Sie beziehen sich nur auf Rohstoffe, nicht jedoch auf Fertigerzeugnisse. Hintergrund der Maßnahmen ist die von Donald Trump ausgegebene „Amercia-First“-Strategie. Mit den Importzöllen möchte Trump die US-amerikanische Wirtschaft vor - aus seiner Sicht massenweisen und häufig gedumpten - Importen von Erzeugnissen aus dem Ausland schützen. Lediglich Importe aus Mexiko und Kanada sollen von den Zöllen der USA ausgenommen werden. Andere Ausnahmen sind auf Antrag möglich. Dazu muss sich das Antrag stellende Land mit den Vereinigten Staaten auf spezielle Modalitäten einigen. Auch die Bundesrepublik Deutschland verhandelt mit dem amerikanischen Präsidenten über Ausnahmeregelungen. Wir haben Eva Rehberg, Zollexpertin und Partnerin bei Ebner Stolz in Hamburg, um eine Einschätzung zum Ausgang des „Handelskriegs“ mit den USA gebeten.
Frau Rehberg, wie ist Ihre Einschätzung? Können Deutschland und die Europäische Union mit Ausnahmen in Bezug auf die verhängten Importzölle auf Stahl und Aluminium rechnen?
Grundsätzlich ist es so, dass Deutschland nicht berechtigt ist, für sich allein mit den USA hinsichtlich diesbezüglicher Ausnahmen zu verhandeln. Nur auf EU-Ebene kann es eine Einigung mit den Vereinigten Staaten von Amerika geben, wenngleich natürlich die Vertreter aus Deutschland, wie Angela Merkel und Peter Altmaier, ebenfalls Gespräche führen, um zu einem für alle positiven Ergebnis zu kommen. Meine persönliche Einschätzung ist, dass die EU mit Ausnahmen rechnen kann. Es bleibt allerdings abzuwarten, welche Zugeständnisse in welchen Bereichen dafür zu machen sind, denn ohne Gegenleistung werden sich die USA nicht zu dauerhaften Ausnahmen bereit erklären.
Wie ist der aktuelle Stand der Verhandlungen und welche Ausnahmeregelungen sind denkbar?
Aktuell sind die angekündigten Zölle bis zum 1.5.2018 vorübergehend ausgesetzt. Nun wird verhandelt, zu welchen Konditionen eine dauerhafte Ausnahme möglich wäre. Am 26.3.2018 wurde bekannt, dass Südkorea als erster der sechs Handelspartner, gegen die die USA erhöhte Zölle auf Aluminium und Stahl erheben möchte, eine endgültige Ausnahmeregelung ausgehandelt hat. In diesem Fall gibt es eine festgelegte Menge an Stahl, die aus Südkorea zollfrei in die USA eingeführt werden kann. Als Gegenleistung dürfen die USA doppelt so viele Pkw wie bisher auf dem südkoreanischen Markt vertreiben. Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie eine Einigung aussehen könnte. Es bleibt spannend, welches Entgegenkommen Donald Trump von der EU erwartet.
Die Importzölle beziehen sich nur auf Rohstoffe, nicht jedoch auf Fertigerzeugnisse. Was bedeutet das konkret für die Unternehmen? Ergibt sich hieraus Gestaltungsspielraum?
Das ist richtig, die Importzölle sind nur für einen bestimmten, abgegrenzten Warenkreis vorgesehen. Sie sollen insbesondere für Aluminium- und Stahlstangen, -bleche, -stäbe, -drähte und dergleichen gelten, also sogenannte Rohwaren oder Halbfertigerzeugnisse. Für die Unternehmen bedeutet dies die Möglichkeit, durch das Durchführen weitergehender Bearbeitungsschritte in einem Land außerhalb der USA, eine Ware auf höherer Fertigungsstufe herzustellen, die nicht in den Katalog der betroffenen Waren fällt. Sinnvoll wäre dies sicher in Ländern, die geographisch nah an den USA liegen, wie z. B. Mexiko, um die Transportwege und -kosten so klein wie möglich zu halten. Natürlich hört sich das leichter an als es ist. In Zeiten der Spezialisierung macht man ja nicht „einfach mal“ einen Bearbeitungsschritt mehr oder gründet „mal eben“ eine Gesellschaft oder ein Joint Venture. Es ist also vor einer diesbezüglichen Entscheidung wichtig, eine klare, verlässliche Botschaft aus Washington zu erhalten.
Was bedeutet eine Erhöhung der Importzölle konkret für die betroffenen Unternehmen in der Administration? Müssen die Unternehmen ihre Prozesse anpassen?
Die Prozesse der Zollabwicklung in den USA ändern sich vermutlich grundsätzlich nicht, denn auch jetzt wird die Ware ja bereits kontrolliert und verzollt, wenn sie in das US-Territorium gelangt.
Wichtig ist es aber sicher, dass die Vertriebsabteilungen die Entwicklung sehr genau verfolgen, insbesondere wenn Lieferbedingungen bestehen, bei denen die Einfuhrabgaben in den USA im Preis inkludiert sind. Unter Umständen sind Preise und Verträge der neuen Situation anzupassen.
Was für Erkenntnisse kann man aus der aktuellen Situation für die Gestaltung der Zollprozesse im Unternehmen ableiten?
Was man derzeit sieht, nicht nur im Handelsstreit mit den USA, sondern auch im Verhältnis zu Russland seit Annexion der Krim etc., ist, dass Zölle häufig zur Durchsetzung wirtschaftlicher und politischer Interessen genutzt werden. Und da es derzeit einige Interessenskonflikte weltweit gibt, ändert sich gefühlt täglich die Zollwelt für die Unternehmen. Zölle steigen, Zölle werden reduziert, Lieferungen in Länder oder an Unternehmen werden verboten, Verbote werden aufgehoben; es gibt kaum Wochen, in denen nichts dergleichen passiert. Für die Zollprozesse bedeutet dies, dass es mehr als ratsam ist, jemanden zu haben, der sich mit dem Thema beschäftigt, die Neuerungen nachverfolgt und die Zollabwicklung jeweils so anpasst, dass sie zum einen rechtlich richtig und zum anderen effizient und so kostensparend wie möglich ist.
US-Präsident Trump wird angeprangert, einen Handelskrieg vom Zaun zu brechen. Umgekehrt plant die EU-Kommission eine stärkere Besteuerung der digitalen Wirtschaft, was sich expressis verbis insbesondere gegen die US-Konzerne wie Google, Apple, Amazon und Facebook richtet. Ein entsprechendes Vorhaben steht auch im Koalitionsvertrag. Wird dadurch der Handelskrieg nicht unmittelbar beflügelt?
Das ist eine schwierige Frage, weil hier ganz unterschiedliche Steuerarten betroffen sind. Zölle betreffen ja ausschließlich Warentransaktionen. Bei der von der EU-Kommission in Betracht gezogenen Abgabe handelt es sich um die Besteuerung von Umsätzen aus bestimmten digitalen Aktivitäten, die in der EU getätigt werden.
Letztendlich steht aber doch, wenn man ehrlich und ohne Populismus auf das Thema blickt, immer und bei allen Ländern bzw. Ländergruppen eins im Vordergrund: der Schutz und die Absicherung der heimischen Wirtschaft mit gleichzeitig größtmöglicher Freizügigkeit. So geht es auch bei der Initiative der EU-Kommission um die Nachhaltigkeit der Steuereinnahmen innerhalb der EU, denn die traditionellen Steuerquellen geraten unter Druck. Wie man dieses Ziel durchzusetzen versucht, ist von Fall zu Fall verschieden und mal mehr oder weniger diplomatisch. Der Grundtenor jedoch, die heimischen Unternehmen so weit wie möglich zu stabilisieren, ist aus meiner Sicht sehr gut nachvollziehbar.