Der Sachverhalt:
Die Klägerin gehört einer Unternehmensgruppe an, die im Jahr 2003 eine betriebliche Altersversorgung für ihre Mitarbeiter eingeführt hatte, und zwar mit Entgeltumwandlung in Form der Direktzusage. Die Betriebsvereinbarung (VO 2003) war zunächst bis zum 31.12.2008 befristet, wurde allerdings später verlängert. Die Höhe der Versorgungsleistung ergibt sich aus sog. Versorgungsbausteinen, die aus einer "Transformationstabelle" abgeleitet werden können. Ziffer III 3.2.3 der VO 2003 enthält folgenden Vorbehalt:
"Die vorstehende Transformationstabelle und der in Ziffer III 1.2 und IV.2.1. genannte Zinssatz können seitens der A-KG einseitig durch eine nachfolgende Transformationstabelle ersetzt werden; dabei ist das in § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG normierte Gebot der Wertgleichheit zu beachten. Die Ersetzung ist erstmals möglich mit Ablauf des 31.12.2007. Sie hat auch Wirkung für bereits bestehende, über den 31.12.2007 hinaus gehende Entgeltumwandlungsvereinbarungen. Der nachfolgende Zinssatz und die nachfolgende Transformationstabelle sind Grundlage aller Versorgungsbausteine, die zum Zeitpunkt der Ersetzung noch nicht zugeteilt wurden. Soweit Versorgungsbausteine bereits zugeteilt wurden, sind der zum Zeitpunkt ihrer Zuteilung geltende Zinssatz sowie die zum Zeitpunkt ihrer Zuteilung geltende Transformationstabelle maßgeblich."
Zum 1.1.2011 wurde Ziffer III 3.2.3 VO 2003 ersatzlos gestrichen und durch einen Nachtrag zur Betriebsversorgung ersetzt, durch den die A auf ihr einseitiges Änderungsrecht verzichtete. Jedem Arbeitnehmer wird seitdem jährlich sein Versorgungsbaustein, die bisher erreichte Höhe der Altersversorgung und deren voraussichtliche Höhe bei Ausscheiden mitgeteilt.
Nach einer Prüfung für Versorgungsrückstellungen war das Finanzamt der Ansicht, dass die für die Streitjahre 2004 bis 2007 maßgebende VO 2003 nicht den Anforderungen des § 6a EStG genüge. Der Klägerin sei ein steuerschädlicher Vorbehalt eingeräumt worden, weil sie bzw. die Konzernmutter die Transformationstabelle nach Belieben hätten ändern können. Die Behörde versagte daraufhin die steuerliche Anerkennung der Pensionsrückstellung.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG sind vorliegend nicht erfüllt.
Die streitgegenständliche Pensionszusage enthält nämlich mit Ziffer III 3.2.3 der VO 2003 einen Vorbehalt i.S.d. Gesetzesbestimmung. Die Transformationstabelle und der Zinssatz können einseitig ersetzt werden; damit stehen sie unter dem Vorbehalt der Änderung. Der Arbeitgeber hat hier die Möglichkeit, das Leistungsversprechen an geänderte Umstände anzupassen bzw. zu mindern; eine derartige Klausel stellt einen Vorbehalt dar, der sich an den Maßstäben des § 6a EStG messen lassen muss. Ob die Abrede arbeitsrechtlich zugleich einen Kündigungsgrund eröffnet ist in diesem Fall unerheblich; ein derartiger Umstand hat auf die hier vorzunehmende steuerliche Beurteilung nach § 6a EStG keinen Einfluss. Nach der gesetzlichen Regelung führt ein derartiger Vorbehalt, nach dem die Anwartschaft gemindert oder entzogen werden kann, in der Anwartschaftsphase grundsätzlich zum Verbot der steuerlichen Pensionsrückstellung.
Der in VO 2003 bestimmte Vorbehalt ist selbst dann nicht steuerlich unschädlich, wenn er in arbeitsrechtlicher Hinsicht nicht wirksam bzw. nicht durchsetzbar sein sollte. Die noch in EStR 6a Abs. 3 zitierte BAG-Rechtsprechung ist überholt. Denn nach aktueller BAG-Rechtsprechung (etwa Urteil v. 17.6.2003 - 3 AZR 396/02) sind Widerrufsvorbehalte generell nur noch nach billigem Ermessen zulässig; fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist in aller Regel kein Grund dafür, sich von einer übernommenen Zahlungspflicht zu lösen, denn der Schuldner kann dieses Risiko nicht auf den Gläubiger abwälzen.
In der Literatur wird zwar vertreten, dass dieser neueren BAG-Rechtsprechung auch steuerlich Rechnung zu tragen ist, weil § 6a EStG an der Arbeitsrechtslage orientiert sei - mit der Folge, dass selbst beliebige Widerrufsvorbehalte nicht länger rückstellungsschädlich sein könnten. Allerdings sieht sich das Gericht an den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes gebunden. § 6a EStG ist, solange die Norm besteht, eine eigenständige steuerliche Regelung, für die lediglich der Wortlaut der Zusage maßgeblich ist - nicht die daraus arbeitsrechtlich tatsächlich eintretende Wirkung. Maßgebend abzustellen ist demgemäß allein auf die Frage, ob der Vorbehalt nur in Fällen des billigen Ermessens eingreift; wenn dem Arbeitgeber die Ausübung ein freien Ermessens möglich bleibt - so hier -, ist die Abrede steuerschädlich. Der Senat sieht sich in seiner Auffassung bestärkt durch das BFH-Urteil v. 14.5.2013 - I R 6/12.
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