Zu diesem Ergebnis kommt der BFH mit Urteil vom 03.05.2023 (Az. IX R12/22) in einem Streitfall, in dem die Alleingesellschafterin einer GmbH den aus einer Kapitalerhöhung resultierenden Geschäftsanteil mit Aufgeld erwarb und diesen Anteil neben einem Teil der bisherigen Anteile kurz darauf zu einem deutlich geringeren Verkaufspreis an ihren Ehegatten veräußerte. Anders als vom Finanzamt angenommen, ist laut BFH bei der Prüfung, ob eine auch bei den Einkünften aus § 17 EStG erforderliche Gewinnerzielungsabsicht gegeben ist, nicht auf den einzelnen veräußerten Geschäftsanteil, sondern auf die gesamte Beteiligung an der Kapitalgesellschaft abzustellen.
Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns sei das Aufgeld den Anschaffungskosten des Anteils zuzuordnen, der veräußert werde (so bereits BFH-Urteil vom 27.05.2009, Az. I R 53/08). Dies gelte jedenfalls bis zur gesetzlichen Änderung durch § 17 Abs. 2a Satz 5 EStG, der auf Veräußerung nach dem 31.07.2019 anzuwenden ist.
Schließlich sieht der BFH in der gezielten Herbeiführung eines Verlusts durch die Veräußerung des mit Aufgeld erworbenen Anteils nicht ohne Weiteres eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung i. S. v. § 42 AO. Davon sei zwar auszugehen, wenn der Verlust durch die Vereinbarung eines die Wertverhältnisse in deutlicher Weise verfehlenden Kaufpreises entstehe. Dies treffe im Streitfall aber nicht zu.