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Steuerberatung

Verlustfeststellungsbescheid: Unmittelbare Berücksichtigung nacherklärter Veräußerungsverluste

BFH 12.6.2017, III B 144/16

Die Ände­rung ei­nes Be­schei­des über die ge­son­derte Fest­stel­lung des ver­blei­ben­den Ver­lust­vor­tra­ges ist aus­ge­schlos­sen, wenn der (nach­erklärte) Ver­lust bei der Er­mitt­lung der der Ab­gel­tung­steuer un­ter­lie­gen­den Einkünfte in der be­standskräfti­gen Ein­kom­men­steu­er­fest­set­zung nicht berück­sich­tigt wor­den ist.,

Der Sach­ver­halt:
Strei­tig war die steu­er­li­che Berück­sich­ti­gung von Auf­wen­dun­gen aus ver­fal­le­nen sog. DAX Puts im Be­scheid über die ge­son­derte Fest­stel­lung des ver­blei­ben­den Ver­lust­vor­tra­ges zum 31.12.2013. Der Kläger machte im Ein­spruchs­ver­fah­ren ge­gen die Ka­pi­tal­einkünfte be­tref­fende Ver­lust­fest­stel­lung zum 31.12.2013 erst­mals gel­tend, im Streit­jahr durch ins­ge­samt drei Wert­pa­pierkäufe (DAX Puts) einen Ver­lust von 7.060 € er­lit­ten zu ha­ben, der we­der in den Erträgnis­auf­stel­lun­gen der Bank noch in dem bei der Bank geführ­ten "Ver­lust­topf" berück­sich­tigt wor­den sei, da sich die Bank nicht für be­rech­tigt ge­hal­ten habe, die Ver­luste zu berück­sich­ti­gen. Hierzu legte er Wert­pa­pier­ab­rech­nun­gen und Aus­bu­chungs­mit­tei­lun­gen der Bank aus dem Jahr 2013 so­wie ein ent­spre­chen­des Schrei­ben der Bank vor.

Der Kläger be­an­tragte, die Ver­luste im Rah­men der ge­son­der­ten Fest­stel­lung des ver­blei­ben­den Ver­lust­vor­tra­ges zur Ein­kom­men­steuer zum 31.12.2013 gem. § 20 Abs. 6 S. 3 und 4 EStG zu berück­sich­ti­gen. Der Ein­kom­men­steu­er­be­scheid 2013 wurde for­mell be­standskräftig. Das Fi­nanz­amt wies den Ein­spruch ge­gen den Ver­lust­fest­stel­lungs­be­scheid zurück, da die vom Kläger be­gehrte Ände­rung we­gen § 10d EStG nur im Ver­fah­ren ge­gen den Ein­kom­men­steu­er­be­scheid gel­tend ge­macht wer­den könne, dies je­doch auf­grund des­sen Be­stands­kraft nicht mehr möglich sei.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Eine die erklärten Ver­luste berück­sich­ti­gende Ände­rung des Ver­lust­fest­stel­lungs­be­schei­des ist in­folge der be­standskräfti­gen Ein­kom­men­steu­er­fest­set­zung für das Streit­jahr, der die strei­ti­gen Ver­luste nicht zu Grunde la­gen, aus­ge­schlos­sen (§ 10d Abs. 4 S. 4 EStG, § 20 Abs. 6 S. 4 EStG). Es lie­gen we­der die Vor­aus­set­zun­gen für eine Ände­rung der Ein­kom­men­steu­er­fest­set­zung nach Maßgabe der Ände­rungs­vor­schrif­ten der AO noch die des § 10d Abs. 4 S. 5 EStG vor. Denn § 20 Abs. 6 S. 4 EStG ord­net die sinn­gemäße An­wen­dung des § 10d Abs. 4 EStG an.

Nach die­ser Vor­schrift sind bei der Fest­stel­lung des ver­blei­ben­den Ver­lust­vor­tra­ges die Be­steue­rungs­grund­la­gen so zu berück­sich­ti­gen, wie sie den Steu­er­fest­set­zun­gen des Ver­an­la­gungs­zeit­raums, auf des­sen Schluss der ver­blei­bende Ver­lust­vor­trag fest­ge­stellt wird, und des Ver­an­la­gungs­zeit­raums, in dem ein Ver­lustrück­trag vor­ge­nom­men wer­den kann, zu Grunde ge­legt wor­den sind. Da­bei dürfen die Be­steue­rungs­grund­la­gen bei der Fest­stel­lung des ge­son­der­ten Ver­lust­vor­tra­ges nur in­so­weit ab­wei­chend von der Ein­kom­men­steu­er­fest­set­zung berück­sich­tigt wer­den, wie die Auf­he­bung, Ände­rung oder Be­rich­ti­gung der Steu­er­be­scheide aus­schließlich man­gels Aus­wir­kung auf die Höhe der fest­zu­set­zen­den Steuer un­ter­bleibt (§ 10d Abs. 4 S. 5 EStG).

Für die der ta­rif­li­chen Ein­kom­men­steuer un­ter­lie­gen­den Einkünfte wird mit der Re­ge­lung des § 10d Abs. 4 S. 4 EStG eine in­halt­li­che Bin­dung des Ver­lust­fest­stel­lungs­be­schei­des an den Ein­kom­men­steu­er­be­scheid er­reicht, ob­wohl die­ser kein Grund­la­gen­be­scheid ist. Dar­aus folgt, dass im Fest­stel­lungs­ver­fah­ren des ver­blei­ben­den Ver­lust­vor­tra­ges die Einkünfte nicht ei­genständig zu er­mit­teln bzw. zu überprüfen sind. Die aus § 10d Abs. 4 S. 4 EStG fol­gende Bin­dungs­wir­kung setzt al­ler­dings vor­aus, dass eine Ein­kom­men­steu­er­ver­an­la­gung (ggf. mit ei­ner fest­zu­set­zen­den Steuer von 0 €) durch­geführt wor­den ist. Dem­ent­spre­chend muss der Steu­er­pflich­tige seine Ein­wen­dun­gen ge­gen aus sei­ner Sicht un­zu­tref­fende Be­steue­rungs­grund­la­gen im Rah­men ei­nes Ein­spruchs ge­gen den Ein­kom­men­steu­er­be­scheid gel­tend ma­chen.

Wird der Ein­kom­men­steu­er­be­scheid be­standskräftig und berück­sich­tigt er kei­nen Ver­lust, kommt eine Ver­lust­fest­stel­lung nur noch in Be­tracht, wenn und so­weit der Steu­er­be­scheid des Ver­lus­tent­ste­hungs­jah­res nach den Vor­schrif­ten der AO (§§ 164 f. AO, §§ 172 ff. AO) änder­bar ist bzw. die Vor­aus­set­zun­gen des § 10d Abs. 4 S. 5 EStG ge­ge­ben sind. § 10d Abs. 4 S. 5 EStG enthält eine Aus­nahme von der "in­halt­li­chen Bin­dungs­wir­kung" des Ein­kom­men­steu­er­be­schei­des für jene Fälle, in de­nen zwar die ver­fah­rens­recht­li­chen Ände­rungs­vor­aus­set­zun­gen für die Ein­kom­men­steu­er­fest­set­zung vor­lie­gen, die Ände­rung des Ein­kom­men­steu­er­be­schei­des aber al­lein man­gels Aus­wir­kung auf die Steu­er­fest­set­zung un­ter­bleibt. Lie­gen die ver­fah­rens­recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für die Ände­rung der Ein­kom­men­steu­er­fest­set­zung da­ge­gen nicht vor, ist § 10d Abs. 4 S. 5 EStG nicht an­wend­bar.

Die vor­ste­hen­den Grundsätze gel­ten für den Be­reich der Einkünfte aus Ka­pi­tal­vermögen sinn­gemäß (§ 20 Abs. 6 S. 4 EStG). Hier­aus folgt nicht nur, dass gem. § 20 Abs. 6 EStG nicht ver­re­chen­bare und vor­zu­tra­gende Ver­luste ge­son­dert fest­zu­stel­len sind, son­dern auch, dass dies un­ter Be­ach­tung der Be­son­der­hei­ten zu er­fol­gen hat, die für die der Ab­gel­tung­steuer (§ 32d Abs. 1 EStG) un­ter­lie­gen­den Einkünfte aus Ka­pi­tal­vermögen gel­ten. Kon­kret be­deu­tet dies, dass die Höhe ent­spre­chen­der Ver­luste grundsätz­lich im Rah­men der Ein­kom­men­steu­er­ver­an­la­gung des Ver­lus­tent­ste­hungs­jah­res zu er­mit­teln und nur im Rah­men ei­nes ge­gen diese Ein­kom­men­steu­er­fest­set­zung geführ­ten Ein­spruchs­ver­fah­rens zu überprüfen ist. Ein Ver­lust­vor­trag kommt mit­hin nur in Be­tracht, wenn ein Ver­lust bei der Er­mitt­lung der der Ab­gel­tung­steuer un­ter­lie­gen­den Einkünfte im Ein­kom­men­steu­er­be­scheid des Ver­lus­tent­ste­hungs­jah­res berück­sich­tigt wor­den ist oder - wenn dies nicht der Fall ist - eine Ände­rung des be­standskräfti­gen Ein­kom­men­steu­er­be­schei­des des Ver­lus­tent­ste­hungs­jah­res nach Maßgabe der Re­ge­lun­gen der AO noch möglich ist bzw. die Vor­aus­set­zun­gen des § 10d Abs. 4 S. 5 EStG vor­lie­gen. Da diese Vor­aus­set­zun­gen im Streit­fall nicht vor­la­gen, schied der vom Klägern be­gehrte Ver­lust­vor­trag aus.

Link­hin­weis:

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