Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten im Klageverfahren darüber, ob die Familienkasse von ihr für die Monate Januar 2008 bis November 2014 (Streitzeitraum) ausgezahltes Kindergeld zu Recht zurückgefordert hat. Die Familienkasse hatte das für die beiden Kinder der Antragstellerin festgesetzte Kindergeld zunächst auf ein von ihr angegebenes Konto überwiesen. Im Jahr 2010 ging ein unterschriebenes Formular "Veränderungsanzeige" bei der Familienkasse ein, das Namen, Anschrift und Kindergeldnummer der Antragstellerin sowie die Eintragung enthält, dass das Kindergeld nunmehr auf ein anderes Konto überwiesen werden soll, dessen Inhaber die Mutter der Antragstellerin und der Vater der Kinder waren. Die Familienkasse überwies das Kindergeld fortan auf das angegebene Konto.
Das FG gab dem Antrag auf Prozesskostenhilfe statt.
Die Gründe:
Für den Zeitraum März 2010 bis November 2014 bietet das Klagebegehren hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil die Antragstellerin bei summarischer Prüfung nicht Leistungsempfängerin des ausgezahlten Kindergeldes war und der Rückforderungsbescheid folglich nicht an sie zu richten war.
Aller Voraussicht nach wird die Familienkasse den ihr obliegenden Beweis dafür, dass die Veränderungsanzeige tatsächlich von der Antragstellerin stammt, nicht erbringen können. Selbst wenn ein Sachverständigengutachten ergäbe, dass die Unterschrift von der Antragstellerin stammt, wäre dennoch nicht auszuschließen, dass die Unterschrift im Wege einer Fotokopie oder einer technischen Manipulation auf das Dokument gelangt ist.
Derartige Manipulationen, etwa durch Einkopieren einer echten Unterschrift in ein anderes Schriftstück, können anders als bei einem Schriftstück mit einer Originalunterschrift kaum festgestellt werden. Gerade wegen dieser technischen Manipulationsmöglichkeiten lehnen es Schriftsachverständige regelmäßig ab, eine ihnen nicht im Original vorgelegte Handschrift auf ihre Echtheit zu überprüfen.
Hinzu kommt, dass eine Finanzbehörde ihre Ansprüche gerade nicht mehr auf entscheidungserhebliche Originalunterlagen stützen darf, die sie selbst während des laufenden Verfahrens vernichtet hat. In solchen Fällen muss es der Rechtsstaat vielmehr aushalten, dass in einem Einzelfall ein möglicherweise zugunsten der Finanzbehörde entstandener Anspruch nicht mehr festgesetzt werden kann, weil die Beweismittel im Bereich der Finanzverwaltung vernichtet worden sind und sich die vom Steuerpflichtigen angerufenen Gerichte daher kein eigenes Bild vom Sachverhalt mehr machen können.
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