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Steuerberatung

Veräußerungsgewinne von Mitunternehmerschaftsanteilen gewerbesteuerpflichtig?

BFH 19.7.2018, IV R 39/10

Bei ei­ner dop­pelstöcki­gen Per­so­nen­ge­sell­schaft gehört zum Ge­wer­be­er­trag der Un­ter­ge­sell­schaft nach § 7 S. 2 Nr. 2 GewStG der Ge­winn der Ober­ge­sell­schaft aus der Veräußerung ih­res Mit­un­ter­neh­me­ran­teils auch dann, wenn die Ober­ge­sell­schaft nur in Folge ih­rer ge­werb­li­chen Be­tei­li­gungs­einkünfte ins­ge­samt ge­werb­li­che Einkünfte er­zielt und an ihr aus­schließlich natürli­che Per­so­nen be­tei­ligt sind. Der in § 52 Abs. 32a EStG an­ge­ord­nete zeit­li­che An­wen­dungs­be­reich des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG i.d.F. des JStG 2007 verstößt nicht ge­gen das ver­fas­sungs­recht­li­che Rück­wir­kungs­ver­bot.

Der Sach­ver­halt:

Die Kläge­rin ist eine GmbH, die Ge­samt­rechts­nach­fol­ge­rin der A-GmbH & Co. KG (A-KG) ist. Mit am 12.9. und 22.10.2001 un­ter­zeich­ne­tem Kauf- und Ab­tre­tungs­ver­trag über­trug die als Kom­man­di­tis­tin an der A-KG be­tei­ligte W-KG ih­ren Kom­man­dit­an­teil mit Wir­kung zum 1.1.2002 an eine wei­tere Kom­man­di­tis­tin der A-KG, die W-GmbH. Da­bei er­zielte die W-KG einen Veräußerungs­ge­winn. Bis zur Mitte des Streit­jahrs 2002 wa­ren an der W-KG als Kom­ple­mentäre und Kom­man­di­tis­ten aus­schließlich natürli­che Per­so­nen be­tei­ligt. Am 6.9.2002 tra­ten alle bis­he­ri­gen Kom­man­di­tis­ten aus der W-KG aus und die M-GmbH als wei­tere Kom­ple­mentärin und die C-GmbH & Co. KG als Kom­man­di­tis­tin ein. Ne­ben ih­rer Be­tei­li­gung an der A-KG war die W-KG aus­schließlich vermögens­ver­wal­tend tätig.

Nach ei­ner bei der A-KG u.a. für das Streit­jahr durch­geführ­ten Außenprüfung ver­trat das Fi­nanz­amt die Auf­fas­sung, dass der Ge­winn der W-KG aus der Veräußerung ih­res Kom­man­dit­an­teils zum Ge­wer­be­er­trag i.S.d. § 7 S. 2 GewStG gehöre. In sei­nem nach § 164 Abs. 2 AO geänder­ten Ge­wer­be­steu­er­mess­be­scheid 2002 setzte es den Ge­wer­be­steu­er­mess­be­trag neu fest. Die Kläge­rin war der An­sicht, § 7 S. 2 GewStG ver­stoße ge­gen das ver­fas­sungs­recht­li­che Rück­wir­kungs­ver­bot. Außer­dem sei diese Norm im Streit­fall sach­lich nicht an­wend­bar. Bei der W-KG han­dele es sich um eine vermögens­ver­wal­tende Per­so­nen­ge­sell­schaft, § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG i.d.F. des JStG 2007 dürfe nicht gem. § 52 Abs. 32a EStG i.d.F. des JStG 2007 rück­wir­kend auf den Streit­fall an­ge­wen­det wer­den.

Das FG wies die Klage ab. Auch die Re­vi­sion der Kläge­rin vor dem BFH blieb er­folg­los.

Gründe:

Das FG ist zu Recht da­von aus­ge­gan­gen, dass der Ge­winn der W-KG aus der Veräußerung ih­res Kom­man­dit­an­teils an der A-KG im Er­he­bungs­zeit­raum 2002 gem. § 7 S. 2 Nr. 2 GewStG zum Ge­wer­be­er­trag der A-KG gehört.

Nach § 7 S. 2 Nr. 2 GewStG gehört zum Ge­wer­be­er­trag (auch) der Ge­winn aus der Veräußerung des An­teils ei­nes Ge­sell­schaf­ters, der als Un­ter­neh­mer (Mit­un­ter­neh­mer) des Be­triebs ei­ner Mit­un­ter­neh­mer­schaft an­zu­se­hen ist, so­weit er nicht auf eine natürli­che Per­son als un­mit­tel­bar be­tei­lig­ter Mit­un­ter­neh­mer entfällt. Für mit­tel­bar be­tei­ligte natürli­che Per­so­nen ist we­der nach dem Wort­laut der Vor­schrift noch nach dem in den Ge­set­zes­ma­te­ria­lien zum Aus­druck ge­brach­ten Norm­zweck eine sol­che Ein­schränkung (Ge­wer­be­steu­er­frei­heit) vor­ge­se­hen. Viel­mehr ist der Ge­winn Teil des Ge­wer­be­er­trags der Un­ter­ge­sell­schaft, so­weit er auf eine als Mit­un­ter­neh­mer be­tei­ligte Per­so­nen­ge­sell­schaft (Ober­ge­sell­schaft) entfällt.

§ 7 S. 2 Nr. 2 GewStG ist nicht da­hin aus­zu­le­gen, dass eine als Mit­un­ter­neh­me­rin an ei­ner an­de­ren Per­so­nen­ge­sell­schaft be­tei­ligte, im Übri­gen ih­rer­seits nur "vermögens­ver­wal­tend" tätige Per­so­nen­ge­sell­schaft nicht vom Re­ge­lungs­ge­halt die­ser Norm er­fasst wird. Dies gilt selbst dann, wenn - wie im vor­lie­gen­den Fall - an ei­ner sol­chen Ge­sell­schaft zum Zeit­punkt der Veräußerung des Mit­un­ter­neh­me­ran­teils aus­schließlich natürli­che Per­so­nen be­tei­ligt sind. Der ab dem Er­he­bungs­zeit­raum 2002 an­zu­wen­dende § 7 S. 2 Nr. 2 GewStG sieht bei wört­li­cher Aus­le­gung Ge­winne, die nicht dem lau­fen­den Be­trieb, son­dern des­sen Auf­gabe oder Veräußerung zu­zu­ord­nen sind, als Ge­wer­be­er­trag an. Die Norm enthält eine ge­wer­be­steu­er­recht­li­che Son­der­re­ge­lung für Mit­un­ter­neh­mer­schaf­ten. Aus ih­rem Wort­laut folgt, dass der Ge­winn i.S.d. § 7 S. 2 GewStG nur in­so­weit nicht zum Ge­wer­be­er­trag ei­ner Mit­un­ter­neh­mer­schaft gehört, als er auf eine natürli­che Per­son als un­mit­tel­bar be­tei­lig­ter Mit­un­ter­neh­mer entfällt. Dies gilt selbst dann, wenn bei ei­ner dop­pelstöcki­gen Per­so­nen­ge­sell­schaft an der veräußern­den Ober­ge­sell­schaft aus­schließlich natürli­che Per­so­nen be­tei­ligt sind.

Auch aus dem vom Ge­setz­ge­ber mit der Re­ge­lung des § 7 S. 2 GewStG ver­folg­ten Zweck lässt sich keine Gleich­stel­lung von un­mit­tel­ba­ren und mit­tel­ba­ren Be­tei­li­gun­gen natürli­cher Per­so­nen her­lei­ten. Die Einführung von § 7 S. 2 GewStG sollte die Ge­fahr von Miss­brauch be­sei­ti­gen, die durch ein­kom­men- und körper­schaft­steu­er­li­che Ge­stal­tungsmöglich­kei­ten ent­steht. Es sollte ver­mie­den wer­den, dass die brei­tere, schon bis­her Veräußerungs­ge­winne er­fas­sende ge­wer­be­steu­er­li­che Be­mes­sungs­grund­lage bei Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten da­durch um­gan­gen wird, dass die zu veräußern­den Wirt­schaftsgüter nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG steu­erneu­tral vor ih­rer Veräußerung auf eine Per­so­nen­ge­sell­schaft über­tra­gen wer­den und an­schließend die Be­tei­li­gung an der Per­so­nen­ge­sell­schaft ge­wer­be­steu­er­frei veräußert wird.

Eine Aus­le­gung des § 7 S. 2 GewStG im Wege der te­leo­lo­gi­schen "Ex­ten­sion" oder Re­duk­tion mit dem Er­geb­nis, dass die Be­tei­li­gung ei­ner - ab­ge­se­hen von ei­ner mit­un­ter­neh­me­ri­schen Be­tei­li­gung an ei­ner an­de­ren Per­so­nen­ge­sell­schaft - "vermögens­ver­wal­ten­den" Per­so­nen­ge­sell­schaft der un­mit­tel­ba­ren Be­tei­li­gung ei­ner natürli­chen Per­son gleich­zu­stel­len ist, wird ab­ge­lehnt. Es liegt keine Re­ge­lungslücke vor. Die Norm führt auch zu kei­nem of­fen­kun­dig sinn­wid­ri­gen Er­geb­nis, so­weit sie un­berück­sich­tigt lässt, in­wie­weit bei dop­pelstöcki­gen Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten eine als Mit­un­ter­neh­me­rin be­tei­ligte Ober­ge­sell­schaft - von ih­ren ge­werb­li­chen Be­tei­li­gungs­einkünf­ten ab­ge­se­hen "vermögens­ver­wal­tend" tätig ist. Der Norm­zweck der Ver­wal­tungs­ver­ein­fa­chung recht­fer­tigt es, dass auch nicht wei­ter zu prüfen ist, wel­chen Tätig­kei­ten eine mit­un­ter­neh­me­ri­sch be­tei­ligte Per­so­nen­ge­sell­schaft ih­rer­seits nach­geht und ob sie ohne die Abfärbe­wir­kung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG vermögens­ver­wal­tend tätig wäre.

Wenn von der ge­wer­be­steu­er­recht­li­chen Son­der­re­ge­lung des § 7 S. 2 GewStG (nur) un­mit­tel­bar an ei­ner Mit­un­ter­neh­mer­schaft be­tei­ligte natürli­che Per­so­nen aus­ge­nom­men sind, be­geg­net dies letzt­lich auch kei­nen ver­fas­sungs­recht­li­chen Be­den­ken.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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