Der Sachverhalt:
Das Hauptzollamt erteilte der Klägerin antragsgemäß im Mai 2009 unter Widerrufsvorbehalt die Erlaubnis, Kohle steuerfrei als Heizstoff für die thermische Abfallbehandlung (§ 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG) zu verwenden. Im Februar 2016 widerrief es diese Erlaubnis, weil der zu behandelnde Abfall nach dem thermischen Behandlungsprozess im Unternehmen der Klägerin noch substanziell vorhanden sei. Da die Klägerin marktgängige und weiter nutzbare Erzeugnisse von Wert herstelle, dienten die zur thermischen Behandlung eingesetzten Energieerzeugnisse nicht vorrangig der Beseitigung des Schadstoffpotentials des Abfalls.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG lägen vor. Die Brot- und Backwaren, die der Anlage zugeführt würden, seien Abfall i.S.d. Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG). Die Trocknung bewirke, dass Wasser und leichtflüchtige organische Verbindungen aus den Brot- und Backwaren entfernt würden. Die Trocknung diene daher schwerpunktmäßig der Beseitigung von Schadstoffen. Würden das Wasser und die flüchtigen organischen Bestandteile in den Brot- und Backwaren verbleiben, würden die daraus hergestellten Futtermittel in kürzester Zeit verderben und nicht mehr verwendbar sein. Der Trocknungsvorgang habe deshalb zur Folge, dass aus den als Abfall zu behandelnden Brot- und Backwaren ein Nebenprodukt i.S.d. § 4 KrWG entstehe, das als Rohstoff für die Herstellung von Futtermitteln verwendet werden könne.
Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Die Gründe:
Das Hauptzollamt hat die der Klägerin erteilte Erlaubnis zu Recht widerrufen. Die der Klägerin erteilte Erlaubnis war rechtswidrig, weil die Kohle als Heizstoff nicht für Prozesse und Verfahren nach § 51 EnergieStG verwendet wird.
Nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG wird auf Antrag eine Steuerentlastung für Energieerzeugnisse gewährt, die nachweislich nach § 2 Abs. 1 Nr. 9 und 10, Abs. 3 S. 1 oder Abs. 4a EnergieStG versteuert worden sind und für die thermische Abfall- oder Abluftbehandlung verheizt worden sind. § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG beruht auf Art. 2 Abs. 4 Buchst. b Anstrich 1 und 2 der Richtlinie 2003/96/EG. Danach gilt die Richtlinie 2003/96 nicht für Energieerzeugnisse mit zweierlei Verwendungszweck i.S.d. Art. 2 Abs. 4 Buchst. b Anstrich 1 oder 2 der Richtlinie 2003/96. Nur unter diesen Voraussetzungen sind die Mitgliedstaaten befugt, Energieerzeugnisse nicht zu besteuern. Daher ist § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG in Übereinstimmung mit Art. 2 Abs. 4 Buchstabe b Anstrich 1 und 2 der Richtlinie 2003/96 und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des EuGH auszulegen.
Die Verwendung eines Energieerzeugnisses fällt nur dann nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/96, wenn dieses Erzeugnis in seiner Funktion als Energiequelle selbst anders als als Heiz- oder Kraftstoff verwendet wird. Ein Energieerzeugnis, das im Rahmen eines Herstellungsprozesses verbrannt wird, kann zweierlei Verwendungszweck haben, wenn dieser Prozess nicht ohne Einsatz einer Substanz durchgeführt werden kann, von dem feststeht, dass sie nur durch die Verbrennung des betreffenden Energieerzeugnisses erzeugt werden kann. Kennzeichnend für das Vorliegen eines Energieerzeugnisses mit zweierlei Verwendungszweck ist mithin, dass das Energieerzeugnis nicht nur als Heiz- oder Kraftstoff, sondern auch zur Herstellung einer Substanz verwendet wird, die für die Herstellung eines Produktes innerhalb desselben Produktionsprozesses benötigt wird.
Im Streitfall wird durch die Trocknung der Lebensmittelreste und Backwaren keine weitere Substanz hergestellt, die wiederum für die Herstellung der Futtermittel erforderlich ist. Vielmehr stellt die Klägerin in der von ihr betriebenen Trockentrommel in einem einheitlichen Prozess ausschließlich den Rohstoff für die Herstellung von Futtermitteln her. Allein der Umstand, dass bei der Trocknung Wasser und leichtflüchtige organische Verbindungen aus den Backwaren und Lebensmittelresten entfernt werden, hat nicht zur Folge, dass dadurch eine weitere Substanz gewonnen wird, der für die Herstellung der Futtermittel in dem Produktionsprozess im Betrieb der Klägerin erforderlich ist.
Dem steht nicht entgegen, dass nach dem Vortrag der Klägerin der Trocknungsvorgang zur Folge haben soll, dass aus den als Abfall zu behandelnden Brot- und Backwaren ein Nebenprodukt i.S.d. § 4 KrWG entstehe, das als Rohstoff für die Herstellung von Futtermitteln verwendet werden könne. Denn bei dem Rohstoff für die Herstellung der Futtermittel handelt es sich nicht um eine weitere Substanz, die durch die Verwendung des Energieerzeugnisses entstanden ist und für die Herstellung des Rohstoffs benötigt wird. Die Klägerin stellt durch die Trocknung unter Verwendung des Erdgases als Heizstoff vielmehr lediglich den Rohstoff für die Futtermittel her. Daher ist es auch unerheblich, dass sich nach dem Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung das erzeugte Rauchgas teilweise mit dem Trockengut verbinden soll.
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