Novelle des Strom- und Energiesteuergesetzes voraussichtlich zum 01.01.2025
Mit einem Gesetz zur Modernisierung und zum Bürokratieabbau im Strom- und Energiesteuerrecht sollen umfangreiche Änderungen mit Wirkung zum Jahreswechsel umgesetzt werden
Erstmals seit 2019 sollen das Strom- und das Energiesteuerrecht zum 01.01.2025 wieder an aktuelle Entwicklungen angepasst und modernisiert sowie zugleich Bürokratie abgebaut werden. Nachdem die Verbände bis zum 26.04.2024 Gelegenheit hatten, zum Referentenentwurf Stellung zu nehmen (Entwurf vom 08.04.2024, wir berichteten) liegt inzwischen der Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Modernisierung und zum Bürokratieabbau im Strom- und Energiesteuerrecht vor.
Hinweis: Im Vergleich zum Referentenentwurf enthält der Regierungsentwurf nur wenige inhaltliche Änderungen, u. a. die Einführung einer Neuregelung zur Datenübermittlung der Zollverwaltung an die Übertragungsnetzbetreiber und Bundesbehörden, z. B. an die Bundesnetzagentur für ihre gesetzlichen Aufgaben nach dem Energiewirtschaftsgesetz etc. (§ 10a StromStG-E bzw. § 44a EnergieStG-E). Nach dem Wegfall des sog. Spitzenausgleichs (§ 10 StromStG bzw. § 55 EnergieStG) soll nicht zuletzt die Spitzenausgleich-Effizienzsystemverordnung aufgehoben und die Energiesteuer- und Stromsteuer-Transparenzverordnung redaktionell geändert werden. Die Verbände haben teilweise bemängelt, mit den avisierten Regelungen gelänge der Bürokratieabbau nur teilweise, gelegentlich würde der administrative Aufwand sogar höher.
Der Regierungsentwurf beinhaltet vor allem folgende Schwerpunkte:
Elektromobilität: An Ladepunkten soll unter Beachtung der Systematik des Stromsteuerrechts eine Letztverbraucherfiktion eingeführt werden. Einzelfallprüfungen von komplexen Geschäftsmodellen „innerhalb der Ladesäule" sollen entfallen. Die an einem Ladepunkt stattfindende Entnahme von Strom soll dem Betreiber der Ladesäule als dessen Entnahme zuzurechnen sein. Wesentliche Definitionen orientieren sich aus Vereinfachungs- und Vereinheitlichungsgründen an anderen Rechtsbereichen. So soll ein Ladepunkt verstanden werden als eine Einrichtung, an der gleichzeitig nur ein elektrisch betriebenes Fahrzeug aufgeladen oder entladen werden kann und die geeignet und bestimmt ist zum Aufladen oder zum Auf- und Entladen von elektrisch betriebenen Fahrzeugen. Betreiber eines solchen Ladepunkts ist danach, wer unter Berücksichtigung der rechtlichen, wirtschaftlichen und tatsächlichen Umstände bestimmenden Einfluss auf den Betrieb eines Ladepunkts ausübt. Mittels dieser Fiktion soll trotz Beibehaltung der Steuerentstehung durch Entnahme von Strom aus dem Versorgungsnetz durch den Fahrzeugnutzer eine der Letztverbraucherfiktion des § 3 Nummer 25 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) ähnliche Regelung umgesetzt werden. Für eine einheitliche und möglichst unbürokratische Betrachtung am Ladepunkt soll auch bei der Beurteilung der Steuerbefreiungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 und 3 StromStG die Letztverbraucherfiktion zum Tragen kommen, wenn aus erneuerbaren Energieträgern erzeugter Strom etwa aus PV-Anlagen an einen Ladepunkt geleistet wird.
Auch für das bidirektionale Laden sollen klare Vorgaben geschaffen werden, die verhindern, dass Nutzer von Elektrofahrzeugen zum Versorger und damit Steuerschuldner werden. Es soll keine Stromsteuer entstehen, wenn der zurückgespeiste Strom am Ort des Ladepunktes ohne Nutzung des allgemeinen Versorgungsnetzes zum Verbrauch entnommen wird (Vehicle-to-Home, Vehicle-to-Business).
Um Mehrfachbesteuerungen für ein- und ausgespeisten Strom zu vermeiden ist eine neue, technologieoffene Definition für Stromspeicher geplant. Unabhängig von der Speichertechnologie bzw. des Speichermediums soll es erst bei einer Stromentnahme aus dem Speicher zur Prüfung der Steuerentstehung kommen. Auch soll steuerfrei erzeugter und in einen Stromspeicher eingespeister Strom bei erneuter Rückumwandlung in dem Verhältnis zu der insgesamt im Veranlagungsjahr zur Zwischenspeicherung entnommenen Strommenge steuerfrei bleiben.
Geplant ist auch, die sog. Anlagenverklammerung bei der dezentralen Stromerzeugung aufzugeben und einen einheitlichen stromsteuerrechtlichen Anlagenbegriff zu schaffen. Danach werden künftig für die Bestimmung der Größe einer Stromerzeugungsanlage die Verhältnisse vor Ort maßgeblich sein. Somit führt dann eine Addierung der Anlagenleistung auf Grund der Fernsteuerbarkeit ggf. nicht mehr zum Ausschluss der Steuerbefreiung für Anlagen bis max. 2 MW elektrische Nennleistung (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG).
Hocheffiziente KWK-Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von weniger als 1 MW sind nach dem Entwurf allgemein erlaubt, wenn sie im Marktstammdatenregister registriert sind.
Online-Antragspflicht: Mit der Ausweitung der Steuerentlastung des § 9b StromStG bei gleichzeitiger Beibehaltung der Antragsschwelle von mind. 250 Euro Entlastung p. a. ab dem Entlastungszeitraum 2024 (wir berichteten) steigt die Anzahl der Entlastungsberechtigten und damit der Entlastungsanträge. Im Interesse einer vereinfachten Antragstellung sollen daher neben rechtlichen Anpassungen, z. B. der Einführung einer Online-Antragspflicht, auch erstmals auch eine weitgehend automatisierte Bearbeitung von Anträgen ermöglicht werden.
Zusätzlich sollen im Interesse des Bürokratieabbaus Anzeige- und Berichtspflichten verringert werden (z. B. in Mieterstromkonstellationen). Eine weitere Regelung in Interesse des Bürokratieabbaus ist u. a. die Festlegung im Entwurf, wonach eingeschränkte - kleine - Versorger (§ 1a Abs. 6 bzw. 7 Stromsteuer-Durchführungsverordnung, StromStV) steuerfreie Mengen nur noch auf Verlangen des zuständigen Hauptzollamts hin melden müssen. Im Rahmen der Verbändeanhörung haben diese teilweise bemängelt, mit den vorgesehenen Änderungen werde Bürokratie nur teilweise abgeschafft, zumal etwa die bereits zum 01.01.2024 erfolgte Streichung der Steuerbefreiung für Biomasse sowie Klär- und Deponiegas zu höheren Verbrauchspreisen und sogar zu mehr administrativem Aufwand geführt hätten.
Neben der Vereinheitlichung des Grundsatzes der Steuerbefreiung sämtlicher zur Stromerzeugung eingesetzter Energieerzeugnisse sollen das Strom- und das Energiesteuerrecht nicht zuletzt bereinigt werden um ausgelaufene EU-Beihilfen und u. a. § 28 und § 53a EnergieStG entsprechend angepasst werden. Nach der Abschaffung des sog. Spitzenausgleichs steht zudem die Aufhebung der Spitzenausgleichseffizienzverordnung (SpaEfV) an, die Energiesteuer- und Stromsteuer-Transparenzverordnung (EnSTransV) wird in Folge der geplanten Änderungen ebenfalls redaktionell geändert.
Hinweis: Es ist zu begrüßen, dass die aktuellen Entwicklungen, z. B. bei der E-Mobilität, nun auch stromsteuerrechtlich nachvollzogen und Begriffsbestimmungen vereinheitlicht werden sollen. Gleichwohl bleiben die administrativen Vorgaben weiterhin hoch, der Regierungsentwurf enthält lediglich wenige Änderungen zum Referentenentwurf. Das Gesetzgebungsverfahren bleibt abzuwarten, ggf. finden Vorschläge aus den zahlreichen Verbände-Stellungnahmen schließlich im Lauf der parlamentarischen Beratungen weitere Berücksichtigung. Gleichwohl scheint sich anzudeuten, dass mit der Novelle tatsächlich Vereinfachungen erreicht werden und der Bürokratie teilweise gelingt.