Der Sachverhalt:
Der Kläger war Versicherungsnehmer einer von 1999 bis 2011 laufenden fondsgebundenen Lebensversicherung. Versicherte Person war seine Ehefrau, die Klägerin. Die Versicherungssumme im Todesfall betrug rd. 164.000 €. Im Erlebensfall sollte das Deckungskapital, d.h. der Wert der gutgeschriebenen Fondsanteile, fällig werden.
Da der Kläger zum Zeitpunkt des Verkaufs die auf 60 Monate beschränkten Beiträge i.H.v. insgesamt rd. 114.000 € vollständig gezahlt hatte, ergab sich für ihn ein Veräußerungsverlust i.H.v. rd. 46.000 €. Diesen Verlust machte er in der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2009 als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 EStG geltend. Das Finanzamt erkannte den Verlust aus der Veräußerung der Lebensversicherung wegen Gestaltungsmissbrauchs (§ 42 AO) nicht an.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Kläger hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.
Die Gründe:
Die Nichtberücksichtigung des Verlusts des Klägers aus der Veräußerung der Ansprüche aus der fondsgebundenen Lebensversicherung wegen fehlender Einkünfteerzielungsabsicht verstößt gegen § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 i.V.m. § 52a Abs. 10 S. 5 EStG.
§ 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 EStG findet auch auf die Veräußerung der Ansprüche aus vor dem 1.1.2005 abgeschlossenen Alt-Verträgen Anwendung, sofern - wie im Streitfall - bei einem Rückkauf zum Veräußerungszeitpunkt die Erträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 in der am 31.12. 2004 geltenden Fassung steuerpflichtig wären. Vorliegend wäre ein Rückkauf der fondsgebundenen Lebensversicherung des Klägers zum Veräußerungszeitpunkt im Jahr 2009 nach der bis zum 31.12.2004 geltenden Rechtslage steuerpflichtig gewesen, eine Steuerbefreiung wäre nach der seinerzeit maßgebenden Gesetzeslage nur in Betracht gekommen, wenn der Verkauf nicht bereits im Jahr 2009, sondern erst nach Ablauf der Mindestlaufzeit von zwölf Jahren nach Vertragsschluss stattgefunden hätte.
Die steuerliche Anerkennung dieses Verlusts war auch nicht wegen fehlender Einkünfteerzielungsabsicht zu versagen. Denn die mit der Abgeltungsteuer als Schedule eingeführten Besonderheiten der Einkünfte aus Kapitalvermögen bedingen eine tatsächliche (widerlegbare) Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht. Denn mit der Abgeltungsteuer sollten in § 20 EStG umfassend alle in Betracht kommenden Kapitalanlagen erfasst werden, insbesondere auch realisierte Wertsteigerungen des Kapitalstamms (§ 20 Abs. 2 EStG). Hinzu kommen die Einschränkungen des objektiven Nettoprinzips durch das Werbungskostenabzugsverbot gem. § 20 Abs. 9 EStG und die Verlustabzugsbeschränkungen gem. § 20 Abs. 6 EStG. Zudem entscheiden Währungspolitik und Aktienkurs über den Ertrag aus Zinsen und Dividenden.
Vorliegend fehlten relevante Anhaltspunkte für eine Widerlegung der Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers. Dabei war zu berücksichtigen, dass es sich um den Verkauf eines Alt-Vertrages handelt, bei dem die Zwölf-Jahresfrist nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 2 EStG a.F. vor Einführung des Alterseinkünftegesetzes noch nicht abgelaufen war und deshalb ein Rückkauf zu steuerpflichtigen Zinsen aus den Sparanteilen geführt hätte. Ein Verkauf war dagegen erst nach dem 31.12.2008 mit Einführung des § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 EStG in Form des Unterschiedsbetrags zwischen Einnahmen und Anschaffungskosten/entrichteten Beiträgen steuerbar.
Dass der Kläger mit dem Verkauf seinen sich zum Zeitpunkt des Ablaufs der Versicherung absehbaren Verlust minimieren wollte, rechtfertigt ebenso wenig die Widerlegung der Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht wie das bloße Vorliegen eines Verlusts. Denn § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 EStG regelt auch den Verlustfall. Dabei liegt es gerade in der wirtschaftlichen Typik der Einkünfte aus Kapitalvermögen, dass der Anleger auf eine negative Entwicklung einer Anlage nur dadurch reagieren kann, dass er sie durch eine andere austauscht, d.h. sich von ihr trennt. Die Veräußerung im Streitfall erfolgte nicht unter Umständen, die eine Widerlegung rechtfertigen könnten.
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