Der Sachverhalt:
Der Kläger ist aufgrund notariellen Testaments von Februar 2005 Alleinerbe der 1906 geborenen und im Juli 2009 verstorbenen Erblasserin (E). E hatte als Stifterin im Jahr 1999 Vermögen auf eine neu gegründete Stiftung übertragen. Die Stiftung war mit Statut von Februar 1999, geändert im Juni 2009, als unbefristete Stiftung i.S.d. Art. 552 ff. des liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrechts (PGR) mit Sitz in Vaduz, Liechtenstein, errichtet worden. Zweck der Stiftung war die Ausrichtung von Beiträgen zugunsten Angehöriger bestimmter Familien, nach dem Tod der Erstbegünstigten, der E, jedoch ausschließlich die Ausrichtung von Beiträgen an Projekten des O. Der von der Stifterin bestellte Stiftungsrat konnte in Beistatuten Begünstigte bestimmen, ferner einstimmig die Statuten ändern und die Stiftung in eine andere Rechtsform umwandeln oder auflösen. Aus einer späteren Bestätigung der Mitglieder des Stiftungsrates ergibt sich, dass der Stiftungsrat im Rahmen der Mandatsausübung in vollem Umfang an die Anweisungen der E gebunden und nicht zu einer selbständigen Ausübung des Mandats berechtigt war.
In dem Statut von Juni 2009 war geregelt, dass ergänzend Ausschüttungen an natürliche und juristische Personen außerhalb des genannten Familienkreises vorgenommen werden konnten. Die Stifterin konnte im Rahmen des Beistatuts oder eines Reglements konkrete und verbindliche Kriterien für die dem Stiftungsrat obliegende Verwaltung des Stiftungsvermögens festlegen. Sie konnte die Statuten und Beistatuten jederzeit abändern sowie die Stiftung jederzeit ohne Angabe von Gründen widerrufen. Mit Beistatut von Juni 2009 bestimmte der Stiftungsrat der Stiftung die E jeweils zur Erstbegünstigten. Nach deren Tode waren Beträge für den Kurator sowie für den Tierschutz vorgesehen. Begünstigter des restlichen Vermögens war der Kläger. Das Beistatut war zu Lebzeiten der E widerruflich und nach deren Tode unwiderruflich.
Die aus der Stiftung von 1999 bis 2008 erzielten Erträge hatte die Erblasserin bei der Einkommensteuer nicht erklärt. Dies holte der Kläger nach ihrem Tode im August 2009 nach. Zudem gab er im Januar 2010 eine Erbschaftsteuererklärung ab. Er wies darin auf das Stiftungsvermögen in Liechtenstein hin und vertrat die Auffassung, es läge eine von der Stifterin beherrschte abhängige Stiftung i.S.d. Urteils des BFH vom 28.6.2007 (II R 21/05) vor, deren Vermögen der Stifterin zuzurechnen sei. Seine auf den Stiftungsstatuten beruhende Begünstigung führe jedoch nicht zu einem steuerpflichtigen Vorgang gem. § 1 ErbStG. Das Finanzamt hielt das Vermögen der Stiftung - nach Abzug der Beträge für den Kurator und den Tierschutz - für einen Teil des Nachlasses und setzte die Erbschaftsteuer auf dieser Grundlage gegen den Kläger fest.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision des Klägers hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass das dem Kläger zustehende (restliche) Stiftungsvermögen der Erbschaftsteuer unterliegt. Die vom Kläger insoweit erworbene Forderung der E gegen die Stiftung auf Auskehrung deren Vermögens ist Teil seines steuerpflichtigen Erwerbs von Todes wegen.
Der Erbschaftsteuer unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 ErbStG der Erwerb von Todes wegen. Als Erwerb von Todes wegen gilt gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG u.a. der Erwerb durch Erbanfall nach § 1922 BGB. Der steuerrechtliche Erwerb tritt grundsätzlich in der Person desjenigen ein, der auch zivilrechtlich Erwerber ist. Ist der Erblasser zur Zeit seines Todes ein Inländer, der nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a ErbStG im Inland einen Wohnsitz hatte, wird die Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG begründet. Bei einem Erbanfall mit Auslandsberührung ist auf der Grundlage zivilrechtlicher Vorschriften zu entscheiden, welches nationale Recht für den Erbanfall maßgebend ist und ob ein im Ausland befindlicher Vermögensgegenstand zum Nachlassvermögen gehört, der durch den Erbanfall auf den Erben übergeht. Nach § 1922 i.V.m. § 1942 BGB geht das vererbbare Vermögen (Erbschaft) im Wege der Gesamtrechtsnachfolge als Ganzes auf den oder die Erben über. Die Universalsukzession ist nicht disponibel. Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ist insoweit ausgeschlossen.
Das Vermögen einer intransparenten, wirksam gegründeten und rechtlich selbständigen Stiftung ist dem Stifter nicht mehr zuzurechnen und kann schon deshalb nach inländischem Erbrecht - unabhängig von dem ausländischen Personalstatut der Stiftung - nicht mehr der gesetzlichen Erbfolge oder einer Verfügung von Todes wegen unterliegen. Vermögenswerte, die zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr zum Vermögen des Erblassers gehören, sind kein Nachlassvermögen und der letztwilligen Verfügung des Erblassers entzogen. Ist einer Stiftung vor dem Erbfall tatsächlich und rechtlich wirksam Vermögen zugeflossen, ist es nur noch der Stiftung zuzuordnen. Der Tod des Stifters ist insoweit erbschaftsteuerrechtlich nicht von Bedeutung.
Sind jedoch - wie hier - nach den getroffenen Vereinbarungen und Regelungen dem Stifter umfassende Herrschaftsbefugnisse über das Vermögen einer ausländischen Stiftung vorbehalten, so dass die Stiftung gehindert ist, über das ihr übertragene Vermögen dem Stifter gegenüber tatsächlich und frei zu verfügen, ist das Vermögen weiterhin dem Stifter zuzurechnen. Herrschaftsbefugnisse in diesem Sinne ergeben sich z.B. durch den Vorbehalt des Stifters in Bezug auf die Entscheidungen über die Anlage und Verwendung des Vermögens, die Möglichkeit, ganz oder teilweise die Rückübertragung des Vermögens zu verlangen, und die Weisungsunterworfenheit der Stiftung und ihrer Organe gegenüber dem Stifter. Der Stifter kann aufgrund seiner Befugnisse über das Vermögen der Stiftung wie über ein eigenes Bankguthaben verfügen. Dies gilt mangels Änderungen der Vereinbarungen oder anderweitiger Zwischenverfügungen bis zum Todeszeitpunkt.
Vom maßgeblichen Erbstatut ist die kollisionsrechtlich gesondert anzuknüpfende Vorfrage zu unterscheiden, ob ein Recht nach dem Tode des Erblassers noch vorhanden ist und einen Nachlassgegenstand darstellt. Ob Rechte, die ihren Grund im Stiftungsrecht haben, dem Grunde nach vererblich sind, richtet sich nach dem Personalstatut der Stiftung. Dieses Personalstatut ist maßgeblich für die Entscheidung, ob das Vermögen der Stiftung vererbbar i.S.d. § 1922 BGB ist. Eine Vererbung des Stiftungsvermögens kommt nur in Betracht, wenn dieses in Durchbrechung des Trennungsprinzips zunächst dem Stifter aufgrund der ihm zustehenden Herrschaftsbefugnisse zuzurechnen war. Weitere Voraussetzung ist, dass die Herrschaftsbefugnisse des Stifters ebenfalls vererbt werden können und deshalb beim Ableben des Stifters auf dessen Erben übergehen. Sind die Herrschaftsbefugnisse vererblich, tritt der Erbe damit auch bzgl. des Stiftungsvermögens in die Rechtsstellung des Stifters ein. Das Stiftungsvermögen gehört in einem solchen Fall grundsätzlich zum Nachlassvermögen des Stifters i.S.d. § 1922 BGB.
Personalstatut der Stiftung war im Streitfall das Recht des Fürstentums Liechtenstein. Nach liechtensteinischem Recht richtet sich nicht nur die Wirksamkeit der Gründung der Stiftung, sondern auch die Vererblichkeit stiftungsrechtlicher Rechte und Pflichten. Das gilt sowohl für eine intransparente, also rechtlich selbständige Stiftung mit eigenem Stiftungsvermögen als auch für eine transparente Stiftung, deren Vermögen wegen Durchbrechung des Trennungsprinzips dem Stifter zuzurechnen ist. Das FG hat vorliegend zu Recht entschieden, dass der als Alleinerbe erworbene Anspruch gegen die Stiftung auf Auskehrung des Stiftungsvermögens zu dem der Erbschaftsteuer unterliegenden Erwerb von Todes wegen gehört. Denn beim Ableben des Stifters ist der Kläger als Alleinerbe nach § 1922 BGB in seine Rechtsposition eingetreten. Die bzgl. der Stiftung bestehenden Herrschaftsbefugnisse sind auf den Kläger im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergegangen.
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