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Steuerberatung

Verluste i.S.d. § 2a Abs. 1 EStG gehen nicht auf Erben über

BFH v. 23.10.2019 - I R 23/17

Ver­blie­bene ne­ga­tive Einkünfte des Erb­las­sers aus der Ver­mie­tung ei­nes Hau­ses in der Schweiz i.S.d. § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a, Satz 5 EStG ge­hen nicht im Wege der Erb­folge auf den Er­ben über.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist Ge­samt­rechts­nach­fol­ger sei­nes 2012 ver­stor­be­nen Va­ters. Die­ser hatte bis zu sei­nem Tod Einkünfte aus der Ver­mie­tung ei­nes Hau­ses in der Schweiz er­zielt. In den Jah­ren 2002 bis 2005 hatte er Re­no­vie­run­gen durchführen las­sen, die er durch meh­rere, bis zu sei­nem Tode nicht zurück­geführte Dar­le­hen fi­nan­zierte. Zum 31.12.2011 be­tru­gen die für den Va­ter nach § 2a Abs. 1 Satz 5 EStG ge­son­dert fest­ge­stell­ten ver­blei­ben­den ne­ga­ti­ven Einkünfte 251.907 €.

Der Kläger trat als Ge­samt­rechts­nach­fol­ger in die Dar­le­hen ein und er­zielte in den Streit­jah­ren 2012 bis 2014 ei­gene (po­si­tive) Einkünfte aus der Ver­mie­tung des Hau­ses, die das Fi­nanz­amt der Be­steue­rung zu­grunde legte. Einen Aus­gleich der ver­blie­be­nen ne­ga­ti­ven Einkünfte des Va­ters mit den po­si­ti­ven Einkünf­ten des Klägers ließ das Fi­nanz­amt nicht zu. Über die des­halb ge­gen die Ein­kom­men­steu­er­be­scheide für die Streit­jahre ein­ge­leg­ten Ein­sprüche hat die Fi­nanz­behörde noch nicht ent­schie­den.

Am 6.1.2016 be­an­tragte der Kläger beim Fi­nanz­amt je­weils auf den 31.12. der Streit­jahre den Er­lass von Be­schei­den über die Fest­stel­lung der ver­blei­ben­den ne­ga­ti­ven Einkünfte aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung aus der Schweiz nach § 2a Abs. 1 Satz 5 EStG. Er war der An­sicht, die zum 31.12.2011 für den Va­ter fest­ge­stell­ten ver­blei­ben­den ne­ga­ti­ven Einkünfte seien um po­si­tive Einkünfte des Va­ters, die er bis zu sei­nem Tod er­zielt habe, zu min­dern, so dass die ver­blei­ben­den ne­ga­ti­ven Einkünfte des Va­ters zum To­des­zeit­punkt noch 202.548 € be­tra­gen hätten. Die­ser Ver­lust­vor­trag sei mit dem Tode des Va­ters auf den Kläger als Er­ben über­ge­gan­gen. Im Hin­blick auf die po­si­ti­ven Einkünfte aus der Ver­mie­tung des Hau­ses, die der Kläger er­zielt habe, ergäben sich ver­blei­bende ne­ga­tive Einkünfte i.S.d. § 2a EStG zum 31.12.2012 i.H.v. 174.630 €, zum 31.12.2013 i.H.v. 104.590 € und zum 31.12.2014 i.H.v. 45.442 €.

Das Fi­nanz­amt lehnte den Er­lass der be­gehr­ten Fest­stel­lungs­be­scheide ab. Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Klage ab.

Gründe:
Das FG ist zu Un­recht da­von aus­ge­gan­gen, dass die dem Va­ter ent­stan­de­nen und bis zu sei­nem Tod nicht ver­brauch­ten Ver­luste aus der Ver­mie­tung des Hau­ses in der Schweiz im Wege der Erb­folge auf den Kläger über­ge­gan­gen sind. Dem­gemäß wa­ren für den Kläger auch keine ver­blei­ben­den ne­ga­ti­ven Einkünfte auf den je­wei­li­gen 31. De­zem­ber der Streit­jahre nach § 2a Abs. 1 Satz 5 EStG fest­zu­stel­len.

Nach § 1922 Abs. 1 BGB geht mit dem Tode ei­ner Per­son (Erb­fall) de­ren Vermögen (Erb­schaft) als Gan­zes auf de­ren Er­ben über. Über diese zi­vil­recht­li­che Ge­samt­rechts­nach­folge hin­aus tritt nach BFH-Recht­spre­chung der Erbe so­wohl in ma­te­ri­el­ler als auch in ver­fah­rens­recht­li­cher Hin­sicht in die ab­ga­ben­recht­li­che Stel­lung des Erb­las­sers ein. Eine Aus­nahme von die­sem Grund­satz be­steht im Hin­blick auf Umstände, die die höchst­persönli­chen Verhält­nisse des Erb­las­sers be­tref­fen und unlösbar mit des­sen Per­son ver­bun­den sind. Wel­che steu­er­recht­li­chen Po­si­tio­nen in die­sem Sinne "ver­erb­lich" sind, ist un­ter Her­an­zie­hung der ma­te­ri­ell-recht­li­chen Nor­men und Prin­zi­pien des je­weils maßgeb­li­chen Ein­zel­steu­er­ge­set­zes zu be­ur­tei­len.

Der Große Se­nat des BFH hat in­so­weit er­kannt, dass der in § 10d EStG vor­ge­se­hene Ver­lust­ab­zug nicht vom Erb­las­ser auf den Er­ben über­gehe. Diese Be­ur­tei­lung be­ruht vor al­lem auf dem Ge­dan­ken, dass § 10d EStG der durch den Ver­lust ver­ur­sach­ten Min­de­rung der wirt­schaft­li­chen Leis­tungsfähig­keit Rech­nung trage und dass ein vom Erb­las­ser er­ziel­ter Ver­lust nur des­sen ei­gene wirt­schaft­li­che Leis­tungsfähig­keit, nicht aber die­je­nige des oder der Er­ben min­dere. Zu­gleich hat der Große Se­nat al­ler­dings aus­geführt, dass im Fall der "ge­spal­te­nen Tat­be­stands­ver­wirk­li­chung" an­dere Re­geln gel­ten können.

Eine sol­che "ge­spal­tene Tat­be­stands­ver­wirk­li­chung" hat der Große Se­nat u.a. dann für ge­ge­ben er­ach­tet, wenn - wie z.B. im Re­ge­lungs­be­reich des § 24 Nr. 2 letz­ter Halb­satz EStG - der Erbe den vom Erb­las­ser ein­ge­lei­te­ten Ein­kunfts­tat­be­stand ab­schließt. In die­sen und ähn­li­chen Fällen be­stehe eine "Ver­klam­me­rung von so­wohl in der Per­son des Erb­las­sers als auch in der­je­ni­gen des Er­ben je­weils teil­weise ver­wirk­lich­ten Be­steue­rungs­merk­ma­len", die es recht­fer­tige, die vom Erb­las­ser ver­wirk­lich­ten Be­steue­rungs­merk­male dem Er­ben zu­zu­rech­nen und ihn in die­sem Sinne in die steu­er­recht­li­che Po­si­tion des Erb­las­sers ein­tre­ten zu las­sen.

Das FG ist zwar von den vor­ste­hen­den Rechts­grundsätzen aus­ge­gan­gen, es hat dar­aus aber be­zo­gen auf § 2a Abs. 1 EStG rechts­feh­ler­hafte Schlüsse ge­zo­gen. Eine Fest­stel­lung ver­blei­ben­der ne­ga­ti­ver Einkünfte ge­genüber dem Kläger zum je­wei­li­gen 31.12. der Streit­jahre war da­mit aus­ge­schlos­sen und die Klage (auch) in­so­weit ab­zu­wei­sen.

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