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Steuerberatung

Verlustverrechnungsbeschränkung bei Termingeschäften verfassungswidrig?

Das FG Rhein­land-Pfalz äußert mit Be­schluss vom 05.12.2023 (Az. 1 V 1674/23) ver­fas­sungs­recht­li­che Zwei­fel an der Ver­lust­ver­rech­nungs­be­schränkung bei Ter­min­ge­schäften und nährt da­mit die Hoff­nung, dass hier eine Ände­rung er­fol­gen könnte.

Seit 2021 dürfen Ver­luste aus Ter­min­ge­schäften, ins­be­son­dere aus Op­tio­nen, For­wards, Fu­tures oder Dif­fe­renz­kon­trak­ten (sog. CFDs), nur noch mit Ge­win­nen aus sol­chen Ter­min­ge­schäften und nur noch bis zu ei­ner Höhe von 20.000 Euro pro Jahr im Pri­vat­vermögen ver­rech­net wer­den („BMF-Steu­er­ham­mer“). Nicht ver­rech­nete Ver­luste können le­dig­lich in Fol­ge­jahre vor­ge­tra­gen und je­weils in Höhe von 20.000 Euro mit Ge­win­nen aus Ter­min­ge­schäften oder mit Einkünf­ten aus Still­hal­terprämien ver­rech­net wer­den. Eine Ver­rech­nung mit an­de­ren Einkünf­ten aus Ka­pi­tal­vermögen ist nicht möglich. § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG be­wirkt also, dass die Ver­lust­ver­rech­nung aus Ter­min­ge­schäften zwar nicht ge­ne­rell ver­sagt wird, je­doch nur mit (späte­ren) Ge­win­nen aus Ter­min­ge­schäften bzw. Still­hal­terprämien und dann nur zeit­lich ge­streckt zulässig ist. Der Ge­setz­ge­ber begründete die Einführung der Vor­schrift mit dem spe­ku­la­ti­ven Cha­rak­ter der Ter­min­ge­schäfte, de­nen auf­grund ih­rer be­grenz­ten Lauf­zeit und He­be­lef­fekte ein höheres To­tal­ver­lust­ri­siko in­ne­wohne, was bei an­de­ren Ka­pi­tal­an­la­gen nicht in ver­gleich­ba­rem Ausmaß der Fall sei. Durch die Neu­re­ge­lung solle das In­ves­ti­ti­ons­vo­lu­men und die dar­aus für An­le­ger ent­ste­hen­den Ver­lust­ri­si­ken aus die­sen spe­ku­la­ti­ven An­la­gen be­grenzt wer­den.

Das FG Rhein­land-Pfalz hat mit Be­schluss vom 05.12.2023 „ernst­li­che Be­den­ken hin­sicht­lich der Ver­fas­sungsmäßig­keit der be­tragsmäßig be­schränk­ten Ver­lust­ver­rech­nung gemäß § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG“ geäußert. In dem Sach­ver­halt hatte der Steu­er­pflich­tige im Jahr 2021 Brut­to­ge­winne in Höhe von rund 253.167 Euro und Brut­to­ver­luste in Höhe von 229.824 Euro aus CFDs er­zielt, so­dass sich bei wirt­schaft­li­cher Be­trach­tung ein tatsäch­li­cher Net­to­ge­winn vor Steu­ern von rund 23.343 Euro er­gibt. Auf­grund der Ver­lust­ver­rech­nungs­be­schränkung konn­ten je­doch nur Ver­luste in Höhe von 20.000 Euro von den Ge­win­nen ab­ge­zo­gen wer­den, so dass Einkünfte aus Ka­pi­tal­vermögen in Höhe von 213.826 Euro re­sul­tier­ten. Ge­gen den Be­scheid legte der Steu­er­pflich­tige Ein­spruch ein und be­an­tragte die Aus­set­zung der Voll­zie­hung (AdV), u. a. mit Ver­weis auf das beim BVerfG un­ter dem Az. 2 BvL 3/21 anhängige Ver­fah­ren zu der ein­ge­schränk­ten Ver­rech­nung von Ak­ti­en­ver­lus­ten im Pri­vat­vermögen.

Das Fi­nanz­ge­richt Rhein­land-Pfalz setzte die Voll­zie­hung des Steu­er­be­scheids für 2021 aus und äußerte ausdrück­lich Zwei­fel an der Ver­fas­sungsmäßig­keit der Ver­lust­ver­rech­nungs­be­schränkung bei Ter­min­ge­schäften, da die be­tragsmäßige Be­schränkung der Ver­lust­ver­rech­nung bei Ter­min­ge­schäften gemäß § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG zu ei­ner Un­gleich­be­hand­lung führe, für die nach vorläufi­ger Prüfung kein sach­li­cher Recht­fer­ti­gungs­grund vor­liege. Es sei da­bei nicht schlüssig, wes­halb eine So­fort­ver­steue­rung ein­zig für die Ge­winne grei­fen solle. Es über­zeuge auch nicht, dass der Ein­tritt von Ver­lus­ten bei Ter­min­ge­schäften deut­lich wahr­schein­li­cher sei. Viel­mehr sei es den Einkünf­ten aus Ka­pi­tal­vermögen ge­rade we­sen­sim­ma­nent, dass sie häufig aus spe­ku­la­ti­ven Ge­schäften er­zielt wer­den. Dass es mehr oder we­ni­ger ri­si­ko­rei­che Ka­pi­tal­an­la­gen gibt, sei zwar zu­tref­fend, recht­fer­tige aber noch nicht eine Ver­lust­ver­rech­nungs­be­schränkung. Dies gelte umso mehr, als bei Ter­min­ge­schäften auch über­pro­por­tio­nale Ge­winne denk­bar sind, ge­gen de­ren so­for­tige Be­steue­rung der Ge­setz­ge­ber of­fen­bar keine Be­den­ken hat. Es sei nun aber ge­rade Aus­fluss des ob­jek­ti­ven Net­to­prin­zips, dass Ge­winne und Ver­luste steu­er­lich gleich­be­han­delt wer­den müssen. Auch er­scheine es un­rea­lis­ti­sch, dass der Steu­er­pflich­tige be­reits jetzt über 10 Jahre für eine vollständige Ver­lust­nut­zung brau­che – vor­aus­ge­setzt, es ste­hen je­des Jahr po­si­tive Einkünfte aus Ter­min­ge­schäften und Still­hal­terprämien von min­des­tens 20.000 Euro zur Verfügung und es kom­men keine wei­te­ren Ver­luste hinzu. Der Steu­er­pflich­tige wird durch die zeit­li­che Stre­ckung ge­ra­dezu ani­miert, wei­tere Ter­min­ge­schäfte ein­zu­ge­hen, um die Ver­luste steu­er­lich nut­zen zu können. Zu­dem un­ter­liegt das Net­to­er­geb­nis in Höhe von nur 23.343 Euro ei­ner Ein­kom­men­steu­er­be­las­tung i. H. v. 59.860 Euro. Dies führe zu einem un­verhält­nismäßigen und wi­der­sin­ni­gen Er­geb­nis.

Ge­gen den Be­schluss des FG Rhein­land-Pfalz hat die Fi­nanz­ver­wal­tung Be­schwerde ein­ge­legt, über die der BFH im Wege des vorläufi­gen Rechts­schut­zes zu be­fin­den hat (Az. VIII B 113/23).

Fazit

Der Be­schluss bestätigt die seit Einführung der Ver­lust­ver­rech­nungs­be­schränkung bei Ter­min­ge­schäften in der Li­te­ra­tur ein­hel­lig geäußer­ten Zwei­fel an der Ver­fas­sungsmäßig­keit der Re­ge­lung des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG. Nun bleibt das er­ste Haupt­sa­che­ver­fah­ren in die­ser Frage ab­zu­war­ten.

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