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Verfassungsrechtliche Zweifel gegenüber der neuen Grundstücksbewertung

31.01.2024 | 3 Minuten Lesezeit

In zahlreichen Verfahren befassen sich die Finanzgerichte mit verfassungsrechtlichen Fragen zur Bewertung von Grundstücken auf den 01.01.2022 sowohl nach dem Bundesmodell als auch nach Landesmodellen - und kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen.

FG Rheinland-Pfalz zum Bundesmodell

In den Beschlüssen vom 23.11.2023 (Az. 4 V 1295/23 und 4 V 1429/23) äußert das FG Rheinland-Pfalz hinsichtlich der Bewertung von Grundstücken auf den 01.01.2022 nach dem Bundesmodell einfachrechtliche Zweifel daran, ob angesichts von Datenlücken die Bodenrichtwerte in Rheinland-Pfalz rechtmäßig zustande gekommen seien. Zudem müsste dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit offenstehen, einen unter dem typisierten Grundsteuerwert liegenden Wert seines Grundstücks nachweisen zu können.

Verfassungsrechtlich zweifelt das FG Rheinland-Pfalz an der Vereinbarkeit der Bewertungsregelungen mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Für das Bewertungsrecht sei hieraus ein Gebot der realitäts- und relationsgerechten Grundstücksbewertung abzuleiten. Da aber der Belastungsgrund der Grundsteuer nicht eindeutig sei, könne nicht überprüft werden, ob die erzielten Bewertungsergebnisse relationsgerecht seien. Zweifelhaft sei zudem, ob die Bewertungsregelungen überhaupt geeignet seien, eine realitäts- und relationsgerechte Grundstücksbewertung zu erreichen. Schließlich sieht das FG ein gleichheitswidriges Vollzugsdefizit darin, dass die Ermittlung der Bodenrichtwerte häufig auf einer Aufteilung von Gesamtkaufpreisen in einen Gebäude- und einen Bodenanteil resultierten.

Hinweis: Beim FG Rheinland-Pfalz ist zudem ein Hauptsacheverfahren unter dem Az. 4 K 1205/23 anhängig, in dem ebenso die Verfassungskonformität der neuen Grundsteuerbewertung in Frage gestellt wird.

FG Köln und FG Düsseldorf zum Bundesmodell

Zu in Nordrhein-Westfalen gelegenen Grundstücken, die auch nach dem Bundesmodell zu bewerten waren, sind zum einen beim FG Düsseldorf unter den Az. 11 K 2310/23 Gr und 11 K 2309/23 Gr Klageverfahren anhängig. Mit diesen wird gegen den Ansatz des pauschalen Mietwerts vorgegangen, der in den Streitfällen dazu führt, dass eine kleinere Wohnung einer Eigentümerin höher zu bewerten ist als eine etwas größere Wohnung der Eigentümerin im selben Objekt.

Beim FG Köln ist ein Klageverfahren unter dem Az. 4 K 2189/23 anhängig, mit dem die Verfassungskonformität des Ansatzes des Bodenrichtwerts bezweifelt wird. Im Streitfall wurde ein hoher Bodenrichtwert angesetzt, obwohl der Eigentümer bei einem anderen Grundstück in unmittelbarer Nähe mit besserer örtlicher Lage einen Bodenrichtwert in Höhe nur etwa eines Viertels zu berücksichtigen hatte.

FG Sachsen zum Bundesmodell mit Sächsischen Sonderregelungen

Laut Urteil des FG Sachsen vom 24.10.2023 (Az. 2 K 574/23) bestehen gegen die Regelungen des neuen Grundsteuergesetzes sowie gegen die Sächsischen Sonderregelungen zur Feststellung der Grundsteuerwerte auf den 01.01.2022 und zur Festsetzung des Grundsteuermessbetrags auf den 01.01.2025 keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

In dem Urteilsfall ging es um die Festsetzung des Grundsteuerwertes auf den 01.01.2022 bzw. des Grundsteuermessbetrags auf den 01.01.2025 für ein Einfamilienhaus in Sachsen nach dem Bundesmodell und der Sächsischen Sonderregelung bzgl. der Steuermesszahl. Bei dem in Sachsen angewandten sog. modifizierten Bundesmodell erfolgt die Berechnung des Grundsteuerwertes nach den Vorgaben des Bundesmodells mit dem Ertrag- oder Sachwertverfahren, es kommt jedoch eine abweichende Steuermesszahl zur Anwendung.

In seiner Entscheidung kommt das FG Sachsen zu dem Ergebnis, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bewertungsvorschriften des modifizierten Bundesmodells bestehen. Insbesondere sei es rechtmäßig, für die Berechnung des Ertragswerts einer Wohnung, die durchschnittliche Nettokaltmieten zugrunde zu legen, ohne die Eigenheiten des jeweiligen Gebäudes zu berücksichtigen. Ferner seien die durch den Gutachterausschuss ermittelten Bodenrichtwerte nicht angreifbar, weil Mitarbeiter der Finanzämter als Mitglieder des Gutachterausschusses fungieren. Ebenso rechtmäßig sei der Umrechnungskoeffizient zur Berücksichtigung des bei kleineren Grundstücken überproportional ansteigenden Grundstückswerts und die Höhe der Grundsteuermesszahl.

Weitere Verfahren

Anträge auf Aussetzung des Verfahrens wegen verfassungsrechtlicher Bedenken gegenüber dem Bundesmodell wurden hingegen mit Beschluss des FG Berlin-Brandenburg vom 01.09.2023 (Az. 3 V 3080/23, EFG 2023, S. 1642) abgelehnt. Vor dem FG Berlin-Brandenburg ist aber noch ein Hauptsacheverfahren mit dem Az. 3 K 3142/23 anhängig.

Das FG Nürnberg verwarf zudem gegenüber dem Bayerischen Modell Verfassungszweifel (Beschluss des FG Nürnberg vom 08.08.2023, Az. 8 V 300/23, DStRE 2023, S. 147, s. dazu auch novus 11/2023, S. 21).