Compliance-Management-Systeme nach Unternehmensbedürfnissen
Aufbauend auf den Erkenntnissen aus einer unternehmensinternen Risikoanalyse sollte ein Compliance Management System (CMS) erarbeitet, eingeführt und regelmäßig im Hinblick auf etwaigen Anpassungsbedarf überprüft werden. Eine Lösung „von der Stange“ bietet sich hierfür nicht an, vielmehr ist ein entsprechendes CMS unternehmensindividuell abhängig von Art, Größe und gesellschaftlicher Struktur, Umfang der Geschäftstätigkeit und Branche, geografischer Präsenz, Internationalisierungsgrad sowie unter Einbezug von Verdachtsfällen aus der Vergangenheit zu entwickeln.
Integration eines Hinweisgebersystems noch in diesem Jahr verpflichtend
Dabei ist zeitnah auch ein Hinweisgebersystem in ein solches CMS zu integrieren. Der deutsche Gesetzgeber hätte hier schon deutlich früher aktiv werden müssen, da eigentlich bis zum 17.12.2021 die sog. Whistleblower-Richtlinie der EU ((EU) 2019/1937) in deutsches Recht umzusetzen war. Seit Ende März 2022 liegt nun jedoch ein Referentenentwurf für die gesetzliche Einführung in Deutschland vor. Das Gesetz soll nach derzeitigen Informationen noch im Herbst dieses Jahres in Kraft treten.
Handlungsbedarf in Unternehmen
Unternehmen sollten sich daher schnellstmöglich mit der Implementierung eines entsprechenden Hinweisgebersystems auseinandersetzen; für die meisten öffentlichen Unternehmen ist mit Ablauf der in der EU-Richtlinie enthaltenen Umsetzungsfrist bereits seit dem 17.12.2021 von der unmittelbaren Geltung der Richtlinie und damit einer Verpflichtung zur Einführung eines solchen Systems auszugehen.
Für Unternehmen des privaten Sektors mit 250 und mehr Mitarbeitern besteht ebenfalls sehr hoher Handlungsdruck, da in den kommenden Monaten mit einem Inkrafttreten des Gesetzes zu rechnen ist. Bei kleineren Unternehmen zwischen 50 und bis zu 249 Mitarbeitern sieht der Referentenentwurf eine Übergangsfrist bis zum 17.12.2023 vor.
Verstöße gegen die Vorgaben des anstehenden Gesetzes werden mit teils empfindlichen Geldbußen geahndet.
Bei der Einführung dieser Meldekanäle bestehen Gestaltungsspielräume. Der Referentenentwurf schreibt u. a. vor, dass Meldungen in schriftlicher oder mündlicher Form sowie auf Ersuchen auch durch physische Zusammenkunft möglich sein müssen. Ein anonymes Hinweisgebersystem ist nicht erforderlich, allerdings ist die Vertraulichkeit der Meldung bzw. der meldenden Person sicherzustellen.
Derartige Meldesysteme können durch einen speziellen Beauftragten im Unternehmen oder eine externe Ombudsperson betreut werden; die technische Umsetzung kann unter Einbindung einer Softwarelösung erfolgen. Nach Eingang entsprechender Meldungen sind diese auszuwerten und notwendige Folgemaßnahme zu ergreifen. Das Unternehmen ist verpflichtet, etwaige Verstöße abzustellen.
Mehrere private Unternehmen mit bis zu 249 Beschäftigen können für die Entgegennahme von Meldungen ein gemeinsames System einrichten und betreiben; die Verpflichtung, Maßnahmen zu ergreifen und den Verstoß abzustellen, verbleibt jedoch immer bei der jeweiligen Gesellschaft. Gleiches gilt nach dem Referentenentwurf für Konzerne. Auch hier bleibt - trotz der im Referentenentwurf vorgesehenen Möglichkeit einer gemeinsamen Meldestelle - die Verantwortung, einen Verstoß weiterzuverfolgen und zu beheben, ausnahmslos bei der jeweiligen (Tochter-)gesellschaft.
Hinweis: Ergänzende Informationen zu dem sich aus der Whistleblower-Richtlinie ergebenden Handlungsbedarf finden Sie hier.
Weitere Verschärfungen im Blick behalten
Doch nicht nur die Einführung eines Hinweisgebersystems steht für die Unternehmen auf der Compliance-Agenda. Auch die Verschärfungen des Transparenzregisters, zunehmende ESG-Maßnahmen sowie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, das aufgrund europarechtlicher Vorgaben ebenfalls weitere Verschärfungen erwarten lässt, machen eine regelmäßige Anpassung der Unternehmens-Compliance erforderlich.
Dieser Handlungsdruck wird sich noch weiter erhöhen, wenn die Ampelkoalition das in der letzten Legislaturperiode am Widerstand der Union gescheiterte Verbandssanktionengesetz oder gleichgerichtete gesetzliche Verschärfungen verabschieden wird. Deshalb sollten Unternehmen unbedingt nachweisbar sicherstellen, dass gesetzliche Pflichten eingehalten werden, um Bußgelder zu vermeiden. Dazu sind Gesetzesänderungen, wie etwa das Hinweisgeberschutzgesetz, umgehend, rechtzeitig und sorgfältig umzusetzen. Hierzu sind Aufsichtsmaßnahmen einzurichten und zu kontrollieren sowie angemessene Compliance-Strukturen mit entsprechenden Verantwortlichkeiten zu implementieren.
Hinweis: Weitere Informationen können Sie unserer Kurzinformation entnehmen, die Ihnen hier zum Abruf bereitsteht.