Good-bye Deutschland: Vorsicht Wegzugsbesteuerung 

31.03.2025 | 3 Minuten Lesezeit

Immer mehr Personen entscheiden sich dafür, ihren Horizont durch Auslandsaufenthalte zu erweitern bzw. ihre Karriere international auszurichten. Darüber hinaus steigt die Zahl derjenigen, die auf der Suche nach besseren Lebens- oder Geschäftsbedingungen Deutschland dauerhaft den Rücken kehren. Im Jahr 2023 wanderten knapp 1,3 Mio. Menschen aus Deutschland aus. Die Top 3 Auswandererziele waren die Schweiz, Österreich und die USA.

Bei der Planung einer Auswanderung ist vieles zu bedenken - auch steuerliche Aspekte spielen eine große Rolle. Dabei ist ein besonderes Augenmerk auf die Wegzugsbesteuerung zu legen.

Wer ist von der Wegzugsbesteuerung persönlich betroffen?

Zur Wegzugsbesteuerung kann es kommen, wenn die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland durch Wegzug, also durch die Aufgabe des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts, beendet wird. Betroffen sind Personen, die innerhalb der letzten zwölf Jahre insgesamt mindestens sieben Jahre unbeschränkt einkommensteuerpflichtig in Deutschland waren.

Hinweis: Auch Zuzügler, die z. B. aus beruflichen Gründen nach Deutschland kommen und für insgesamt mindestens sieben Jahre innerhalb von zwölf Jahren bleiben, unterliegen der Wegzugsbesteuerung.

In welchen Fällen greift die Wegzugsbesteuerung?

Es kommt zu einer Wegzugsbesteuerung, wenn die betreffende Person zu irgendeinem Zeitpunkt in den letzten fünf Jahren vor dem Wegzug im Privatvermögen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften von mindestens 1 % sowie aufgrund einer Änderung im Jahressteuergesetz 2024 Beteiligungen an Investmentfonds hält.

Hinweis: Aufgrund dieser Gesetzesänderung unterliegen seit dem 01.01.2025 grundsätzlich auch unmittelbar im steuerlichen Privatvermögen oder über eine vermögensverwaltende Personengesellschaft gehaltene Anteile an (Spezial-)Investmentfonds der Wegzugsbesteuerung. Betroffen sind sowohl Anteile an inländischen wie auch an ausländischen (Spezial-)Investmentfonds. Anteile an Spezial-Investmentfonds fallen stets unter die Wegzugsbesteuerung. Bei Anteilen an Investmentfonds gilt dies nur, wenn die Beteiligung mindestens 1 % der ausgegebenen Investmentanteile umfasst oder die Anschaffungskosten der Anteile mindestens 500.000 Euro betragen.

Folgen der Wegzugsbesteuerung

Kommt es zur Wegzugsbesteuerung, sind zum Zeitpunkt des Wegzugs sämtliche stille Reserven in den Beteiligungen/Fondsanteilen aufgrund einer gesetzlichen Fiktion aufzulösen und der deutschen Wegzugsbesteuerung zu unterwerfen. Die Folge ist, dass eine Steuerbelastung entsteht, ohne dass es bei dem Steuerpflichtigen zu einem Liquiditätszufluss kommt. Dabei wird ein Verkauf der Anteile zum aktuellen Marktpreis unter Berücksichtigung der historischen Anschaffungskosten fingiert. Veräußerungsverluste werden dabei nicht erfasst.

Hinweis: Durch die Fiktion von Verkäufen im Wegzugsfall und deren Besteuerung soll vermieden werden, dass dem deutschen Fiskus das Besteuerungsrecht an dem Wertzuwachs der Anteile verloren geht.

Bei der Wegzugsbesteuerung gilt also nicht: „Wer Gewinn gemacht hat, kann auch Steuern zahlen“, sondern „Wer einen fiktiven Veräußerungsgewinn erzielt, muss zusehen, mit welcher Liquidität er die reelle Steuerlast begleicht“.

Weitere Konstellationen der Wegzugsbesteuerung

Die Wegzugsbesteuerung wird nicht nur ausgelöst, wenn ein unbeschränkt Steuerpflichtiger seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland aufgibt, sondern auch, wenn die Anteile an dem Investmentfond bzw. der Kapitalgesellschaft an eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person verschenkt oder vererbt werden.

Auch kommt es zur Wegzugsbesteuerung, wenn das deutsche Besteuerungsrecht für Gewinne aus dem Verkauf der Anteile ausgeschlossen oder beschränkt wird. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Wegzug in einen Staat erfolgt, mit dem ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, aber eine Wohnung in Deutschland beibehalten wird, sodass hier die unbeschränkte Steuerpflicht fortbesteht.

Hinweis: Da Doppelbesteuerungsabkommen gewöhnlich dem Zuzugsstaat das Besteuerungsrecht aus Anteilsverkäufen zuweisen, wird das deutsche Besteuerungsrecht ausgeschlossen. Dies soll verhindert werden. Das Beibehalten einer Wohnung in Deutschland ist also in der Regel nicht dazu geeignet, die Wegzugsbesteuerung zu vermeiden.

Nachträglicher Wegfall der Wegzugsbesteuerung

Ist der Steuerpflichtige nur vorübergehend abwesend und kehrt er innerhalb von sieben Jahren nach seinem Wegzug nach Deutschland zurück, entfällt die Wegzugssteuer rückwirkend. Der Zeitraum kann auf Antrag um fünf Jahre verlängert werden. Spätestens mit der Einreichung des Verlängerungsantrags sollte eine Rückkehrabsicht des Steuerpflichtigen gegenüber dem zuständigen Finanzamt dokumentiert werden. Auf Antrag und ggf. gegen Sicherheitsleistung ist eine Steuerstundung für den Sieben- bzw. den verlängerten Zeitraum möglich. Diese Regelung gilt jedoch u. a. dann nicht, wenn die Anteile während der Abwesenheit veräußert wurden.

Hinweis: Umgekehrt ist aber zu beachten, dass unter Umständen der ehemalige Zuzugsstaat Wegzugssteuer bei einer Rückkehr nach Deutschland erhebt.

Handlungsempfehlungen

Die Problematik der Wegzugsbesteuerung kann das Abenteuer Ausland im Ergebnis sehr teuer machen. Vor diesem Hintergrund gilt es, rechtzeitig vorzusorgen. In der Praxis bewährt ist u. a. bei im Privatvermögen gehaltenen Kapitalgesellschaftsbeteiligungen die Etablierung einer geschäftsleitenden Holding KG im Inland und die Bündelung der Anteile in dieser Holding KG.

Durch Ausweitung der Wegzugsbesteuerung auf Anteile an Investmentfonds im Zuge des Jahressteuergesetzes 2024 werden sich die Besteuerungsfälle vervielfachen. Das Thema Wegzugssteuer wird durch die zunehmende Mobilität der Menschen in Deutschland zudem potenziert und zukünftig weiter an Brisanz gewinnen.

Werden Anteile im Privatvermögen gehalten, sollten sowohl ein vorübergehender Auslandsaufenthalt als auch ein dauerhafter Wegzug aus Deutschland nicht ohne vorherige steuerliche Beratung erfolgen. Dies gilt auch, wenn nicht die aktuellen Eigentümer von Fonds- oder Kapitalgesellschaftsanteilen ins Ausland verziehen, sondern deren Erben.

Hinweis: Auch in unserer aktuellen Folge des RSM Ebner Stolz Mittelstandstalks mit Christof Zondler, Partner bei RSM Ebner Stolz, geht es um die steuerlichen Folgen eines Wegzugs aus Deutschland. Hören Sie doch einfach rein.