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Steuerberatung

Verlängerte Festsetzungsfrist bei Steuerhinterziehung durch Miterben

BFH 29.8.2017, VIII R 32/15

Die Fest­set­zungs­frist auf­grund ei­ner Steu­er­hin­ter­zie­hung verlängert sich bei einem Erb­fall auch dann, wenn der de­men­zer­krankte Erb­las­ser ausländi­sche Ka­pi­tal­einkünfte nicht erklärt, je­doch ein Miterbe von der Verkürzung der Ein­kom­men­steuer wusste und selbst eine Steu­er­hin­ter­zie­hung be­geht. Die Verlänge­rung der Fest­set­zungs­frist auf zehn Jahre wirkt da­bei auch zu Las­ten des Miter­ben, der von der Steu­er­hin­ter­zie­hung keine Kennt­nis hat.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin war ge­mein­sam mit ih­rer Schwes­ter Er­bin ih­rer ver­stor­be­nen Mut­ter. Die Erb­las­se­rin hatte in den Jah­ren 1993 bis 1999 Ka­pi­tal­einkünfte im Aus­land er­zielt, die sie nicht in ih­ren Ein­kom­men­steu­er­erklärun­gen an­ge­ge­ben hatte. Seit 1995 war sie auf­grund ei­ner De­men­zer­kran­kung nicht mehr in der Lage, wirk­same Ein­kom­men­steu­er­erklärun­gen ab­zu­ge­ben.

Die Steu­er­erklärun­gen der Erb­las­se­rin wa­ren un­ter Be­tei­li­gung der Schwes­ter der Kläge­rin (Miter­bin) er­stellt wor­den. Die­ser war spätes­tens ab Ein­tritt des Erb­falls be­kannt, dass die Mut­ter (Erb­las­se­rin) ihre Ka­pi­tal­einkünfte in den Ein­kom­men­steu­er­erklärun­gen zu nied­rig an­ge­ge­ben hatte. Das Fi­nanz­amt er­ließ ge­genüber der Kläge­rin als Ge­samt­rechts­nach­fol­ge­rin der Erb­las­se­rin geänderte Ein­kom­men­steu­er­be­scheide, in de­nen es die Steuer für die nicht erklärten Zin­sen nach­for­derte.

Das FG gab der Klage für die Streit­jahre 1993 bis 1996 teil­weise statt und wies sie für die Streit­jahre 1991 und 1997 bis 1999 zurück. In der Folge er­ließ das Fi­nanz­amt geänderte Ein­kom­men­steu­er­be­scheide für die Streit­jahre 1995 und 1996. Die Re­vi­sion der Kläge­rin hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Das FG hat zu Recht ent­schie­den, dass die Kläge­rin als Ge­samt­rechts­nach­fol­ge­rin der Erb­las­se­rin die hin­ter­zo­gene Ein­kom­men­steuer schul­det und das Fi­nanz­amt zur Kor­rek­tur der Be­scheide nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO be­rech­tigt war.

Die Er­ben "er­ben" als Ge­samt­rechts­nach­fol­ger des Erb­las­sers gem. § 1922 Abs. 1 BGB auch des­sen Steu­er­schul­den; denn gem. § 1967 BGB haf­ten die Er­ben für die Nach­lass­ver­bind­lich­kei­ten. Dies gilt gem. § 45 Abs. 1 S. 1 AO auch für die Steu­er­schul­den. Auf die Kennt­nis von der ob­jek­ti­ven Steu­er­verkürzung des Erb­las­sers kommt es nicht an, son­dern nur auf die Höhe der ent­stan­de­nen Steu­er­schuld. Meh­rere Er­ben haf­ten als Ge­samt­schuld­ner. Dies be­deu­tet, dass das Fi­nanz­amt im Rah­men sei­nes pflicht­gemäßen Er­mes­sens je­den Er­ben für die ge­samte Steu­er­schuld des Erb­las­sers in An­spruch neh­men kann.

War der Erb­las­ser zum Zeit­punkt der Ab­gabe der Steu­er­erklärung auf­grund ei­ner De­men­zer­kran­kung ge­schäfts­unfähig i.S.d. § 104 Nr. 2 BGB, ist seine Steu­er­erklärung zwar un­wirk­sam. Dies hat auf die Höhe der ge­setz­lich ent­stan­de­nen Steuer je­doch keine Aus­wir­kung. Erfährt ein Erbe vor oder nach dem Erb­fall, dass die Steu­ern des Erb­las­sers zu nied­rig fest­ge­setzt wur­den, ist er auch in die­sem Fall nach § 153 Abs. 1 S. 2 AO ver­pflich­tet, die (un­wirk­same) Ein­kom­men­steu­er­erklärung des Erb­las­sers zu be­rich­ti­gen. Un­terlässt er dies, be­geht er eine Steu­er­hin­ter­zie­hung.

Diese Steu­er­hin­ter­zie­hung führt dazu, dass sich bei al­len Miter­ben die Fest­set­zungs­frist für die verkürzte Steuer nach § 169 Abs. 2 S. 2 AO auf zehn Jahre verlängert. Dies trifft auch den Miter­ben, der we­der selbst eine Steu­er­hin­ter­zie­hung be­gan­gen hat noch von die­ser wusste.

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