielmehr der Jahresüberschuss i. S. d. § 301 Satz 1 AktG bzw. der handelsrechtliche Jahresüberschuss. Handelsrechtlich sei der Gewinnanteil des - typisch oder atypisch - still Beteiligten als Aufwand zu erfassen und mindere damit den abzuführenden Jahresüberschuss. Das so geminderte Jahresergebnis stelle dann den „ganzen Gewinn“ i. S. d. § 291 Abs. 1 Satz 1 AktG dar, das sowohl handels- als auch steuerrechtlich abzuführen sei. Dem stehe auch nicht entgegen, dass eine - typisch oder atypisch - stille Beteiligung zivilrechtlich als Teilgewinnabführungsvertrag i. S. d. § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG zu qualifizieren sei. Aus der Bezugnahme in § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG auf einen Gewinnabführungsvertrag i. S. d. § 291 Abs. 1 AktG könne entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung nicht geschlossen werden, dass daneben kein solcher Teilgewinnabführungsvertrag bestehen dürfe.
Hinweis: In der Entscheidung Az. I R 17/21 entschied der BFH zudem, dass zumindest eine Vielzahl an atypisch stillen Beteiligungen an einzelnen Niederlassungen des Organträgers der Anerkennung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft nicht entgegensteht. Seine bisherige Rechtsprechung bestätigend (BFH vom 25.10.1995, Az. I R 76/93) führt der BFH zudem aus, dass die organschaftlichen Rechtsfolgen in gewerbesteuerlicher Hinsicht verdrängt werden, wenn an der Organgesellschaft eine atypisch stille Gesellschaft besteht. Allerdings gelte dies nicht, wenn der atypisch stille Gesellschafter nicht am gesamten Gewerbebetrieb der Organgesellschaft, sondern bei mehreren sachlich hinreichend abgegrenzten Geschäftsbereichen nur an einem dieser Geschäftsbereiche beteiligt ist.
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