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Unterliegen Ferienhäuser eines gemeinnützigen Vereins der Grundsteuer?

FG Münster 26.7.2018, 3 K 233/18 EW

Ob eine Woh­nung eine Klin­gel, einen Brief­kas­ten, einen Te­le­fon-, Fern­seh- und In­ter­net­an­schluss hat, rich­tet sich nach den in­di­vi­du­el­len und da­mit sub­jek­ti­ven Wünschen und Bedürf­nis­sen des Be­woh­ners; über die Frage, ob es sich um eine Woh­nung han­delt, sa­gen sie nichts aus.

Der Sach­ver­halt:

Der Kläger ist ein 1953 gegründe­ter ge­meinnützi­ger Ver­ein. Ihm gehören Fe­ri­endörfer in ver­schie­de­nen Bun­desländern. Die Häuser sind im Juni 1960 be­zugs­fer­tig ge­wor­den. Sie sind in Mas­siv­bau­weise er­rich­tet und verfügen über Ölofen­hei­zung und zen­trale Warm­was­ser­ver­sor­gung. Die be­baute Fläche der ein­zel­nen Fe­ri­enhäuser va­ri­iert zwi­schen 89 qm und 102 qm. Sie wur­den zunächst nicht be­wer­tet, weil die Fi­nanz­ver­wal­tung da­von aus­ge­gan­gen war, dass keine Grund­steu­er­pflicht be­steht. Aus­ge­nom­men da­von war die sog. Ver­wal­ter­woh­nung, für die ein Ein­heits­wert fest­ge­stellt wurde, zu­letzt auf den 1.1.1964, fort­geführt auf den 1.1.1974.

Nach Überprüfung der Rechts­lage ver­trat die Fi­nanz­ver­wal­tung die Auf­fas­sung, dass nach dem Grund­steu­er­ge­setz vom 7.8.1973 die da­ma­lige Be­frei­ung nicht mehr zu gewähren sei. Bei den Fe­ri­enhäusern han­dele es sich um Woh­nun­gen, die nach § 5 Abs. 2 GrStG grund­steu­er­pflich­tig seien, auch wenn sie zu ge­meinnützi­gen Zwecken ge­nutzt würden. Seit Ja­nuar 2016 hat die Stadt die Fe­ri­enhäuser zur Un­ter­brin­gung von Flücht­lin­gen für einen Zeit­raum von fünf Jah­ren an­ge­mie­tet.

Das Fi­nanz­amt führte eine Nach­fest­stel­lung durch, weil der Grund für die Be­frei­ung von der Grund­steuer weg­ge­fal­len sei. Es er­folgte eine Art- und Wert­fort­schrei­bung. Das Grundstück wurde als Ge­schäfts­grundstück be­wer­tet, der Ein­heits­wert im Sach­wert­ver­fah­ren fest­ge­stellt. Hier­ge­gen wandte sich der Kläger. Er war der An­sicht, bei den Fe­ri­enhäusern han­dele es sich nicht um Woh­nun­gen, da die Fe­ri­enhäuser in der Ne­ben­sai­son, also im Herbst und Frühling, nur stark ein­ge­schränkt und im Win­ter gar nicht nutz­bar seien. Es fehle in al­len Häusern an ei­ge­nen Te­le­fon-, In­ter­net- und Fern­seh­an­schlüssen. Die Fe­ri­enhäuser seien nicht zum dau­er­haf­ten Woh­nen ge­eig­net, und vor al­lem nicht dazu be­stimmt. Die Häuser würden auch nur tem­porär zweck­ent­spre­chend über­las­sen. Durch diese ent­spre­chende Über­las­sung ver­wirk­li­che der Kläger sei­nen ge­meinnützi­gen Zweck.

Das FG wies die Klage ab. Al­ler­dings wurde zur Si­che­rung ei­ner ein­heit­li­chen Recht­spre­chung die Re­vi­sion zu­ge­las­sen.

Die Gründe:

Bei den Fe­ri­enhäusern des Klägers han­delt es sich um Woh­nun­gen im be­wer­tungs­recht­li­chen Sinn.

Die Fe­ri­enhäuser des Klägers erfüllen die Vor­aus­set­zun­gen, die nach der BFH-Recht­spre­chung für die An­nahme ei­ner Woh­nung im be­wer­tungs­recht­li­chen Sinne er­for­der­lich sind. Bei den Fe­ri­enhäusern han­delt es sich um ab­ge­schlos­sene Wohn­ein­hei­ten. Jede Woh­nung hat einen ei­ge­nen Ein­gang. Die er­for­der­li­che Min­destgröße von 25qm wird nicht un­ter­schrit­ten. Küche, Bad oder Du­sche und Toi­lette sind vor­han­den. Ein selbständi­ger Haus­halt kann da­mit in den Fe­ri­enhäusern geführt wer­den. Die Woh­nun­gen sind auch be­heiz­bar und an die Warm­was­ser­ver­sor­gung an­ge­schlos­sen.

Die Woh­nun­gen sind so­mit ganzjährig nutz­bar, da sie be­heiz­bar sind. Tatsäch­lich wer­den sie der­zeit auch ganzjährig zur Un­ter­brin­gung von Flücht­lin­gen ge­nutzt, auch wenn es nach Auf­fas­sung des Se­nats für die Qua­li­fi­ka­tion als Woh­nung nicht auf die der­zei­tige tatsäch­li­che Nut­zung an­kommt. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Klägers kommt es nicht dar­auf an, ob die Fe­ri­enhäuser über eine ei­gene Klin­gel, einen Brief­kas­ten, einen Te­le­fon-, Fern­seh- und In­ter­net­an­schluss verfügen. Ob eine Woh­nung eine Klin­gel, einen Brief­kas­ten, einen Te­le­fon-, Fern­seh- und In­ter­net­an­schluss hat, rich­tet sich nach den in­di­vi­du­el­len und da­mit sub­jek­ti­ven Wünschen und Bedürf­nis­sen des Be­woh­ners; über die Frage, ob es sich um eine Woh­nung han­delt, sa­gen sie nichts aus.

Wei­ter kommt es auch nicht dar­auf an, ob die Woh­nung den der­zei­ti­gen sog. Wohn­stan­dards ent­spricht und nach sei­ner Auf­fas­sung in dem der­zei­ti­gen Zu­stand tatsäch­lich nicht ver­miet­bar ist. Auch hier han­delt es sich um sub­jek­tive Merk­male, die nicht ge­eig­net sind, den Be­griff der Woh­nung im be­wer­tungs­recht­li­chen Sinne zu de­fi­nie­ren. Le­dig­lich wenn nach dem Bau­recht der Auf­ent­halt von Men­schen in den Fe­ri­enhäusern un­ter­sagt würde, käme man zu einem an­de­ren Er­geb­nis. Das ist im Streit­fall aber nicht der Fall, die Woh­nun­gen wer­den der­zeit für einen Zeit­raum von vor­erst fünf Jah­ren von der Stadt Flücht­lin­gen zur Nut­zung über­las­sen. So­weit der Kläger meinte, hin­sicht­lich des Be­griffs der Woh­nung sei von der Ein­heit­lich­keit des Rechts aus­zu­ge­hen, folgt dem der Se­nat nicht.

Da der Kläger Ei­gentümer von Fe­ri­en­haus­sie­de­lun­gen in meh­re­ren Bun­desländern ist und hier eben­falls die Frage strei­tig ist, ob es sich um Woh­nun­gen i.S.d. BewG han­delt, wurde zur Si­che­rung ei­ner ein­heit­li­chen Recht­spre­chung die Re­vi­sion zu­ge­las­sen.

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