Über kurz oder lang wird die Nachhaltigkeitsberichterstattung für alle Unternehmen eine Umsetzungsnotwendigkeit. Warum sollte sich der Mittelstand schon frühzeitig mit der verpflichtenden Berichterstattung befassen?
Nachhaltigkeit rückt zunehmend in den Fokus von Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Dies ist inzwischen auch im Mittelstand ganz deutlich zu spüren. Schon heute verpflichten viele Großkunden ihre Zulieferer, Nachhaltigkeitsinformationen zur Verfügung zu stellen. Mit der CSRD ändern sich zudem in absehbarer Zeit die rechtlichen Rahmenbedingungen. Ab dem Jahr 2025 sind alle großen Unternehmen im Sinne des HGB verpflichtet, eine Nachhaltigkeits-Erklärung zu erstellen und diese als Teil des Lageberichts zu veröffentlichen. Damit fallen große Teile des Mittelsands in den Anwendungsbereich der CSRD. Entsprechende Berichtsstrukturen zu schaffen ist mit einem nicht zu unterschätzenden zeitlichen und personellen Aufwand verbunden. Es ist daher ratsam, mit dem Projekt Nachhaltigkeitsbericht 2025 schon jetzt zu starten.
Auf welche Themenbereiche erstreckt sich die Nachhaltigkeitsberichterstattung?
In der Nachhaltigkeitsberichterstattung findet man, unabhängig vom konkreten Rahmenwerk, drei zentrale Säulen. Dies sind Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung), kurz ESG. Diese drei Säulen spiegeln sich auch in den aktuell als Entwurf vorliegenden zwölf Standards der EU zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, die die inhaltliche Grundlage für die verpflichtende Berichterstattung bilden, wider. Dem Thema Umweltbelange widmen sich fünf Standards. Diese erstrecken sich inhaltlich vom zentralen Bereich des Klimaschutzes hin zum Übergang auf eine Kreislaufwirtschaft bis zum Thema Biodiversität. Für den Schwerpunkt Social sind vier Standards vorgesehen. Diese fordern u. a. Informationen zum Schutz und zur Gleichberechtigung der eigenen Belegschaft und den Beschäftigten in der Lieferkette. Abgerundet wird das Ganze mit einem Standard zur Governance, also der Frage, wie Nachhaltigkeit in der Unternehmensführung und -kultur verankert ist und wie beispielsweise mit dem Themen Anti-Korruption umgegangen wird. Diese Berichtspflichten sind von allen betroffenen Unternehmen in vollem Umfang zu erfüllen, unabhängig davon, ob es sich um einen Großkonzern mit mehreren tausend Mitarbeitenden oder ein Unternehmen aus dem Mittelstand handelt. Die einzige vorgesehene Erleichterung für den Mittelstand besteht darin, dass dieser nicht schon wie die großen börsennotierten Unternehmen ab dem Jahr 2024 die neuen Berichtspflichten erfüllen muss, sondern erst mit einem Jahr Versatz, also dem Jahr 2025.
Eine frühzeitige Vorbereitung auf die demnächst bestehenden gesetzlichen Pflichten lohnt sich also. Wie sollten sich Mittelständler dem Thema der Nachhaltigkeitsberichterstattung sinnvollerweise nähern? Wie sollte der Prozess aussehen?
Hier kommt es auf die individuelle Situation im Unternehmen an. Sofern ein Unternehmen bereits Nachhaltigkeitsinformationen erhebt, bietet es sich an, diese als Startpunkt zu verwenden, um im Rahmen einer Gap-Analyse zu evaluieren, an welchen Stellen die neuen Berichtsanforderung noch nicht erfüllt werden. Bei einem Unternehmen, welches sich bisher noch wenig mit dem Thema Nachhaltigkeitsberichterstattung beschäftigt hat, ist es hingegen sinnvoll, zunächst eine Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln. Ausgangspunkt dafür ist eine genaue Analyse der Ist-Situation und die Entwicklung eins Zielbildes.
Welche Elemente sollte eine Nachhaltigkeitsstrategie im Mittelstand enthalten?
Die Nachhaltigkeitsstrategie ist am Geschäftsmodell des Unternehmens auszurichten. Es geht also zunächst darum zu erheben, wie die Tätigkeit des Unternehmens auf die ESG-Ziele wirkt. Darauf aufbauend ist festzulegen, wie negative Wirkungen auf die Ziele vermindert werden können, aber auch, welche Chancen sich dem Unternehmen daraus unter Umständen eröffnen. Um den Erfolg der eigenen Strategie bewerten zu können, ist es zudem von Bedeutung, konkrete Zeithorizonte und Zielwerte festzulegen, die dann auch nachgehalten werden müssen.
Vielfach gibt es im Unternehmen noch keine Nachhaltigkeits-Abteilung. Wo sollte diese Position am sinnvollsten und ressourcenschonendsten angesiedelt sein.
Der nichtfinanziellen Berichterstattung soll zukünftig die gleiche Bedeutung zukommen wie der finanziellen Berichterstattung. Es bietet sich im Mittelstand an, das Thema organisatorisch im Rechnungswesen anzusiedeln, sofern keine eigene Abteilung aufgebaut werden soll. Unabhängig davon, ob eine eigene Abteilung oder eine Angliederung an das Rechnungswesen angedacht ist, ist auf eine angemessene personelle und finanzielle Ressourcenausstattung des mit Themen der Nachhaltigkeit beschäftigten Bereichs zu achten. Die konzernweite Implementierung einer Nachhaltigkeitsberichterstattung ist mit nicht unerheblichen Anstrengungen verbunden.
Kommen wir nun zum Kernbereich: die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Wahrscheinlich macht es Sinn, diese schrittweise aufzubauen. Was sind die Basics, die ein solcher Bericht eines mittelständischen Unternehmens Stand heute zwingend enthalten muss und wo geht die Reise in den nächsten Jahren hin?
Die konkret zu berichtenden Aspekte sind durch eine Wesentlichkeitsanalyse unternehmensindividuell zu identifizieren. Der Bereich Klimaschutz ist ein Aspekt, welcher in keinem Nachhaltigkeitsbericht fehlen darf. Dem Thema Dekarbonisierung, also dem Weg zur CO2-Neutralität des eigenen Geschäftsmodells kommt in diesem Kontext eine zentrale Rolle zu. Daneben ist faktisch jedes Unternehmen in Lieferketten eingebunden, über die regelmäßig zu berichten sein wird.
Orientierung für konkrete Inhalte einer freiwilligen Berichterstattung, als Vorbereitung auf die gesetzliche Verpflichtung, bieten diverse internationale wie auch nationale Rahmenwerke. Zu nennen sind hier exemplarisch die sog. GRI-Standards oder auch der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK).
Noch besteht keine Prüfungspflicht für einen nichtfinanziellen Bericht. Empfiehlt es sich, diesen dennoch einer kritischen Durchsicht durch einen Wirtschaftsprüfer zu unterziehen?
Erstellt ein Unternehmen in Vorbereitung auf die Berichtspflicht ab dem Jahr 2025 vorher bereits freiwillig einen Nachhaltigkeitsbericht oder auch nur Teile davon, ist es empfehlenswert, diesen von einem Prüfer überprüfen zu lassen. Man spricht hier oftmals von einem sog. Assurance Readiness Assessment. Dies bietet dem Unternehmen die Möglichkeit, Sicherheit über den Erfolg der bisherigen Anstrengungen zu gewinnen und noch bestehende Schwächen zu beheben. Der Nachhaltigkeitsbericht für das Jahr 2025 wird dann verpflichtend einer externen Prüfung unterzogen, wenn auch zunächst nur in einer verminderten Prüfungstiefe.