Der Sachverhalt:
Die Klägerin verlangt vom beklagten Autohaus unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung Zahlung von rd. 31.000 € Zug um Zug gegen Rückgabe ihres am 16.9.2011 erworbenen Skoda Octavia Combi, 2,0 l TDI mit unzulässiger Abschaltvorrichtung (verbauter Motor EA189). Gegenüber der Volkswagen AG begehrt sie die Feststellung der Schadensersatzpflicht.
Das LG wies die Klage gegen das Autohaus wegen Verjährung ab und gab der gegen die Volkswagen AG gerichteten Feststellungsklage aus §§ 826, 31 BGB statt. Die Berufungen beider Parteien hatten vor dem OLG keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die Volkswagen AG haftet der Klägerin wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gem. § 826 BGB.
Die Klägerin hat behauptet, die Leitungsebene der AG habe zum Zwecke der Kostensenkung und Gewinnmaximierung die Strategieentscheidung getroffen, die EG-Typengenehmigung für alle mit der Motorsteuerungssoftware ausgestatteten Kfz ihrer Konzerngesellschaften von den dafür zuständigen Erteilungsbehörden zu erschleichen. Diese Behauptung ist der Entscheidung zugrunde zu legen, da sie von der Volkswagen AG mit der Einschränkung bestritten wurde, dass nach dem aktuellen Ermittlungsstand der nicht näher erläuterten internen Ermittlungen keine Erkenntnisse über eine Beteiligung oder Kenntnis von Vorstandsmitgliedern vorlägen. Ein derart eingeschränktes Bestreiten ist prozessual nicht zulässig, nachdem seit Bekanntwerden des Abgasskandals mittlerweile mehr als dreieinhalb Jahre vergangen sind.
Zwar ist allein ein Handeln mit Gewinnstreben nicht als verwerflich zu beurteilen. Allerdings führen die Tragweite der Entscheidung über den Einsatz der unzulässigen Abschalteinrichtung in einem Motortyp, der in einer außergewöhnlich hohen Zahl von Fahrzeugen verschiedener Marken des Konzerns verbaut wird, die Ausnutzung des Vertrauens der Käufer in den Volkswagenkonzern und den ordnungsgemäßen Ablauf des Genehmigungsverfahrens sowie die in Kauf genommenen erheblichen Folgen für die Käufer in Form der drohenden Stilllegung der erworbenen Fahrzeuge zur Sittenwidrigkeit der Entscheidung der Volkswagen AG i.S.d. § 826 BGB. Durch dieses vorsätzliche und sittenwidrige Vorgehen ist der Klägerin ein Schaden entstanden, der im Abschluss des Kaufvertrages an sich liegt.
Soweit die Klägerin mit ihrer Klage gegen den Händler, die Rückabwicklung des Kaufvertrages anstrebte, war die Berufung der Klägerin zurückzuweisen. Der erklärte Rücktritt ist unwirksam, weil der Nacherfüllungsanspruch aus Kaufvertrag gegen den Händler verjährt ist. Da die zweijährige Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Satz 3 BGB gem. § 438 Abs. 2 BGB mit der Übergabe des Fahrzeuges - und damit mit Ablauf des 9.3.2012 - begann, endete sie mit Ablauf des 9.3.2014 und somit sowohl vor dem im Dezember 2015 erklärten Rücktritt als auch vor der Klageeinreichung im Dezember 2016. Die Erhebung der Verjährungseinrede durch den Händler ist nicht rechtsmissbräuchlich. Die Fahrzeugmanipulation war dem Händler nicht bekannt, eine Täuschung durch den Hersteller kann dem Händler nicht zugerechnet werden.
+++ 17 U 204/18 +++
Die Klagabweisung wegen Verjährung bei einer weiteren auf die Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichteten Klage gegen einen Händler hat der Senat in einem weiteren Urteil vom selben Tage bestätigt. In diesem Verfahren verlangte der Kläger vom beklagten Autohaus unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung auf den Kaufpreis Zahlung von rd. 40.000 € Zug um Zug gegen Rückgabe des im Februar 2013 erworbenen Audi Q3, 2,0l TDI, quattro (verbauter Motor EA189). Auch in diesem Verfahren ist der mit Schreiben vom 20.11.2017 erklärte Rücktritt gem. §§ 438 Abs. 4 Satz 1, 218 BGB unwirksam, weil der Anspruch auf Nacherfüllung gem. § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB verjährt ist und das beklagte Autohaus sich hierauf zulässigerweise beruft. Der Händler handelt durch Erhebung der Einrede der Verjährung auch nicht deshalb rechtsmissbräuchlich, weil die VW AG im Dezember 2015 bis zum 31.12.2017 auf die Erhebung der Verjährungseinrede im Hinblick auf etwaige (auch bereits verjährte) Ansprüche, die im Zusammenhang mit der in Fahrzeugen mit Motortyp EA 189 eingebauten Software bestehen, verzichtet hat. Das beklagte Autohaus und die Volkswagen AG sind rechtlich selbständig. Eine Erklärung der Volkswagen AG wirkt daher nicht für den Händler.
Die Volkswagen AG ist dem Käufer eines Skoda Octavia Combi, 2,0 l TDI mit unzulässiger Abschaltvorrichtung (Motor EA189) wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung zum Schadensersatz verpflichtet. Der Einsatz der unzulässigen Abschalteinrichtung in einem Motortyp, der in außergewöhnlich hoher Zahl von Fahrzeugen verbaut wird, die Ausnutzung des Vertrauens der Käufer in den Volkswagenkonzern und den ordnungsgemäßen Ablauf des Genehmigungsverfahrens sowie die in Kauf genommenen erheblichen Folgen für die Käufer in Form der drohenden Stilllegung der erworbenen Fahrzeuge bedingen die Sittenwidrigkeit.