
Vorsteuerabzug in Insolvenzfällen
Der BFH hat in mehreren Urteilen zu umsatzsteuerlichen Besonderheiten in Insolvenzfällen entschieden und macht u. a. deutlich, dass für die Beurteilung des Vorsteuerabzugs aus Insolvenzverwalterleistungen zwischen Unternehmensfortführung und Unternehmenseinstellung durch den Insolvenzverwalter differenziert werden muss.
In seinem Urteil vom 23.10.2024 (Az. XI R 20/22, DStR 2025, S. 706) stellt der BFH zunächst klar, dass die Vorsteuer aus einer Insolvenzverwalterleistung aufzuteilen ist, wenn der Insolvenzschuldner die Leistung des Insolvenzverwalters sowohl für die Befriedigung seiner unternehmerischen als auch privaten Insolvenzverbindlichkeiten bezieht.
Führt der Insolvenzverwalter den Betrieb fort und nimmt keine wesentlichen Verwertungshandlungen vor, bestimmt sich der Aufteilungsmaßstab für die Vorsteuer auf Grundlage der Gesamttätigkeit des Insolvenzschuldners während der Zeit der Insolvenzverwaltung. Maßgeblich für die Vorsteueraufteilung ist das Verhältnis der steuerpflichtigen, steuerfreien und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten während dieser Zeit.
Hinweis: Eine Unternehmensfortführung durch den Insolvenzverwalter liegt vor, wenn die Leistung des Insolvenzverwalters nicht der Befriedigung der Insolvenzgläubiger mittels Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse dient, sondern vorrangig darauf abzielt, das Unternehmen des Insolvenzschuldners zu erhalten. Davon ist insb. dann auszugehen, wenn in einem Insolvenzplan eine Regelung zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird.
Anders hat der BFH mit Beschluss ebenfalls vom 23.10.2024 (Az. XI R 8/22) zur Vorsteueraufteilung im Fall der Unternehmenseinstellung entschieden: Hat der Insolvenzschuldner seine unternehmerische Tätigkeit eingestellt, ist der Umfang des Vorsteuerabzugs aus der Leistung des Insolvenzverwalters nach Maßgabe der früheren unternehmerischen Tätigkeit des Insolvenzschuldners zu beurteilen.
Der für den Vorsteuerabzug maßgebliche direkte und unmittelbare Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsleistung besteht zwischen der einheitlichen Leistung des Insolvenzverwalters und den im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen der Insolvenzgläubiger, die auf die frühere Umsatztätigkeit zurückzuführen sind. Auf einzelne Verwertungshandlungen des Insolvenzverwalters kommt es für die Ermittlung der Vorsteuerquote nicht an.
Hinweis: Damit schließt sich der XI. Senat der bisherigen Rechtsprechung des V. Senats zu den Leistungen eines Konkursverwalters (Urteil vom 23.11.2023, Az. V R 3/22, BStBl. II 2024, S. 501) an und überträgt sie auf die Insolvenzordnung.
In einem weiteren Beschluss kommt der BFH zu dem Ergebnis, dass ein sich für den Zeitraum des vorläufigen Insolvenzverfahrens ergebender Vorsteuer-Überhang in die Steuerberechnung des vorinsolvenzlichen Bereichs eingeht und mit Umsatzsteuer aus vorinsolvenzlicher Zeit zu saldieren ist (Beschluss vom 11.12.2024, Az. XI R 1/22). Die Saldierung stelle keine nach den Vorschriften der Insolvenzordnung unzulässige Aufrechnung dar. Ferner sei der Vorsteuer-Überhang nicht in die Steuerberechnung der Insolvenzmasse einzubeziehen.
Ansprechpartner