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Rechtsberatung

Vermeidung einer Irreführungsgefahr durch Sternchenzusatz

OLG Frankfurt a.M. v. 8.11.2018, 6 U 77/18

Der durch eine Blick­fang­wer­bung begründe­ten Ir­reführungs­ge­fahr kann durch einen "Stern­chen­zu­satz" ent­ge­gen­ge­wirkt wer­den, so­fern der Zu­satz leicht auf­find­bar, gut les­bar und in­halt­lich klar ist. Eine Täuschung der Ver­brau­cher wird ins­be­son­dere durch die Auflösung des Stern­chen­hin­wei­ses, die sich im glei­chen Kas­ten fin­det, na­hezu aus­ge­schlos­sen.

Der Sach­ver­halt:

Beide Par­teien be­trei­ben Mo­bil­funk­netze in Deutsch­land. Die An­trags­geg­ne­rin bie­tet auf ih­rer In­ter­net­seite Ver­brau­chern die Möglich­keit an, sich über die Verfügbar­keit ih­rer Mo­bil­funk­dienst­leis­tun­gen zu in­for­mie­ren. Un­ter der Hauptüber­schrift "Netz­ab­de­ckung: So gut ist un­ser Mo­bil­funk­netz" fand sich eine Deutsch­land­karte, auf der zwi­schen den Rei­tern "4G (LTE)", "3G und "2G" gewählt wer­den konnte.

Bei Auf­ruf der Seite wies die Deutsch­land­karte Färbun­gen für alle drei Netz­al­ter­na­ti­ven auf (rot-vio­lett-gelb). Wur­den alle drei Rei­ter per Maus­klick de­ak­ti­viert, er­schien eine weiße Karte. De­ak­ti­vierte ein Nut­zer die vor­ak­ti­vier­ten Rei­ter "2G" und "3G", er­schien eine rot gefärbte Deutsch­land­karte. Bei Berühren des Rei­ters "4G (LTE)" er­schien im Wege des Mouse-over-ef­fects ein Kas­ten, der die An­gabe "Ma­xi­mal-Ge­schwin­dig­keit: 500 Mbit/s*" be­inhal­tete. In der Auflösung des Stern­chen­hin­wei­ses, die sich im glei­chen Kas­ten fand, hieß es wie folgt:

"* Deine Band­breite hängt z.B. von Dei­nem Stand­ort und Dei­nem Gerät ab. Oder ob meh­rere Leute gleich­zei­tig Deine Funk­zelle nut­zen. Die Ma­xi­mal­werte er­reichst Du nur un­ter op­ti­ma­len Be­din­gun­gen. Und ak­tu­ell nur an ein­zel­nen Stand­or­ten in Deutsch­land."

Der An­trag­stel­ler hielt diese Wer­be­an­gabe für ir­reführend. Das LG der An­trags­geg­ne­rin u.a. un­ter­sagt, mit ei­ner Dar­stel­lung der Mo­bil­funk­netz­ab­de­ckung, zu wer­ben und/oder wer­ben zu las­sen. Auf die Be­ru­fung des An­trag­geg­ners har das OLG das Ur­teil auf­ge­ho­ben und den An­trag auf Er­lass ei­ner einst­wei­li­gen Verfügung zurück­ge­wie­sen. Die Ent­schei­dung ist rechtskräftig.

Die Gründe:

Der An­trag­stel­le­rin steht ge­gen die An­trags­geg­ne­rin kein An­spruch aus §§ 3, 5 Abs. 1, 8 Abs. 1, 3 Nr. 1 UWG auf Un­ter­las­sung zu. Die Ver­brau­cher wer­den mit der an­ge­grif­fe­nen Wer­bung nicht über die flächen­de­ckende Verfügbar­keit ei­ner Da­tenüber­tra­gungs­rate von bis zu 500Mbit/s in die Irre geführt.

Die In­ter­net­seite ist mit der Hauptüber­schrift "Netz­ab­de­ckung: So gut ist un­ser Mo­bil­funk­netz" ver­se­hen. Dar­un­ter ist eine Deutsch­land­karte ein­ge­blen­det, die je nach­dem, wel­che Häkchen bei den Netz­al­ter­na­ti­ven 4G, 3G oder 2G ak­ti­viert sind, un­ter­schied­li­che Einfärbun­gen auf­weist. Eine An­gabe zur Über­tra­gungs­ge­schwin­dig­keit er­folgt auf die­ser Seite nicht stets. Erst wenn der Nut­zer den Cur­sor auf den Rei­ter "4G (LTE)" lenkt, er­scheint im Wege des Mouse-over-ef­fects ein drop-down-Kas­ten, der die An­gabe "Ma­xi­mal-Ge­schwin­dig­keit: 500 Mbit/s*" be­inhal­tet. Bei die­ser Sach­lage ver­steht der Ver­brau­cher die rote Färbung nicht ohne wei­te­res als Hin­weis auf die verfügbare Über­tra­gungs­ge­schwin­dig­keit. Er er­kennt viel­mehr, dass die rote Färbung all­ge­mein einen Hin­weis auf das Ge­biet der Netz­ab­de­ckung, na­ment­lich das 4G-LTE-Netz gibt.

Auch im Fall des Er­schei­nens des drop-down-Kas­tens un­ter­liegt der Ver­kehr kei­ner Ir­reführung über die flächen­de­ckende Verfügbar­keit der Über­tra­gungs­ge­schwin­dig­keit. Be­trach­tet man die An­gabe "Ma­xi­mal-Ge­schwin­dig­keit: 500Mbit/s*" iso­liert, kann zwar der Ein­druck ent­ste­hen, die­ser Wert sei an al­len Or­ten, die auf der Karte rot ein­gefärbt sind, zu­min­dest un­ter op­ti­ma­len Be­din­gun­gen er­reich­bar, was nicht den Tat­sa­chen ent­spricht. Eine Täuschung der Ver­brau­cher wird je­doch durch die Auflösung des Stern­chen­hin­wei­ses, die sich im glei­chen Kas­ten fin­det, na­hezu aus­ge­schlos­sen. In Fällen, in de­nen eine blick­fangmäßig her­aus­ge­stellte An­gabe in ei­ner Wer­bung bei iso­lier­ter Be­trach­tung eine feh­ler­hafte Vor­stel­lung ver­mit­telt, kann der da­durch ver­an­lasste Irr­tum re­gelmäßig durch einen kla­ren und un­miss­verständ­li­chen Hin­weis aus­ge­schlos­sen wer­den, der selbst am Blick­fang teil­hat. Die­sen An­for­de­run­gen genügt der Hin­weis im vor­lie­gen­den Fall.

Die An­trag­stel­le­rin kann ihr Un­ter­las­sungs­be­geh­ren aus pro­zes­sua­len Gründen auch nicht mit Er­folg auf den As­pekt stützen, Über­tra­gungs­ra­ten von bis zu 500 Mbit/s seien im Netz der An­trags­geg­ne­rin der Höhe nach über­haupt nicht rea­li­sier­bar. Die An­trag­stel­le­rin hat ih­ren Un­ter­las­sungs­an­trag in der An­trags­schrift nicht auf die­sen Ir­reführungs­as­pekt gestützt. Sie hat zwar in Ab­rede ge­stellt und "vor­sorg­lich" be­strit­ten, dass Kun­den tatsäch­lich eine Über­tra­gungs­ge­schwin­dig­keit von bis zu 500 Mbit/s er­hal­ten. Den Ir­reführungs­vor­wurf hat sie je­doch nur mit der an­geb­lich er­zeug­ten Fehl­vor­stel­lung begründet, diese Ge­schwin­dig­keit sei na­hezu flächen­de­ckend in Deutsch­land verfügbar.

Die schlüssige Dar­le­gung ei­nes Ir­reführungs­ge­sichts­punkts setzt Vor­trag dazu vor­aus, durch wel­che An­gabe wel­cher kon­krete Ver­kehrs­kreis an­ge­spro­chen wird, wel­che Vor­stel­lun­gen die An­gabe bei die­sem an­ge­spro­che­nen Ver­kehrs­kreis aus­gelöst hat, wa­rum diese Vor­stel­lung un­wahr ist und dass die so kon­kre­ti­sierte Fehl­vor­stel­lung ge­eig­net ist, den Ver­brau­cher oder sons­ti­gen Markt­teil­neh­mer zu ei­ner ge­schäft­li­chen Ent­schei­dung zu ver­an­las­sen, die er an­de­ren­falls nicht ge­trof­fen hätte. Hierzu fehl­ten - so­weit es um Er­reich­bar­keit der be­wor­be­nen Über­tra­gungs­rate im All­ge­mei­nen geht - nähere Ausführun­gen in der An­trags­schrift.

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