Der Sachverhalt:
Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverein, der als qualifizierte Einrichtung gem. § 4 UKlaG eingetragen ist. Er macht die Unwirksamkeit verschiedener Klauseln geltend, die die beklagte Sparkasse in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis gegenwärtig verwendet bzw. verwendet hat. Im Einzelnen beanstandet der Kläger folgende Regelungen:
- Klausel 1: eine Klausel, mit der die Beklagte für die berechtigte Ablehnung der Einlösung einer SEPA-Lastschrift ein Entgelt i.H.v. 5 € erhebt ("Unterrichtung über die berechtigte Ablehnung der Einlösung einer SEPA-Basis-Lastschrift bei Postversand 5 €");
- Klauseln 2 und 3: zwei Klauseln, mit denen an zwei unterschiedlichen Stellen im Preis- und Leistungsverzeichnis die jeweils inhaltsgleiche Regelung getroffen wird, dass für die Unterrichtung über die berechtigte Ablehnung der Ausführung einer Einzugsermächtigungs-/Abbuchungsauftragslastschrift bei fehlender Deckung ein Entgelt i.H.v. 5 € anfällt ("Unterrichtung über die berechtigte Ablehnung der Ausführung (bei Postversand) einer Einzugsermächtigungs-/Abbuchungsauftragslastschrift mangels Deckung 5 €");
- Klausel 4: eine Klausel, mit der die Beklagte bei Überweisungen innerhalb Deutschlands und in andere Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) in Währungen eines Staates außerhalb des EWR (Drittstaatenwährung) sowie bei Überweisungen in Staaten außerhalb des EWR (Drittstaaten) für die Unterrichtung über die berechtigte Ablehnung der Ausführung eines Überweisungsauftrages bei fehlender Deckung ein Entgelt i.H.v. 5 € berechnet ("Unterrichtung über die berechtigte Ablehnung der Ausführung (bei Postversand) eines Überweisungsauftrages mangels Deckung 5 €");
- Klausel 5: eine mit der Klausel 4 wortgleiche Regelung betreffend Überweisungen innerhalb Deutschlands und in andere Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) in Euro oder in anderen EWR-Währungen;
- Klausel 6: eine Klausel, mit der die Beklagte u.a. für die Aussetzung und die Löschung eines Dauerauftrages bis zum 1. Juli 2013 auch von Verbrauchern ein Entgelt i.H.v. 2 € erhoben hat ("Dauerauftrag: Einrichtung/Änderung/Aussetzung/Löschung 2 €");
- Klausel 7: eine von der Beklagten bis zum 13.12.2012 verwendete Klausel, wonach für die Führung eines Pfändungsschutzkontos ein mtl. Entgelt i.H.v. 7 € anfiel ("Pfändungsschutzkonto: Privat-/Geschäftsgirokonto; Privatgirokonto: Grundpreis je angefangenen Monat 7 €");
- Klausel 8: eine Klausel, mit der die Beklagte für die Änderung oder Streichung einer Wertpapierorder ein Entgelt i.H.v. 5 € in Rechnung stellt ("Änderung, Streichung einer Order 5 €").
Das LG gab der Unterlassungsklage überwiegend - mit Ausnahme der Klauseln 7 und 8 - statt. Das OLG gab ihr vollumfänglich statt. Die Revision der Beklagten hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die Klauseln 1 bis 5 weichen von § 675f Abs. 4 S. 2, § 675o Abs. 1 S. 4 BGB und damit von einer gesetzlichen Preisregelung ab, weil das darin jeweils vorgesehene Entgelt i.H.v. 5 € für die Unterrichtung über die berechtigte Ablehnung der Ausführung einer SEPA-Lastschrift, einer Einzugsermächtigungs- oder Abbuchungsauftragslastschrift bzw. einer Überweisung auf der Grundlage des Prozessvortrags der Beklagten nicht an den hierfür tatsächlich anfallenden Kosten ausgerichtet ist.
Gem. den Vorschriften der § 675f Abs. 4 S. 2 Halbs. 1 BGB, § 675o Abs. 1 S. 4 BGB kann der Zahlungsdienstleister mit dem Zahlungsdienstnutzer im Rahmen des Zahlungsdiensterahmenvertrages (§ 675f Abs. 2 BGB) für die Unterrichtung über eine berechtigte Ablehnung eines Zahlungsauftrages ausnahmsweise ein Entgelt vereinbaren, das allerdings nach § 675f Abs. 4 S. 2 Halbs. 2 BGB angemessen und an den tatsächlichen Kosten des Zahlungsdienstleisters ausgerichtet sein muss. Hingegen müssen Kosten für die Entscheidung über die Ausführung eines Zahlungsauftrages - auch wenn diese der Ablehnung eines Zahlungsauftrages zwingend vorangeht - außer Betracht bleiben, weil die Berücksichtigung dieser Kosten sich weder mit dem klaren Gesetzeswortlaut noch mit den ausdrücklichen Richtlinienvorgaben vereinbaren lässt. Vorliegend ist das in den Klauseln 1 bis 5 vorgesehene Entgelt i.H.v. 5 € nicht an den Kosten der Beklagten für die Unterrichtung des Zahlungsdienstnutzers ausgerichtet. Vielmehr hat die Beklagte in erheblichem Umfang Kostenpositionen berücksichtigt, die ihren eigenen Erläuterungen zufolge lediglich im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Nichtausführung des Zahlungsauftrages stehen, nicht aber mit der Unterrichtung des Kunden hierüber.
Die Klausel 6 weicht hinsichtlich der Fallgruppen "Aussetzung" und "Löschung" eines Dauerauftrages ebenfalls von der gesetzlichen Preisregelung des § 675f Abs. 4 S. 2 BGB ab, weil die Beklagte in diesen Fällen kein Entgelt erheben darf. Die Ausführung eines Dauerauftrages stellt gem. § 675c Abs. 3 BGB i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZAG einen Zahlungsdienst dar, für dessen Erbringung als vertragliche Hauptleistung der Zahlungsdienstleister gem. § 675f Abs. 4 S. 1 BGB ein Entgelt verlangen kann. Die Aussetzung und Löschung eines Dauerauftrages zielen aber nicht auf dessen Ausführung, sondern im Gegenteil darauf ab, dass dieser nicht ausgeführt wird. Sie sind als Widerruf (§ 675p BGB) des auf Ausführung des Dauerauftrages gerichteten Zahlungsauftrages zu verstehen. Die Berücksichtigung dieses Widerrufs stellt eine gesetzliche Nebenpflicht der Beklagten dar, weil für die Bearbeitung des Widerrufs nur im Falle von § 675p Abs. 4 S. 1 BGB ein Entgelt vereinbart werden darf. Hieraus folgt im Umkehrschluss, dass die Bearbeitung des Widerrufs im Regelfall unentgeltlich zu erfolgen hat. Die Klausel 6 entspricht jedoch nicht diesem Regel-/Ausnahmeverhältnis, sondern sieht unterschiedslos die Erhebung eines Entgelts i.H.v. 2 € vor. Die Klausel 7 unterliegt ebenfalls der Inhaltskontrolle, weil sie für die Führung des Pfändungsschutzkontos ein Entgelt i.H.v. 7 € vorsieht, das nach den Vorgaben der Senatsurteile vom 13.11.2012 (XI ZR 500/11 und XI ZR 145/12) eine kontrollfähige Preisnebenabrede darstellt.
Bei der Klausel 8 handelt es sich im Hinblick auf die streitige Alternative der "Streichung einer Order" gleichfalls um eine der Inhaltskontrolle unterworfene Preisnebenabrede. Die Beklagte wälzt hiermit Aufwand zur Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht auf den Kunden ab. Erfolgt der Erwerb von Wertpapieren durch eine Bank im Kundenauftrag im Wege des Kommissionsgeschäfts, so ist Hauptleistungspflicht und damit die durch eine Preishauptabrede abzugeltende Hauptleistung des Kommissionärs das mit der gebotenen Sorgfalt zu erbringende Bemühen, dem Auftrag des Kommittenten entsprechende Kaufverträge abzuschließen. Diese Verpflichtung besteht bei der Streichung einer Wertpapierorder nicht fort und kann aus diesem Grunde nicht die zu vergütende Hauptleistung sein. Eine Bank, die die Streichung einer Wertpapierorder berücksichtigt, erbringt ferner keine rechtlich nicht geregelte Sonderleistung. Die Streichung einer Wertpapierorder stellt eine - bis zur Ausführung des Kommissionsgeschäfts jederzeit mögliche - Kündigung des Kommissionsvertrages dar. Damit geht die gesetzliche Nebenpflicht des Kommissionärs einher, dieser Kündigung Folge zu leisten und ihr im Verhältnis zum Kommittenten Rechnung zu tragen. Indem die Klausel 8 für diesen Fall ein Entgelt i.H.v. 5 € vorsieht, wälzt sie einen Aufwand der Beklagten zur Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht auf den Kunden ab und unterliegt damit als Preisnebenabrede der Inhaltskontrolle.
Der hiernach eröffneten Inhaltskontrolle halten die angegriffenen Klauseln nicht stand, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen, von denen abgewichen wird, nicht zu vereinbaren sind (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und die Kunden der Beklagten entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB). Dies gilt für die Klauseln 1, 2, 3, 5 und 6 (im angegriffenen Umfang der "Aussetzung" und "Löschung" eines Dauerauftrages) bereits deshalb, weil sie gegen die Vorgaben von § 675f Abs. 4 S. 2, § 675o Abs. 1 S. 4 BGB verstoßen, von denen gem. § 675e Abs. 1 BGB nicht zum Nachteil des Zahlungsdienstnutzers abgewichen werden darf. Die Klausel 4 weicht von den gem. § 675e Abs. 2 S. 2 Halbs. 1 BGB disponiblen Vorgaben der § 675f Abs. 4 S. 2, § 675o Abs. 1 S. 4 BGB ab, wodurch die unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB indiziert wird. Umstände, nach denen diese Vermutung als widerlegt anzusehen sein könnte, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Die Klausel 7 hält nach den Vorgaben der Senatsurteile vom 13.11.2012 (XI ZR 500/11 und XI ZR 145/12) einer Inhaltskontrolle ebenfalls nicht stand. Die Klausel 8 ist unwirksam, weil sie von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweicht, da sie einen Aufwand der Beklagten für die Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht auf den Kunden abwälzt. Zu den wesentlichen Grundgedanken auch des dispositiven Rechts gehört, dass jeder Rechtsunterworfene seine gesetzlichen Rechtspflichten zu erfüllen hat, ohne dafür ein gesondertes Entgelt verlangen zu können. Ein Anspruch hierauf besteht nur, wenn dies im Gesetz ausnahmsweise vorgesehen ist, was vorliegend nicht der Fall ist. Durch die Abweichung von den Grundgedanken der gesetzlichen Regelung wird die unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB indiziert, ohne dass Umstände ersichtlich oder vorgetragen wären, die diese Vermutung widerlegen. Im Hinblick auf die Verwendung der beanstandeten Klauseln besteht schließlich auch die erforderliche Wiederholungsgefahr.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
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