
Künstliche Intelligenz in der Immobilienbranche auf dem Vormarsch
Der Einsatz von Microsoft Copilot in Immobilienunternehmen
Die fortschreitende digitale Transformation macht auch vor der Immobilienbranche nicht Halt. Künstliche Intelligenz (KI) gilt auch hier als treibende Kraft, um Effizienz und Innovationskraft in Immobilienunternehmen zu steigern. Laut einer Branchenstudie von u. a. des Zentralen Immobilienausschusses ZIA sehen 81 % der befragten Immobilienunternehmen in KI das Potenzial, immobilienwirtschaftliche Prozesse signifikant zu automatisieren. Zudem planen 78 % den Einsatz sog. Chatbots oder setzen diese bereits ein, beispielsweise zur automatisierten Kundenkommunikation. Darüber hinaus befassen sich 68 % der befragten Unternehmen mit KI-gestützter Dokumentenanalyse.
Vor diesem Hintergrund rückt Microsoft Copilot (MS Copilot), das speziell für die Integration in Unternehmenssoftware entwickelt wurde, als KI-Werkzeug und Alternative zu „klassischen“ Enterprise-GPT-Lösungen in den Fokus.
Wie funktioniert MS Copilot?
Microsoft 365 Copilot ist eine KI-Assistenzfunktion innerhalb der Microsoft-365-Anwendungen und -Dienste (u. a. Word, Excel, PowerPoint, Outlook, Teams). Es kombiniert große Sprachmodelle (sog. Large Language Modells, LLMs) – wie z.B. GPT-4 von OpenAI – mit den Geschäfts- und Kommunikationsdaten des Unternehmens, um kontextbezogene Antworten und Inhalte zu generieren. Die KI greift also in Echtzeit auf E-Mails, Dokumente, Kalender und weitere für den Nutzer zugängliche Unternehmensinformationen zu und verarbeitet diese zusammen mit dem eingegebenen Suchbefehl, dem sog. Prompt, um hilfreiche Ergebnisse zu liefern. Durch diese Verknüpfung von unternehmenseigenen Daten mit generativer KI unterscheidet sich MS Copilot von generischen Chatbot-Lösungen.
Für die Immobilienwirtschaft, die geprägt ist von umfangreichen Dokumentationen, komplexen Projektdaten und intensiver Kommunikation, bietet MS Copilot somit die Chance, wiederkehrende Aufgaben zu beschleunigen und neue Erkenntnisse aus den vorhandenen Daten zu ziehen.
MS Copilot: Produktivitätsgewinn für Immobilienunternehmen
Kommunikation
MS Copilot kann in Immobilienunternehmen vielfältige Aufgaben unterstützen und so die Produktivität der Mitarbeiter erhöhen. Ein zentrales Anwendungsfeld ist die Automatisierung von Schreib- und Büroarbeiten vor allem im kaufmännischen Bereich. Copilot in Word kann beispielsweise per Knopfdruck einen ersten Entwurf für Berichte, Pläne oder andere Dokumente erstellen. Dieser erste Entwurf kann dann von den Mitarbeitern überarbeitet und verfeinert werden. Dabei bleibt Copilot ein Assistenzwerkzeug, das Vorschläge liefert, während die finale Kontrolle beim Benutzer liegt.
In Microsoft Outlook wiederum hilft MS Copilot, lange E-Mail-Konversationen zusammenzufassen und Antwortentwürfe zu generieren, was die interne und externe Kommunikation beschleunigen kann. Dadurch lassen sich Anfragen von Mietern oder Dienstleistern schneller beantworten, ohne dass wesentliche Informationen verloren gehen.
Auch in Microsoft Teams zeigt MS Copilot Nutzen, indem er Besprechungen protokolliert: Während eines Meetings kann MS Copilot in Echtzeit die Kernaussagen der Diskussion zusammenfassen, Verantwortlichkeiten herausarbeiten und Folgetätigkeiten (Action Items) vorschlagen. Für Immobilienfirmen, in denen Projektbesprechungen mit vielen Beteiligten üblich sind, bedeutet dies eine erhebliche Zeitersparnis bei der Dokumentation von Meetings und der Nachverfolgung von Aufgaben.
Datenanalyse
Ein weiterer großer Mehrwert von MS Copilot liegt in der Datenanalyse und Entscheidungsunterstützung z. B. im Controlling. MS Copilot in Excel kann beispielsweise Tabellen mit Unternehmensdaten analysieren, Trends aufzeigen und Visualisierungen erstellen – in Bruchteilen der Zeit, die ein manueller Analyseprozess dauern würde. So lassen sich etwa Mietpreisentwicklungen, Renditeberechnungen oder Auslastungsquoten von Immobilienportfolios schneller auswerten. Die KI kann auch beim Aufspüren von Mustern oder Auffälligkeiten helfen, etwa indem Fehler in Berichten, in Nebenkostenabrechnungen oder in der (Kreditoren-)Buchhaltung aufgezeigt werden.
Wissensmanagement
Zudem fördert MS Copilot das Wissensmanagement und die Kollaboration im Unternehmen. Da die KI auf die im Unternehmen vorhandenen Informationen (je nach Zugriffsrechten) zurückgreift, kann sie als eine Art intelligenter Recherche-Assistent dienen. MS Copilot greift dabei auf Dokumente, E-Mails oder Notizen zu, die für den Fragesteller zugänglich sind, und liefert eine aggregierte Antwort. Auf diese Weise fungiert MS Copilot als unternehmensinterner Chatbot, der Kontext versteht und Wissen schnell verfügbar macht. Dies erleichtert neuen Mitarbeitern die Einarbeitung und reduziert interne Nachfragen zischen Mitarbeitern deutlich.
Unterstützung in mieterbezogenen Prozessen
Nicht zuletzt kann MS Copilot mieterbezogene Prozesse unterstützen. Im Vertrieb und Marketing von Immobilien lassen sich mit KI-Hilfe personalisierte Exposés oder Mailings erstellen. Dynamics 365 Copilot – ein verwandtes Angebot innerhalb der Microsoft-Geschäftsanwendungen – integriert KI direkt in CRM- und ERP-Prozesse und kann Vertriebsmitarbeitern z. B. Vorschläge zur Priorisierung von Leads machen oder automatisch Kundenprofile zusammenstellen. Für Maklerbüros oder Unternehmen der Wohnungswirtschaft bedeutet das, dass Interessenten schneller mit passenden Angeboten versorgt und Potenziale im Kundenbestand besser genutzt werden können.
Auch die Betreuung von Mietern könnte durch KI-Assistenten verbessert werden, etwa indem häufige Fragen (Öffnungszeiten, Vertragskonditionen, Wartungsstand von Anfragen) automatisiert beantwortet werden. MS Copilot bietet hier sog. Seamless-Chatbot-Funktionen, die über die Unternehmenswebsite oder in einem Portal eingebunden werden könnten, um Anfragen rund um die Uhr zu bearbeiten.
Rechnungswesen
Weiterhin bieten sich im Bereich des Rechnungswesens viele Anwendungsfälle für den MS Copilot. In der Kreditorenbuchhaltung gewährleistet MS Copilot einen präzisen Abgleich der Rechnungsdaten mit hinterlegten Stammdaten wie Namen und Adressen sowie vorhandenen Bestellungen und Lieferscheinen (soweit digitalisiert), was Fehler reduziert und die Datenintegrität sicherstellt. Auch mit Blick auf das Thema E-Rechnung kann MS Copilot eingehende Rechnungen dahingehend prüfen, ob die enthaltenen Daten konform sind.
Die automatisierte Klassifizierung und Ablage von Dokumenten erleichtert es, den Überblick über umfangreiche Geschäftsvorfälle oder Vertragswerke zu behalten. MS Copilot kann den Mitarbeitern zudem die Identifizierung und Korrektur von Buchungen (Stichwort Vorkontierung) quasi in Echtzeit aufzeigen. Darüber hinaus übernimmt es automatisierte Compliance-Prüfungen, um sicherzustellen, dass alle gesetzlichen Vorschriften und internen Richtlinien eingehalten werden. Ein weiterer wesentlicher Vorteil ist der Schutz vor Betrug, den MS Copilot durch die Überwachung und Analyse von Transaktionen bietet, um Unregelmäßigkeiten zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
Technische Implementierung in Systeme und Prozesse
Durchdachte technische Umsetzung
Die Einführung von MS Copilot in ein Immobilienunternehmen erfordert eine durchdachte technische Umsetzung, die sowohl die vorhandene IT-Landschaft berücksichtigt als auch die Anwender schult. Da MS Copilot eng in das Microsoft-Ökosystem eingebunden ist, ist eine Grundvoraussetzung, dass das Unternehmen bereits Microsoft-365-Dienste nutzt (oder bereit ist, diese einzuführen). Copilot für Microsoft 365 ist als zusätzliches kostenpflichtiges Abonnement für bestimmte Microsoft-365-Pläne (z.B. E3, E5, Business Standard/Premium) verfügbar (Stand Februar 2025). Die technische Aktivierung erfolgt typischerweise über die IT-Administration des Unternehmens: Ist die entsprechende Lizenz gebucht, kann der Tenant-Administrator Copilot für ausgewählte Benutzer oder Abteilungen freischalten. Ein gestaffelter Rollout – z. B. Start in einer Pilotabteilung wie dem Digitalisierungsteam oder der IT – hat sich als sinnvoll erwiesen, um erste Erfahrungen zu sammeln, bevor die Anwendung breit ausgerollt wird. In dieser Pilotphase können Leistungsfähigkeit und Grenzen des Systems in der spezifischen Umgebung des Unternehmens getestet werden (z .B. Verständnis deutscher Fachbegriffe der Immobilienwirtschaft, Verarbeitung der firmenspezifischen Dokumente).
Integration externer Datenquellen
Die Integration von MS Copilot in bestehende Prozesse hin zu einer intelligenten Automatisierung ist jedoch eine Herausforderung: Über Microsoft Graph und sogenannte Graph-Connectoren können auch externe Datenquellen in MS Copilot einbezogen werden. Beispielsweise lassen sich Unternehmensdaten z. B. aus dem SAP-System via APIs per Graph-Connector in den Microsoft-365-Datenbestand integrieren, sodass Copilot diese Informationen bei Anfragen berücksichtigen kann. Wichtig ist, dass solche extern eingebundenen Daten im eigenen Cloud-Tenant verbleiben und der Datenschutz gewahrt bleibt – Microsoft betont, dass Graph-Connector-Daten im Tenant des Kunden und somit unter dessen Kontrolle bleiben.
Neben Connectoren unterstützt Microsoft auch Plug-ins für MS Copilot, die ähnlich wie bei ChatGPT zusätzliche Funktionen oder Aktionen ermöglichen. Ein Immobilienunternehmen könnte z. B. ein Plug-in entwickeln (oder von Drittanbietern beziehen), das es MS Copilot ermöglicht, auf ein spezielles Immobilien-Bewertungstool zuzugreifen oder andere Fremdsysteme anzusteuern. Die technische Implementierung solcher Erweiterungen sollte jedoch sorgfältig geprüft werden, da jeder zusätzliche Zugriffspunkt auch neue Sicherheitsrisiken mit sich bringen kann (Stichwort APIs und Berechtigungen). Insgesamt ist es ratsam, in solchen Fällen Unterstützung ggf. durch externe Experten einzuholen.
Datenqualität und -struktur bedeutsam
Ein zentraler Faktor für die erfolgreiche Implementierung ist die Datenqualität und -struktur im Unternehmen. MS Copilot kann nur mit den Daten arbeiten, die ihm zur Verfügung stehen und die verständlich aufbereitet sind. Die Immobilienbranche kämpft laut o. g. Studien teils mit mangelhafter Datenqualität und verstreuten Informationen. Daher sollte vor oder parallel zu der Einführung von MS Copilot in das Datenmanagement investiert werden: Relevante Dokumente sollten in digitaler Form in SharePoint/OneDrive abgelegt sein, Daten zu Immobilien, Verträgen, Mietern etc. konsolidiert und gegebenenfalls bereinigt werden. Je umfassender, sauberer und vollständiger die Datenbasis, desto nützlicher und präziser sind die MS Copilot-Antworten.
Ohne die Mitarbeiter geht nichts
Die Schulung der Mitarbeiter und die Anpassung der Unternehmenskultur sind weitere wesentliche Aspekte der Implementierung. Die Einführung eines KI-Assistenzsystems kann anfänglich Vorbehalte oder Unsicherheiten bei Mitarbeitern auslösen – etwa die Sorge vor Fehlern der KI oder vor möglichem Arbeitsplatzabbau. Daher sollte das Unternehmen transparent kommunizieren, welche Ziele mit MS Copilot verfolgt werden und betonen, dass es um die Entlastung bei Routineaufgaben, nicht jedoch um den Ersatz menschlicher Expertise geht.
Schulungen und Workshops können den Nutzern zeigen, wie MS Copilot effektiv eingesetzt wird und Mehrwerte erzielt werden, etwa wie man gute Prompts formuliert, wie die Ergebnisse zu interpretieren sind, aber auch wo die Grenzen der KI liegen. Ein wichtiger Schwerpunkt muss darauf liegen, kritisches Prüfen der KI-Ausgaben zu vermitteln.
Herausforderungen beim Einsatz von MS Copilot: Datenschutz und sonstige regulatorische Anforderungen
Schutz personenbezogener Daten
Die Nutzung von MS Copilot in einem Unternehmen der Immobilienwirtschaft wirft unweigerlich Fragen des Datenschutzes und der Compliance auf. In der Immobilienbranche werden viele personenbezogene Daten verarbeitet. Diese reichen von Mitarbeiterdaten über Mieterdaten bis hin zu Informationen über Geschäftspartner. Dabei gelten strenge rechtliche Vorgaben (insbesondere die EU-Datenschutz-Grundverordnung, DSGVO).
Microsoft betont, dass MS Copilot die bestehenden Datenschutz-, Sicherheits- und Compliance-Verpflichtungen gegenüber Unternehmenskunden einhält, einschließlich der DSGVO und der sogenannten EU-Daten-Grenze (European Union Data Boundary). Insbesondere werden Eingaben der Nutzer, Copilot-Antworten und alle durch Microsoft Graph bereitgestellten Inhalte laut Microsoft nicht zur KI-Modellweiterentwicklung genutzt. Das bedeutet, dass die Unternehmensdaten nicht in das Training der zugrundeliegenden Sprachmodelle einfließen – ein wichtiger Punkt, um Betriebsgeheimnisse und personenbezogene Daten zu schützen.
Da in vielfältiger Weise auf personenbezogene Daten, die dem Schutz der DSGVO unterliegen, zugegriffen wird, muss in jedem Fall das Transparenzgebot gewahrt bleiben: Betroffene Personen (etwa Mieter, deren Daten in Copilot-Antworten einfließen könnten) sollten deshalb in den Datenschutzhinweisen des Unternehmens darüber informiert werden, dass eine KI wie MS Copilot im Hintergrund auf ihre Daten zugreifen und diese verarbeiten könnte. Angesichts der Neuartigkeit der Technologie ist zudem die Durchführung einer Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) gemäß Art. 35 DSGVO ratsam.
IT-Compliance und Sicherheit
Neben dem Datenschutz müssen auch IT-Compliance und Sicherheit berücksichtigt werden. Dazu gehört, dass bei MS Copilot-Einführung die IT-Policies des Unternehmens ggf. angepasst werden müssen, etwa eine Richtlinie zum Umgang mit KI-Werkzeugen, zur Klassifizierung von Informationen und dazu, welche Daten ggf. nicht mittels MS Copilot verarbeitet werden dürfen. Es kann sinnvoll sein, bestimmte besonders vertrauliche Datenbereiche vom Zugriff mittels MS Copilot auszuschließen, indem etwa Dokumente mit hohen Geheimhaltungsstufen nicht in allgemein zugänglichen SharePoint-Bibliotheken gehalten werden, auf die ein größerer Nutzerkreis und damit auch MS Copilot Zugriff hätte.
Falls MS Copilot neue Dokumente generiert (z. B. einen Bericht mit sensiblen Inhalten), greifen die üblichen Schutzmechanismen von Microsoft 365: Das Dokument kann nachträglich klassifiziert, mit Sensitivitätslabels versehen und in sichere Ablagen verschoben werden.
Fazit
MS Copilot bietet Immobilienunternehmen eine vielversprechende Möglichkeit, die digitale Transformation voranzutreiben. Dabei kann MS Copilot erhebliche Effizienzgewinne bringen – von automatisierten Dokumententwürfen und Datenanalysen in Sekunden bis hin zu intelligenter Unterstützung in Kommunikation und Kundenservice. Insbesondere in einer Branche, in der Daten- und Dokumentenmengen sowie Abstimmungsprozesse groß sind, kann ein KI-Assistent repetitive Aufgaben reduzieren und den Beschäftigten mehr Zeit für wertschöpfende Tätigkeiten verschaffen. Für Unternehmen bedeutet dies auch, dem Fachkräftemangel und steigenden Kundenansprüchen besser begegnen zu können, indem die vorhandenen Teams durch KI „verstärkt“ werden.
Mit Blick auf zukünftige Entwicklungen ist zu erwarten, dass sich MS Copilot-artige KI-Systeme weiter etablieren und stetig verbessern werden. Microsoft wird die Fähigkeiten von MS Copilot ausbauen – angekündigt sind etwa erweiterte Plugins und Copilot Studio-Funktionen, mit denen Unternehmen eigene KI-gestützte Workflows erstellen können. Für die Immobilienbranche könnten sogar spezialisierte KI-Lösungen entstehen, die – vergleichbar mit sektorspezifischen Cloud-Angeboten – auf Branchenwissen trainiert sind. Der Wettbewerb im PropTech-Bereich dürfte durch KI zusätzlichen Schub erhalten. Unternehmen, die früh Erfahrungen mit MS Copilot und generativer KI sammeln, können hier einen Vorsprung aufbauen. Gleichzeitig werden Regulatorik und Standards für KI an Schärfe gewinnen: Der EU AI Act und weitere Regulierungen könnten bestimmte Praktiken vorschreiben oder verbieten.
Alternativ können die Unternehmen aber auch „klassische“ Enterprise-GPT-Lösungen in vergleichbaren Umfang nutzen, falls die Integration in eine bestehende Microsoft-Landschaft und eine intelligente Automatisierung nicht zwingend Zielsetzung der KI-Bestrebungen sind.
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