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Studie: Unternehmensfinanzierung im Mittelstand 2023 - wie sich Krisenjahre, Inflation und Zinsanstieg auswirken

21.08.2023 | 4 Minuten Lesezeit

„Made in Germany" ist als Gütesiegel für herausragende Qualität und höchste Produktsicherheit weltweit anerkannt und die beste Marke, die Deutschland zu bieten hat. Der deutsche Mittelstand, als der dominierende Wirtschaftsmotor innerhalb der deutschen Volkswirtschaft, bildet durch seine enorme Leistungsfähigkeit und Innovationskraft dabei das Fundament für die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Doch wie steht es um die Wertschöpfung mittelständischer Unternehmen, deren Finanzierungssituation und den marktwirtschaftlichen Herausforderungen?​

Nach einer Dekade des kontinuierlichen wirtschaftlichen Wachstums haben die globalen Krisen der letzten drei Jahre nicht nur die Weltwirtschaft vor enorme Herausforderungen gestellt, sondern auch den deutschen Mittelstand in unruhiges Fahrwasser manövriert. Bereits im Jahr 2021 beleuchteten Ebner Stolz Management Consultants GmbH und Wolff & Häcker Finanzconsulting AG den Einfluss der Corona-Pandemie auf die Unternehmensfinanzierung von mittelständischen Unternehmen. Auf diesen Ergebnissen aufbauend geht eine aktuelle Studie der Frage nach, welche Auswirkungen kräftig steigende Energie-, Rohstoff- und Vorleistungsgüterpreise, andauernde Material- und Personalengpässe, eine rekordhohe Inflation sowie stetig steigende Zinsen auf die Geschäftsmodelle und die Wertschöpfung mittelständischer Unternehmen haben und wie sich dies wiederum auf die Unternehmensfinanzierung auswirkt. Befragt wurden im Zeitraum April bis Juni 2023 ca. 2.500 mittelständische Unternehmen in Deutschland.

Zukunftsaussichten trüben sich ein

Trotz der enormen geopolitischen und wirtschaftlichen Herausforderungen in den vergangenen drei Jahren bewertet der Mittelstand die aktuelle wirtschaftliche Lage als überwiegend positiv. Nur rund ein Fünftel der Befragten beurteilt die derzeitige Situation als „schlecht“. Eine deutliche Verschiebung in der Stimmungslage zeigt sich jedoch bei der Einschätzung der Zukunftsaussichten. Blickten 2021 noch rund drei Viertel (78 %) optimistisch in die Zukunft, kommen zwei Jahre später nur noch rund die Hälfte (46 %) der Befragten zu dieser positiven Einschätzung.

Wachstumsbremsen: Überregulierung, Kostendruck und insbesondere Fachkräftemangel

Mit Blick auf die Unternehmensfinanzierung ist es umso bemerkenswerter, dass die Verfügbarkeit zusätzlicher Finanzierungsquellen, trotz eines deutlich veränderten Zinsniveaus, keine Wachstumsbremse für mittelständische Unternehmen darstellt. Vielmehr sind es die stetig zunehmende Bürokratie bzw. Überregulierung, stark gestiegene Energiepreise sowie ein sich weiter verschärfender Fachkräftemangel, die dem Mittelstand zu schaffen machen. Vor allem der Fachkräftemangel hat dabei noch einmal erheblich an Bedeutung gewonnen: Vor zwei Jahren waren 72 % der Unternehmen von einem Mangel an qualifiziertem Personal betroffen. Jetzt bewerten 94 % der Befragten den Fachkräftemangel als die zentrale Wachstumsbremse. Somit ist es wenig überraschend, dass die überwiegende Mehrheit (88 %) den Fachkräftemangel als das Handlungsfeld innerhalb ihres Geschäftsmodells identifiziert, das dem größten Veränderungsdruck ausgesetzt ist. Auch hierbei ist noch einmal eine deutliche Verschiebung der Prioritäten im Vergleich zu unserer Umfrage im Jahr 2021 zu beobachten. Spielte der Fachkräftemangel damals neben den Dauerthemen der Digitalisierung, dem Kostenmanagement und der Erschließung neuer Vertriebskanäle bzw. Kundengruppe eine eher untergeordnete Rolle, hat sich die Situation nur zwei Jahre später deutlich verschärft.

In Folge der Krisen der vergangenen drei Jahre geben nahezu alle befragten mittelständischen Unternehmen an, erheblich von stark gestiegenen Material-, Personal- sowie Energiekosten betroffen zu sein. Im Ergebnis führte dies bei rund drei Viertel (77 %) zu einem Ergebnisrückgang, weitere 62 % hatten Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Waren und Rohstoffen.

Solide Eigenkapitalbasis sichert Liquidität

Gegenüber den Studienergebnissen aus 2021 bleibt das Kurzarbeitergeld in Krisenzeiten unverändert die beliebteste staatliche Maßnahme zur Liquiditätssicherung. Vor allem Unternehmen mit energieintensiven Produktionsprozessen profitierten zudem von der Anwendung der Strompreisbremse.

Rund ein Drittel der teilnehmenden Mittelständler (34 %) musste keine gesonderten Maßnahmen zur Liquiditätssicherung in Anspruch nehmen. Dies ist nicht zuletzt auch auf die in der Vergangenheit aufgebaute Eigenkapitalausstattung zurückzuführen. Die Thesaurierung von Gewinnen hat in diesem Kontext in den vergangenen zwei Jahren noch einmal spürbar an Relevanz gewonnen: waren es in unseren Umfragen in den Jahren 2018 und 2021 jeweils rund 70 %, geben nunmehr 83 % der Befragten an, ihre Eigenkapitalbasis maßgeblich durch die Gewinnthesaurierung weiter gestärkt zu haben.

Dagegen sind Gesellschafter deutlich restriktiver in der Allokation ihrer (privaten) finanziellen Mittel geworden. Stärkte in der Vergangenheit jeweils noch rund jeder Vierte Mittelständler seine Eigenkapitalbasis durch zusätzliche Einlagen der Gesellschafter, wollte nunmehr nur noch rund jeder Achte (14 %) auf diese Finanzierungsquelle zurückgreifen.

Mittelstand setzt weiterhin auf konservative Finanzierungsformen

Für mittelständische Unternehmen, die externes Kapital benötigten, bestätigt sich einmal mehr der Trend der letzten Jahre: weiterhin wird auf die klassischen, konservativen Finanzierungsinstrumente gesetzt. Bank- und Förderdarlehen, Leasing oder Factoring sowie Gesellschafterdarlehen dominieren unverändert das Finanzierungsgeschehen. Alternative externe Finanzierungsquellen, wie Finanzinvestoren, Private Debt Fonds oder auch strategische Investoren, werden nach wie vor von einer großen Mehrheit der Unternehmer als wenig interessant eingestuft. Die Krisen der vergangenen drei Jahre hatten somit im Großen und Ganzen keinen wesentlichen Einfluss auf die Finanzierungssituation mittelständischer Unternehmen in Deutschland.

Nachhaltigkeit als zusätzliche Herausforderung

In den kommenden Jahren ist mit einer deutlichen Zunahme von Nachhaltigkeitsaspekten (ökologische, sozialen und Governance-Faktoren, ESG) zu rechnen. Das gilt insbesondere für Finanzierungen. Davon wird auch der Mittelstand betroffen sein. Eine zunehmende Regulatorik, ein sich stetig veränderndes Kaufverhalten der Kunden, aber auch die eigene unternehmerische Motivation, die bereits heute die nachhaltigere Unternehmensausrichtung wesentlich determiniert, rücken ESG-Themen ins Bewusstsein der Mittelständler und deren Finanzierer. Auch wenn die überwiegende Mehrheit der mittelständischen Unternehmen in ihren Verhandlungen mit Finanzierern noch nicht mit den Themen ESG und den gestiegenen regulatorischen Anforderungen konfrontiert wurde, sollte der deutsche Mittelstand darauf vorbereitet sein, dass diese Faktoren zunehmend an Relevanz für ihre Bonität gewinnen werden. Die Banken und Finanzdienstleister sind heute schon verpflichtet, bei ihren Kreditengagements Nachhaltigkeitsaspekte zu berücksichtigen und nach ESG-Kriterien zu entscheiden.

Hinweis: Weitere Einzelheiten können Sie der vollständigen Studie entnehmen.