Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist seit 1980 Eigentümerin eines um 1900 errichteten ca. 88 qm großen Einfamilienhauses. Dort wohnte sie bis 1992 gemeinsam mit ihrem im Jahr 2010 verstorbenen Ehemann. Das Gebäude war nicht an die öffentliche Abwasserentsorgung angeschlossen und verfügte weder über eine Toilette noch über ein Bad, sondern lediglich über eine Sitzgrube und einen Brunnen im Hof. Die Dacheindeckung war erneuerungsbedürftig. Nachdem die Klägerin und ihr Ehemann arbeitslos geworden waren, zogen sie 1993 um, blieben aber weiterhin am alten Wohnsitz gemeldet.
Seit 2011 nutzte die Klägerin das Grundstück wieder zu eigenen Wohnzwecken. In ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 1996 bis 2007 machte die Klägerin Werbungskostenüberschüsse aus der beabsichtigten Vermietung des Grundstücks geltend. Das Finanzamt erfasste die negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zunächst erklärungsgemäß. Mit Bescheid für 1999 kündigte es jedoch an, in Zukunft keine Aufwendungen mehr anzuerkennen, wenn im Jahr 2000 nicht ein Mietvertrag geschlossen werde. Mit Bescheid vom 25.7.2000 berichtigte das Finanzamt den ursprünglichen Bescheid nach § 129 AO. Die Vorläufigkeit blieb bestehen. Am 16.10.2001 änderte es den Bescheid nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO. In diesem Änderungsbescheid fehlte die Anordnung der Vorläufigkeit hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Am 23.10.2008 änderte das Finanzamt die Bescheide für 1996 bis 2005 nach § 165 Abs. 2 S. 1 AO und berücksichtigte die Werbungskostenüberschüsse nicht mehr. Es führte aus, es habe von Anfang an keine Vermietungsabsicht vorgelegen.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auch die Revision vor dem BFH blieb erfolglos.
Gründe:
Das FG hatte entschieden, die von der Klägerin behauptete Vermietungsabsicht habe in keinem Jahr festgestellt werden können. Zur Begründung hatte es u.a. ausgeführt, die objektiven Umstände erlaubten keinen sicheren Schluss auf das Vorliegen der Absicht; verbleibende Zweifel gingen insofern zu Lasten der Klägerin. Insbesondere habe die Klägerin in Anbetracht des zeitlichen Ablaufs (Renovierung von 1994 bis 2006) nicht zielgerichtet genug auf die Vermietung hingewirkt. Außerdem seien die seit 2004 entfalteten Vermietungsbemühungen nicht ausreichend. Auf den mangelnden Vermietungserfolg habe die Klägerin nicht reagiert. Diese tatsächliche Würdigung war zumindest möglich.
Die wegen fehlender Anknüpfungstatsachen bestehende Ungewissheit hinsichtlich der behaupteten Vermietungsabsicht ist nicht i.S.v. § 171 Abs. 8 AO beseitigt, solange eine zukünftige Vermietung nicht ausgeschlossen ist und der Steuerpflichtige Maßnahmen ergreift, die darauf gerichtet sind, die Vermietung zu ermöglichen oder zu fördern. Das Finanzamt ist bei ungewisser Vermietungsabsicht zur Änderung einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 2 S. 1 AO auch dann befugt, wenn sich eine neue Tatsachenlage allein durch Zeitablauf ergeben hat. Kommt es über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren nicht zu der angeblich beabsichtigten Vermietung, ist es regelmäßig nicht zu beanstanden, wenn die Vermietungsabsicht verneint wird.
Dies zugrunde gelegt, hatte das FG im Streitfall allein aufgrund des Zeitablaufs die Änderungsbefugnis des Finanzamtes ohne Rechtsfehler bejaht. Zwischen dem Beginn der steuerlich geltend gemachten Sanierungsarbeiten im Jahr 1994 und der Änderung der insoweit vorläufigen Einkommensteuerbescheide (im Jahr 2008) lag ein Zeitraum von mehr als zehn Jahren, innerhalb dessen es nicht zu einer Vermietung gekommen war. Weiterer tatsächlicher Feststellungen bedurfte es bei dieser Sachlage nicht. Soweit die Klägerin meinte, das Finanzamt habe die Änderungsbefugnis unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben verwirkt, fehlten hierfür jegliche Anhaltspunkte.
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