So entschied das BAG in Umsetzung der Urteile des EuGH vom 6.11.2018 (Rs. C-619/16 und C-684/16, s. novus Januar/Februar 2019, S. 25) dazu bereits mit Urteil vom 19.2.2019 (Az. 9 AZR 423/16, NZA 2019, S. 977), dass der Anspruch auf gesetzlichen Mindesturlaub nur dann erlischt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor in die Lage versetzt hat, den Urlaubsanspruch wahrzunehmen, und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch nicht genommen hat. Diese Rechtsauffassung wiederholt das BAG nun nochmals mit Urteil vom 25.6.2019 (Az. 9 AZR 546/17, NZA 2019, S. 1577). Demnach könne der Urlaubsanspruch nur dann verfallen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub andernfalls mit Ablauf des Kalenderjahrs erlischt.
Soweit vertraglich ein Mehrurlaub vereinbart wurde, seien die Arbeitsvertragsparteien hingegen befugt, so das BAG weiter, die Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers davon abweichend auszugestalten. Allerdings müssten für einen solchen Regelungswillen deutliche Anhaltspunkte vorliegen. Andernfalls sei von einem Gleichlauf des gesetzlichen Urlaubsanspruchs und des Anspruchs auf den arbeitsvertraglichen Mehrurlaub auszugehen.
Hat der Arbeitgeber seine Mitwirkungsobliegenheit nicht erfüllt, tritt der am 31.12. des Urlaubsjahres nicht verfallene Urlaub zu dem Urlaubsanspruch hinzu, der am 1.1. des Folgejahres entsteht. Für ihn gelten, wie für den neu entstandenen Urlaubsanspruch, dann wieder die gesetzlichen Verfallregeln. Immerhin hat es dadurch der Arbeitgeber selbst in der Hand, wieder für eine Einschränkung zu sorgen: Er könne - so das BAG - nämlich das uneingeschränkte Kumulieren von Urlaubsansprüchen aus mehreren Jahren dadurch vermeiden, dass er seine Mitwirkungsobliegenheiten für den Urlaub aus zurückliegenden Urlaubsjahren im aktuellen Urlaubsjahr nachholt.
Hinweis
Konkrete Beispiele dafür, wie der Arbeitgeber seinen Pflichten nachkommen muss, nennt das BAG nicht. Soweit es aber „völlige Transparenz“ fordert und den Arbeitgeber verpflichtet sieht, den Arbeitnehmer „erforderlichenfalls förmlich“ aufzufordern, seinen Urlaub zu nehmen, ist davon auszugehen, dass das BAG eine unmissverständliche, personalisierte Mitteilung an jeden einzelnen Arbeitnehmer für notwendig erachtet. Eine entsprechende Benachrichtigung mit personalisierter E-Mail - zu Nachweiszwecken am besten mit Lesebestätigung - zu Beginn des letzten Quartals für das laufende Kalenderjahr oder zum Jahresanfang für das neue Kalenderjahr erscheint daher sinnvoll. Wer als Arbeitgeber ganz sicher gehen möchte, erteilt den Hinweis schriftlich und sorgt für einen Zugangsnachweis - so wie bei einer Kündigung auch.