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Steuerberatung

Vermögensverwaltender Versicherungsvertrag

BFH v. 26.3.2019 - VIII R 36/15

Die Möglich­keit des Be­rech­tig­ten ei­ner Le­bens­ver­si­che­rung, de­ren Ver­si­che­rungs­leis­tung von der Wert­ent­wick­lung ei­nes An­la­ge­stocks abhängt, aus meh­re­ren stan­dar­di­sier­ten An­la­ge­stra­te­gien zu wählen, begründet al­lein keine mit­tel­bare Dis­po­si­ti­ons­be­fug­nis i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 5 EStG.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin hatte im Jahr 2007 auf Ver­mitt­lung der X-AG, bei der sie ein Wert­pa­pier­de­pot un­ter­hielt, eine le­bensläng­li­che To­des­fall­ver­si­che­rung mit Ein­malprämie bei der Y-AG ab­ge­schlos­sen. Der Spa­ran­teil der Ver­si­che­rungsprämie i.H.v. 1,2 Mio. € wurde von der Kläge­rin mit­tels Banküber­wei­sung ge­zahlt. Er wurde in ver­schie­dene Vermögens­werte in­ves­tiert, die in einem be­stimm­ten, dem Ver­si­che­rungs­ver­trag zu­ge­ord­ne­ten De­pot­konto ge­hal­ten wur­den. Die Ver­si­che­rungs­leis­tung war, ab­ge­se­hen von ei­ner Min­dest­to­des­fall­leis­tung, an die Wert­ent­wick­lung des De­pots ge­bun­den.

Die All­ge­mei­nen Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen (AVB) ent­hiel­ten u.a. fol­gende Re­ge­lun­gen: Der Ver­si­che­rungs­neh­mer konnte die An­la­ge­stra­te­gie während der Ver­trags­dauer be­lie­big oft, kos­ten­frei bis zu vier­mal jähr­lich, ändern. Der Ver­si­che­rungs­neh­mer hatte während der Ver­trags­dauer kei­nen di­rek­ten Ein­fluss auf die Aus­wahl und Ver­wal­tung der dem Ver­si­che­rungs­ver­trag zu­zu­ord­nen­den Vermögens­werte. Er konnte ins­be­son­dere we­der un­mit­tel­bar noch mit­tel­bar über die Veräußerung der Vermögens­ge­genstände und die Wie­der­an­lage der Erlöse be­stim­men. Die X-AG wurde von der Y-AG als Vermögens­ver­wal­ter be­stimmt. Ein Wahl­recht, ein Rechts­an­spruch oder ein Wei­sungs­recht des Ver­si­che­rungs­neh­mers auf Be­auf­tra­gung ei­nes be­stimm­ten Vermögens­ver­wal­ters oder ei­ner be­stimm­ten De­pot­bank be­stand nicht. An­la­ge­ent­schei­dun­gen wur­den aus­schließlich vom be­auf­trag­ten Vermögens­ver­wal­ter ge­trof­fen.

Das Fi­nanz­amt war der An­sicht, dass es sich bei der Ver­si­che­rung um eine vermögens­ver­wal­tende Ver­si­che­rung i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 5 EStG han­dele. Die dar­aus er­ziel­ten Erträge seien des­halb im Streit­jahr 2011 un­mit­tel­bar der Kläge­rin zu­zu­rech­nen. Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes blieb vor dem BFH er­folg­los.

Gründe:
Das FG ist rechts­feh­ler­frei da­von aus­ge­gan­gen, dass kein vermögens­ver­wal­ten­der Ver­si­che­rungs­ver­trag i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 5 EStG vor­liegt. Die Erträge aus dem An­la­ge­stock sind da­her im Streit­jahr nicht der Kläge­rin zu­zu­rech­nen und von die­ser nicht zu ver­steu­ern.

Es fehlte an der Vor­aus­set­zung, dass die Kläge­rin als wirt­schaft­lich Be­rech­tigte des Ver­si­che­rungs­ver­tra­ges un­mit­tel­bar oder mit­tel­bar über die Veräußerung der Vermögens­ge­genstände und die Wie­der­an­lage der Erlöse be­stim­men konnte. Eine un­mit­tel­bare Dis­po­si­ti­onsmöglich­keit i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 5 EStG be­steht, wenn der Be­rech­tigte selbst un­mit­tel­bar über die Vermögens­ge­genstände verfügen kann. Darüber hin­aus begründet ein Wei­sungs­recht des Be­rech­tig­ten ge­genüber dem Ver­si­che­rungs­un­ter­neh­men oder dem Vermögens­ver­wal­ter eine un­mit­tel­bare je­den­falls aber eine mit­tel­bare Dis­po­si­ti­onsmöglich­keit. Ein sol­ches Wei­sungs­recht be­steht nicht le­dig­lich in den Fällen, in de­nen dies ver­trag­lich zwi­schen den Be­tei­lig­ten ver­ein­bart ist, son­dern kann - nach den all­ge­mei­nen steu­er­li­chen Grundsätzen (vgl. § 41 AO) - auch auf tatsäch­li­cher Grund­lage be­ru­hen. In al­len die­sen Fällen be­stimmt der Be­rech­tigte als Herr des Ge­sche­hens die Aus­wahl der kon­kre­ten Ka­pi­tal­an­la­gen.

Nach den Fest­stel­lun­gen des FG wa­ren der steu­er­li­chen Be­ur­tei­lung des Ver­si­che­rungs­ver­trags im Streit­jahr die AVB vom 1.12.2008 zu­grunde zu le­gen. Da­nach hatte die Kläge­rin kein ver­bind­li­ches (recht­li­ches) Wei­sungs­recht ge­genüber der X-AG oder der Y-AG. Sie konnte aus­weis­lich der AVB auch kei­nen Wech­sel des Vermögens­ver­wal­ters ver­lan­gen. Auch lag keine von die­sen AVB ab­wei­chende tatsäch­li­che Hand­ha­bung vor. Die Tat­sa­che, dass die Be­auf­tra­gung der X-AG als Vermögens­ver­wal­te­rin be­reits bei Ver­trags­schluss fest­stand, führt nicht zu ei­ner Dis­po­si­ti­ons­be­fug­nis i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 5 EStG. Auch die Möglich­keit, den Ver­si­che­rungs­ver­trag zu kündi­gen, begründet keine steu­er­schädli­che Ein­flussmöglich­keit der Steu­er­pflich­ti­gen, son­dern kann als "ver­meint­li­ches" Druck­mit­tel bei je­der Le­bens­ver­si­che­rung ausgeübt wer­den

Für die Kläge­rin be­stand im Streit­fall le­dig­lich die Möglich­keit, aus meh­re­ren stan­dar­di­sier­ten An­la­ge­stra­te­gien, die ei­ner un­be­stimm­ten Viel­zahl von Ver­si­che­rungs­neh­mern an­ge­bo­ten wur­den, zu wählen. Dies ist je­doch steuer­un­schädlich. Das Recht der Kläge­rin, die gewählte An­la­ge­stra­te­gie be­lie­big oft zu wech­seln, begründet kein an­de­res Er­geb­nis. Auch in­so­weit be­stand le­dig­lich die Wahl zwi­schen ab­strakt vor­ge­ge­be­nen, stan­dar­di­sier­ten An­la­ge­zie­len, ohne dass da­durch eine in­di­vi­du­elle An­la­ge­stra­te­gie ver­ein­bart oder eine sons­tige mit­tel­bare Dis­po­si­ti­onsmöglich­keit über die Vermögens­werte eröff­net wurde.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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