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Verluste einer gewerblich geprägten Vorratsgesellschaft

BFH 30.10.2014, IV R 34/11

Es ist zu ver­mu­ten, dass die von ei­ner ge­werb­lich geprägten Per­so­nen­ge­sell­schaft und ih­ren Ge­sell­schaf­tern an­ge­strebte, aber bis zur Li­qui­da­tion der Ge­sell­schaft nie­mals auf­ge­nom­mene wirt­schaft­li­che Tätig­keit auf Er­zie­lung ei­nes Ge­winns aus­ge­rich­tet war, wenn keine An­halts­punkte dafür be­ste­hen, dass die Tätig­keit ver­lust­ge­neigt hätte sein können oder dass die ge­werb­li­che Prägung später hätte ent­fal­len sol­len. Die durch die Gründung und Ver­wal­tung der Ge­sell­schaft ver­an­lass­ten Aus­ga­ben sind in sol­chen Fällen als ne­ga­tive Einkünfte aus Ge­wer­be­be­trieb ge­son­dert und ein­heit­lich fest­zu­stel­len.

Der Sach­ver­halt:
Die zwi­schen­zeit­lich ver­stor­be­nen A. und B. verfügten über be­ruf­li­che Er­fah­rung in der Im­mo­bi­li­en­bran­che. Sie hat­ten 2002 von einem An­bie­ter von Vor­rats­ge­sell­schaf­ten die Kläge­rin, eine GmbH, er­wor­ben. Diese wurde so­dann um­fir­miert. Im Mai 2003 wurde die X-KG in das Han­dels­re­gis­ter ein­ge­tra­gen. Kom­man­di­tis­ten mit ei­ner Ein­lage von je 750 € wa­ren A. und B. Die Kläge­rin war al­lein zur Ge­schäftsführung be­fugte Kom­ple­mentärin. Ge­gen­stand der X-KG war der Er­werb von Wohn- und Ge­schäftshäusern und sons­ti­gen Ren­di­te­grundstücken so­wie die Ver­wal­tung und Ver­mie­tung ei­ge­ner Wohn- und Ge­schäftshäuser. In den Jah­ren 2002 bis 2007 war die X-KG nicht wirt­schaft­lich ak­tiv. Die gel­tend ge­mach­ten Auf­wen­dun­gen setz­ten sich aus Kos­ten für Rechts- und Steu­er­be­ra­tung, für Ab­schluss und Prüfung, für den Geld­ver­kehr und aus Beiträgen zu­sam­men. Im Juni 2007 wurde die X-KG im Han­dels­re­gis­ter gelöscht.

Im Jahr 2002 hat­ten A. und B. ins­ge­samt 24 wei­tere Ge­sell­schaf­ten er­wor­ben und ih­nen einen ver­gleich­ba­ren Un­ter­neh­mens­ge­gen­stand wie der X-KG ge­ge­ben. Auch diese Ge­sell­schaf­ten wur­den nicht wirt­schaft­lich ak­tiv, er­ziel­ten Ver­luste und wur­den im Jahr 2007 im Han­dels­re­gis­ter gelöscht. Ab dem Jahr 2006 gründe­ten A. und B. etwa 75 wei­tere Ge­sell­schaf­ten mit einem der X-KG ver­gleich­ba­ren Un­ter­neh­mens­ge­gen­stand. Hier­bei han­del­ten sie zum Teil un­ter Zwi­schen­schal­tung wei­te­rer Ge­sell­schaf­ten, zum Teil auch ge­mein­sam mit wei­te­ren Be­tei­lig­ten. Im No­vem­ber 2007 wa­ren 21 die­ser Ge­sell­schaf­ten wirt­schaft­lich ak­tiv ge­wor­den. Sie er­ziel­ten Umsätze in einem sechs­stel­li­gen, zum Teil auch in einem mitt­le­ren sie­ben­stel­li­gen Be­reich.

Das Fi­nanz­amt lehnte die Vor­nahme ei­ner ge­son­der­ten und ein­heit­li­chen Fest­stel­lung von Be­steue­rungs­grund­la­gen für die X-KG be­tref­fend die Jahre 2002 bis 2007 ab. Es fehle an der er­for­der­li­chen Ge­winn­er­zie­lungs­ab­sicht. Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes blieb vor dem BFH er­folg­los.

Gründe:
Die Vor­aus­set­zun­gen für die be­an­tragte ge­son­derte und ein­heit­li­che Fest­stel­lung von ge­werb­li­chen Einkünf­ten la­gen vor, so dass das Fi­nanz­amt zum Er­lass ent­spre­chen­der Ver­wal­tungs­akte ver­pflich­tet ist.

Nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gilt als Ge­wer­be­be­trieb in vol­lem Um­fang die mit Einkünf­te­er­zie­lungs­ab­sicht un­ter­nom­mene Tätig­keit ei­ner Per­so­nen­ge­sell­schaft, die keine Tätig­keit i.S.d. Einkünfte aus einem ge­werb­li­chen Un­ter­neh­men ausübt und bei der aus­schließlich eine oder meh­rere Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten persönlich haf­tende Ge­sell­schaf­ter sind und nur diese oder Per­so­nen, die nicht Ge­sell­schaf­ter sind, zur Ge­schäftsführung be­fugt sind (ge­werb­lich geprägte Per­so­nen­ge­sell­schaft). Nach BFH-Recht­spre­chung muss für die Zeit des Be­ste­hens der ge­werb­li­chen Prägung die Ab­sicht vor­han­den sein, einen ge­werb­li­chen To­tal­ge­winn zu er­zie­len.

Es be­darf je­doch kei­ner "einkünf­te­be­zo­ge­nen Vor­qua­li­fi­ka­tion" un­ter dem Blick­win­kel der Einkünfte, die sich aus ei­ner Ein­kunfts­art er­ge­ben, die fik­tiv, also ohne die Um­qua­li­fi­zie­rung durch die ge­werb­li­che Prägung, an­zu­neh­men wäre. Es ist viel­mehr zu ver­mu­ten, dass die von ei­ner ge­werb­lich geprägten Per­so­nen­ge­sell­schaft und ih­ren Ge­sell­schaf­tern an­ge­strebte, aber bis zur Li­qui­da­tion der Ge­sell­schaft nie­mals auf­ge­nom­mene wirt­schaft­li­che Tätig­keit auf Er­zie­lung ei­nes Ge­winns aus­ge­rich­tet war, wenn keine An­halts­punkte dafür be­ste­hen, dass die Tätig­keit ver­lust­ge­neigt hätte sein können oder dass die ge­werb­li­che Prägung später hätte ent­fal­len sol­len. Die durch die Gründung und Ver­wal­tung der Ge­sell­schaft ver­an­lass­ten Aus­ga­ben sind dann als ne­ga­tive Einkünfte aus Ge­wer­be­be­trieb ge­son­dert und ein­heit­lich fest­zu­stel­len.

Ent­ge­gen der An­sicht des Fi­nanz­am­tes hat das FG des­halb zu­tref­fend keine Un­ter­su­chung der Einkünf­te­er­zie­lungs­ab­sicht der X-KG auf Grund­lage ei­ner an­de­ren Ein­kunfts­art als der Einkünfte aus Ge­wer­be­be­trieb vor­ge­nom­men. Für den Streit­zeit­raum hat das FG im Er­geb­nis zu­tref­fend eine Ge­winn­er­zie­lungs­ab­sicht der X-KG und da­mit sinn­gemäß auch ih­rer Ge­sell­schaf­ter be­jaht. Das FG hat keine ge­gen die Ver­mu­tung spre­chen­den Ge­sichts­punkte fest­ge­stellt, zu­mal das Fi­nanz­amt sol­che auch nicht vor­ge­tra­gen hatte. Des­halb war die Würdi­gung des FG durch den Um­stand ge­tra­gen, dass die X-KG als GmbH & Co. KG ge­werb­lich geprägt ge­we­sen war.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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