Die Bundesregierung hat am 31.7.2019 den Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2019 beschlossen und in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht. Dabei ist u. a. geplant, als Abwehrreaktion auf die Rechtsprechung des BFH die Auffassung der Finanzverwaltung gesetzlich zu normieren, dass der Ausfall einer Kapitalforderung oder der bei Ausbuchung eines Wertpapiers oder einer Kapitalforderung entstehende Verlust im Privatvermögen steuerlich nicht (mehr) zu berücksichtigen ist. Zur Vermeidung von Umgehungsmöglichkeiten soll dies auch für die Veräußerung wertloser Wirtschaftsgüter gelten. Zwar hat sich der Bundesrat gegen eine solche Gesetzesänderung ausgesprochen. Sollte diese aber wie im Gesetzentwurf vorgesehen umgesetzt werden, besteht ggf. noch in diesem Jahr Handlungsbedarf.
Nach früherer Verwaltungspraxis waren Verluste aus dem Ausfall von Darlehen im Privatvermögen natürlicher Personen steuerlich unbeachtlich. Lediglich im Sonderfall der Darlehensgewährung durch GmbH-Gesellschafter an die Gesellschaft führte der Ausfall des Darlehens unter bestimmten Voraussetzungen zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die GmbH-Beteiligung. Diese konnten im Veräußerungs- oder Liquidationsfall zu 60 % steuerlich geltend gemacht werden.
2017 erfuhr diese Verwaltungspraxis durch die Rechtsprechung des BFH eine umfassende Änderung. Mit Urteil vom 11.7.2017 (Az. IX R 36/15) entschied er zunächst, dass infolge der Änderung des GmbH-Eigenkapitalersatzrechtes durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts vom 23.10.2008, kurz MoMiG, die bisherige Rechtsgrundlage für eine Annahme von nachträglichen Anschaffungskosten auf die GmbH-Beteiligung bei Ausfall eines Gesellschafterdarlehens entfallen und die bisher hierzu ergangenen Rechtsprechungsgrundsätze nicht mehr anzuwenden seien.
Darüber hinaus entschied er mit Urteil vom 24.10.2017 (Az. VIII R 13/15), dass entgegen der Verwaltungsauffassung seit Anwendung der Abgeltungssteuer der Verlust aus dem Ausfall eines Darlehens im Privatvermögen analog einer Veräußerung zu behandeln und daher steuerlich zu berücksichtigen ist. Folglich sind diese Verluste grundsätzlich mit sonstigen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen, bzw. im Fall eines Gesellschafterdarlehens eines mindestens zu 10 % beteiligten GmbH-Gesellschafters auch mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten, ausgleichsfähig. Im letzten Fall ergibt sich daraus eine Besserstellung zur vorherigen Rechtslage. Diese besteht vor allem darin, dass ein Verlustausgleich nunmehr in voller Höhe des Darlehensausfalls und nicht nur in einem Umfang von 60 % im Wege nachträglicher Anschaffungskosten auf die GmbH-Beteiligung möglich ist.
Nach den Plänen der Bundesregierung soll künftig die Uneinbringlichkeit eines Darlehens im Privatvermögen nicht als Veräußerung gelten und damit ein entsprechender Verlust nicht steuerlich berücksichtigt werden (§ 20 Abs. 2 Satz 3 EStG-E). Gleiches gilt für einen Verlust aus einer tatsächlichen Veräußerung einer wertlosen Forderung sowie für vergleichbare Sachverhalte. Die Regelung soll erstmalig für Darlehensausfälle bzw. Veräußerungen ab dem Veranlagungszeitraum 2020 anzuwenden sein und würde damit auch Fälle erfassen, in denen das betroffene Darlehen bereits vor diesem Zeitpunkt gewährt wurde. Ungeklärt ist, nach welchen Kriterien eine Forderung als wertlos einzustufen ist.
Für den Sonderfall der gesellschaftsrechtlich veranlassten Gesellschafterdarlehen eines GmbH-Gesellschafters soll im Gegenzug bestimmt werden, dass entsprechende Ausfallverluste (wieder) als nachträgliche Anschaffungskosten auf die GmbH-Beteiligung qualifizieren (§ 17 Abs. 2a EStG-E). Nur im Falle solcher Darlehen wäre dann noch eine steuerliche Berücksichtigung im Veräußerungs- oder Liquidationsfall im Umfang von 60 % möglich. Im Falle der Verabschiedung des Regierungsentwurfs wäre der neugeregelte Anschaffungskostenbegriff für Gesellschaftsanteilsveräußerungen bzw. -liquidationen nach dem 31.7.2019 anzuwenden. Keine Änderungen ergeben sich in Bezug auf Gesellschafterdarlehen bei gewerblichen Personengesellschaften.
Werden die geplanten Gesetzesänderungen umgesetzt, führen sie zu einer deutlichen Verschlechterung der Rechtsposition des Steuerpflichtigen bei Gewährung von Darlehen im Privatvermögen. Deshalb kann es sinnvoll sein, einen noch nicht final eingetretenen Verlust aus privaten Darlehen noch im Jahr 2019 bspw. durch Veräußerung der wertlosen Forderung zu einem symbolischen Wert zu realisieren.
Dies gilt grundsätzlich auch für die Fälle wertgeminderter Gesellschafterdarlehen. Auf Basis des Regierungsentwurfs ist derzeit jedoch die (insoweit infolge der unterschiedlichen Anwendungszeitpunkte eintretende) Konkurrenz der geplanten Neuregelungen zur Verlustberücksichtigung und zur Annahme nachträglicher Anschaffungskosten unklar. Derartige Sachverhalte sind daher jeweils im Einzelfall zu prüfen.
Für künftige Darlehen kann es sinnvoll sein, diese über ein Betriebsvermögen, bspw. eine gewerblich geprägte Personengesellschaft, zu strukturieren. Da hieraus jedoch auch negative Auswirkungen im Hinblick auf die Besteuerung der laufenden Erträge aus der Forderung resultieren können (insbesondere Tarifbesteuerung und Gewerbesteuer), kommt es auch hier auf den jeweiligen Einzelfall an.