Von der Sonderregelung erfasstes Vermögen
Laut Urteil des BFH vom 29.09.2021 (Az. IX R 11/19, DStR 2022, S. 28) ist die Übertragung von Vermögen gegen Versorgungsleistungen nur dann als unentgeltlich zu werten und damit der Sonderausgabenabzug zu gewähren, wenn das Vermögen in den Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG fällt. Die Übertragung von nach dieser Vorschrift nicht begünstigtem Vermögen gegen Versorgungsleistungen stellt hingegen ertragsteuerlich eine (teil)entgeltliche Leistung dar.
Im Streitfall wurde ein vermietetes Mehrfamilienhaus aus dem Privatvermögen gegen Zahlung einer Leibrente übertragen. Da es sich hierbei um nicht begünstigtes Vermögen handelt, sind die vereinbarten Zahlungen nach Auffassung des BFH in Höhe des Barwerts als Anschaffungskosten des Mehrfamilienhauses und in Höhe des nach § 22 Abs. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG ermittelten Zinsanteils als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften zu berücksichtigen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den nur anteiligen Sofortabzug als Werbungskosten gegenüber dem vollen Sonderausgabenabzug bei einer Vermögensübertragung nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG weist der BFH zurück.
Hinweis: Damit stimmt der BFH - anders als die Vorinstanz - der Finanzverwaltung zu, die bereits seit geraumer Zeit bei der Übertragung von nicht nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG (bzw. vorgehend § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a. F.) begünstigtem Vermögen gegen Versorgungsleistungen von einer (teil)entgeltlichen Übertragung ausgeht (BMF-Schreiben vom 11.03.2010, BStBl. I 2010, S. 277, Tz. 57 und 65).
Kriterium der dauernden Last bei Altverträgen
Nach der bis 2014 geltenden Fassung der Regelung zur Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a. F. war der Sonderausgabenabzug in voller Höhe nur zu gewähren, wenn eine dauernde Last vereinbart wurde. Dazu entschied der BFH mit Urteil vom 16.06.2021 (Az. X R 31/20, DStR 2021, S. 2884), dass wiederkehrende Barleistungen, die im Zusammenhang mit einer vor dem 01.01.2008 abgeschlossenen Vermögensübertragung vereinbart wurden, dauernde Lasten darstellen, sofern sie änderbar sind.
In dem Urteilsfall wurde im Jahr 2004 ein landwirtschaftlicher Betrieb gegen Versorgungsleistungen von den Eltern im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge an ihren Sohn übergeben. Neben der Einräumung eines Wohnrechts verpflichtete sich der Sohn, einen monatlichen Betrag in Höhe von 1.000 Euro als dauernde Last zu zahlen. Bei Änderung der Verhältnisse im wesentlichen Umfang konnte jeder Vertragsteil eine entsprechende Abänderung des Geldbetrages verlangen, wobei hierfür insb. die Leistungsfähigkeit des Erwerbers und die Bedürftigkeit der Eltern maßgeblich waren. Änderungen in der Bedürftigkeit der Eltern, die durch Wegzug aus ihrer Wohnung bedingt sind, blieben dabei außer Betracht.
Der BFH bejahte den Abzug als dauernde Last in vollem Umfang, da die Versorgungsleistungen abänderbar vereinbart worden seien. Davon sei im Streitfall auszugehen, da die Möglichkeit eingeräumt wurde, die Versorgungsleistung im Falle der Pflegebedürftigkeit anzupassen. Dauernde Lasten lägen auch dann vor, wenn die Abänderbarkeit der Leistungen in Fällen eines pflegebedingten Mehrbedarfs zwar eingeschränkt wird, für die Anwendung der Abänderungsklausel aber noch ein relevanter Anwendungsbereich verbleibt. Im Urteilfall könne die Anpassungsklausel bei Mehrbedarf der Eltern wegen dauernder Pflegebedürftigkeit zumindest dann zum Tragen kommen, wenn sie nicht aus der Wohnung ausziehen. Diese begrenzte Abänderbarkeit lässt der BFH hier genügen. Zu diesem Ergebnis kommt der BFH zumindest in Fällen, in denen der Übergabevertrag vor dem 01.01.2008 abgeschlossen wurde.
Hinweis: In einem weiteren Urteil die bis 2014 geltenden Regelungen betrifft, kommt der BFH zu dem Ergebnis, dass der Abzug von Versorgungsleistungen als Sonderausgaben nicht allein deshalb zu versagen sei, weil die tatsächlich durchgeführten Zahlungen nicht den konkreten Vereinbarungen des zugrundeliegenden Versorgungsvertrags entsprechen. Da bei Versorgungsverträgen die Abänderbarkeit bereits aus der Rechtsnatur des Vertrags folge, sei letztlich entscheidend, ob aus dem Abweichen von den vertraglichen Vereinbarungen geschlossen werden könne, dass die Parteien nicht den erforderlichen Rechtsbindungswillen haben. Ein schlichtes Vergessen der Zahlungen sieht der BFH jedoch als unschädlich an (Urteil vom 16.06.2021, Az. X R 3/20, DStR 2022, S. 32).