Hintergrund
Im Anschluss an die Durchführung nachträglicher, warenbezogener Verrechnungspreisanpassungen hatte die deutsche Tochtergesellschaft einer japanischen Muttergesellschaft eine Anpassung von Zollwerten nach unten, d.h. eine Erstattung gezahlter Zölle beantragt. Bei der Einfuhr der von der Mutter eingekauften Waren hatte die Tochter zunächst die Preise, die die Mutter in Rechnung gestellt hatte (dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechende konzerninterne Verrechnungspreise) als Zollwerte angemeldet. Nachdem entsprechend eines mit den deutschen Steuerbehörden getroffenen Advanced Pricing Agreements (APA) die nachträgliche Anpassung der Verrechnungspreise im Konzern vorgenommen worden war und die Tochter von der Mutter eine Gutschrift erhalten hatte, beantragte sie die Erstattung von Zöllen, da sich durch die Verrechnungspreisanpassungen die Zollwerte verringert hätten. Das zuständige Hauptzollamt (HZA) lehnte die Erstattung ab, da der begehrte Anpassungsbetrag nicht individuell auf die Einfuhrwaren aufgeteilt worden war. Dagegen klagte die Tochter, das FG legte dem EuGH die Sache zur Vorabentscheidung vor.
Der EuGH hat entschieden, das Europäische Zollrecht lasse in einem solchen Fall keine Zollwertanpassung zu. Eine nachträgliche Anpassung des Transaktionswerts ist danach nur in Ausnahmefällen zulässig, z.B. bei einem verdeckten Mangel oder einer Fehlerhaftigkeit der Ware, der/die bereits vor ihrer Abfertigung zum freien Verkehr bestand. Der Zollwert müsse den realen wirtschaftlichen Wert einer Ware widerspiegeln und dabei alle Elemente mit wirtschaftlichem Wert berücksichtigen. Berichtigungen seien danach nur möglich, wenn dies erforderlich ist, um einen fiktiven oder willkürlichen Zollwert zu verhindern. Ein solcher Fall liege aber nicht vor. Das Zollrecht erlaube keinen Transaktionswert, bestehend aus einem zunächst berechneten Preis und einer pauschalen Berichtigung, ohne dass sich sagen lässt, ob diese Berichtigung schließlich nach oben oder unten erfolgen wird.
Hinweis
Welche Folgen das Urteil auf die Praxis haben wird, erscheint derzeit nur ansatzweise absehbar. Jedenfalls wirft es mehr Fragen auf als es beantwortet. Die Umsetzung der Entscheidung durch das FG im Ausgangsverfahren darf daher ebenfalls mit Spannung erwartet werden. Klar dürfte aber sein, dass das Verhältnis von nachträglichen Transferpreisanpassungen zum Zollwert nicht einfacher, sondern eher herausfordernder geworden ist und multinationale Unternehmen sich darauf einstellen müssen. Das Urteil könnte, je nach Auslegung und Anwendung in der Verwaltungspraxis unterstreichen, dass aus zollrechtlicher Sicht zukünftige Preisanpassungen sehr viel einfacher zu handhaben sind, als rückwirkende Veränderungen.