Zurechnung von Grundstücken in mehrstöckigen Gesellschaftsstrukturen für grunderwerbsteuerliche Zwecke

04.05.2023 | 2 Minuten Lesezeit

Für grunderwerbsteuerliche Zwecke ist die Zurechnung von Grundstücken allein nach grunderwerbsteuerlichen Grundsätzen zu ermitteln. Weder die zivilrechtliche noch die wirtschaftliche Eigentumszurechnung sind hierbei zu berücksichtigen. Hierauf ging der BFH in zwei Entscheidungen ein.

Zurechnung auch zur Obergesellschaft

In seinem Urteil vom 14.12.2022 (Az. II R 33/20) hat der BFH ausdrücklich seine bisherige Rechtsprechung bestätigt, dass ein Grundstück einer Untergesellschaft auch der Obergesellschaft grunderwerbsteuerrechtlich zugerechnet werden kann. Die Frage, wem das Grundstück aus grunderwerbsteuerlicher Sicht „gehört“, stellt sich immer dann, wenn ein grunderwerbsteuerbarer Vorgang gemäß § 1 Abs. 2a bis 3a GrEStG vorliegt und zu prüfen ist, inwieweit Grundvermögen „fiktiv" übertragen und damit ggf. Grunderwerbsteuer ausgelöst wird.

Anders als von der Finanzverwaltung in den gleichlautenden Erlassen vom 01.03.2016 (BStBl. I 2016, S. 282) bislang vertreten, reicht die bloße 90 %-ige (bzw. ehemals 95 %-ige) Beteiligung der Obergesellschaft an einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft nicht aus. Vielmehr stellt der BFH klar, dass nur dann ein Grundstück einer Gesellschaft zuzurechnen ist, wenn sie zuvor im Bezug auf das Grundstück einen unter § 1 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 oder Abs. 3a GrEStG fallenden Erwerbsvorgang verwirklicht hat. Eine Zurechnung gemäß der Ergänzungstatbestände § 1 Abs. 2a oder 2b GrEStG läuft dagegen nach Ansicht des BFH ins Leere, da hier lediglich eine neue Gesellschaft fingiert wird, nicht aber eine Grundstücksübertragung. Hieraus ergibt sich nach Auffassung des BFH keine geänderte Grundstückszurechnung.

Hinweis: In dem vom BFH entschiedenen Fall scheiterte die von der Finanzverwaltung angenommene Zurechnung mehrerer Grundstücke bei einer amerikanischen Obergesellschaft, da diese im Rahmen ihrer mittelbaren Beteiligung an mehreren grundstücksbesitzenden deutschen GmbHs keinen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1, 2, 3 oder 3a GrEStG ausgelöst hatte. Daher hatte der Übergang der Anteile an dieser Obergesellschaft aufgrund einer in den USA vorgenommenen Verschmelzung, jedenfalls bezogen auf die amerikanische Obergesellschaft, keine unmittelbare grunderwerbsteuerbare Anteilsvereinigung gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG zur Folge.

Zurechnung bei Vereinbarungstreuhand

Mit dem teilweise inhaltsgleichen Urteil vom gleichen Tag (Az. II R 40/20, DStR 2023, S. 700) entschied der BFH, dass die Vereinbarung einer Treuhand zwischen einem Treugeber und einer grundbesitzenden Gesellschaft zur Zurechnung des Grundvermögens bei dem Treugeber führt. Der BFH begründet dies damit, dass der Treugeber das Verwertungsrecht erhält (§ 1 Abs. 2 GrEStG) und damit der Gesellschaft als zivilrechtlicher Eigentümer das Grundstück nicht mehr zuzurechnen ist.

Hinweis: Der BFH erteilt mit seinen Urteilen der mehrfachen Zurechnung eines Grundstücks in mehrstöckigen Konzernstrukturen eine Absage, wenn die Zurechnung nur auf den Beteiligungsverhältnissen beruht. Erforderlich ist vielmehr, dass der Zurechnung ein steuerbarer Vorgang vorangegangen ist. Gleichwohl hat er damit eine mehrfache Zurechnung eines Grundstücks (noch) nicht aufgegeben.