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Steuerberatung

Verrechnungspreise in der Corona-Krise

Die Corona-Krise hat nicht nur Deutsch­land, son­dern die ge­samte Welt­wirt­schaft in eine tiefe Re­zes­sion gestürzt. Die Pa­ra­me­ter für den welt­wei­ten Han­del und glo­bale Lie­fer­ket­ten ha­ben sich da­durch grund­le­gend geändert. Diese Ent­wick­lun­gen wir­ken sich auch auf die Be­steue­rung in­ter­na­tio­nal täti­ger Un­ter­neh­mens­grup­pen, insb. auf die Ver­rech­nungs­preise, aus.

Bei mul­ti­na­tio­na­len Un­ter­neh­mens­grup­pen kann grundsätz­lich über Ver­rech­nungs­preise ge­steu­ert wer­den, in wel­cher Ge­sell­schaft oder Be­triebsstätte - und da­mit auch in wel­chem Land - wel­ches Er­geb­nis rea­li­siert und be­steu­ert wird. Die­ses Ge­stal­tungs­po­ten­zial wird durch den sog. Fremd­ver­gleichs­grund­satz ein­gedämmt. Da­nach müssen Ver­rech­nungs­preise so ver­ein­bart wer­den, wie sie auch zwi­schen frem­den Drit­ten ver­ein­bart wor­den wären. Dies ist fun­diert zu do­ku­men­tie­ren. Ging es in den ver­gan­ge­nen Jah­ren vor­wie­gend darum, dass möglichst je­des be­tei­ligte Land, in dem eine Un­ter­neh­mens­gruppe tätig ist, einen an­ge­mes­se­nen Ge­winn­an­teil zu­ge­wie­sen be­kommt, stellt sich auf­grund der ge­genwärti­gen Wirt­schafts­krise nun die um­ge­kehrte Frage: Wie sind Ver­luste in der Un­ter­neh­mens­gruppe auf ein­zelne Ge­sell­schaf­ten bzw. Be­triebsstätten - und da­mit auf die ein­zel­nen Länder - auf­zu­tei­len? 

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Ver­triebs­ge­sell­schaf­ten, verlängerte Werkbänke und Sup­port-Dienst­leis­ter

Grup­pen­ge­sell­schaf­ten, die bspw. als Ver­tragshänd­ler den Ver­trieb in lo­ka­len Märk­ten durchführen, für die Un­ter­neh­mens­gruppe aus­schließlich Sup­port-Funk­tio­nen über­neh­men oder als verlängerte Werkbänke in die Pro­duk­tion ein­ge­bun­den sind, ha­ben übli­cher­weise ein be­grenz­tes Funk­ti­ons- und Ri­si­ko­pro­fil. Als Un­ter­neh­men, die le­dig­lich ge­ringe Ri­si­ken über­neh­men und ma­na­gen, ha­ben sie kei­nen An­spruch auf über eine funk­ti­onsadäquate Vergütung hin­aus­ge­hende Erträge, die sich aus ent­spre­chen­den Markt­chan­cen er­ge­ben können. Um­ge­kehrt müssen sie re­gelmäßig auch nicht die Ver­luste aus der Ri­si­ko­rea­li­sie­rung tra­gen, son­dern er­wirt­schaf­ten kleine, aber ste­tige Ge­winne.

Was ist aber bei ex­tern mo­ti­vier­ten Ri­si­ken, die zu Ver­lus­ten führen, wie sie ak­tu­ell auf­grund der Corona-Krise ent­ste­hen? Hier kann eine für den Fremd­ver­gleich er­for­der­li­che Ver­gleichstrans­ak­tion nur schwer ge­fun­den wer­den. Ge­genwärtig ist noch un­geklärt, ob ak­tu­ell ver­ein­barte Ver­rech­nungs­preise (noch) an­ge­mes­sen sind, wenn der von der Ver­triebs­ge­sell­schaft be­ar­bei­tete Ab­satz­markt zum Er­lie­gen ge­kom­men ist, oder wenn Leis­tun­gen von Sup­port-Ge­sell­schaf­ten im Ver­bund kaum mehr nach­ge­fragt wer­den. Können oder soll­ten die ent­spre­chen­den Ge­sell­schaf­ten in die­sen Fällen eben­falls Ver­luste ver­zeich­nen?

Schwie­rig­kei­ten bei der Li­zen­zie­rung

Für Grup­pen­ge­sell­schaf­ten, die als Pro­duk­ti­ons­ein­hei­ten tätig sind und ihre Pro­dukte di­rekt an Dritt­kun­den ver­kau­fen, können sich eben­falls ver­rech­nungs­preis­be­dingte Pro­bleme er­ge­ben. Sie zah­len häufig Li­zenz­gebühren für die Nut­zung im­ma­te­ri­el­ler Güter, wie Pa­tente oder pro­duk­ti­ons­be­zo­ge­nes Know-how an­de­rer Grup­pen­ge­sell­schaf­ten. Ein Ab­satz- und Pro­duk­ti­onsrück­gang bei un­verändert ho­hen Li­zenz­gebühren ver­schärft die Ver­lust­si­tua­tion. Eine Überprüfung der Li­zenz­gebühren er­scheint im Ein­zel­fall sinn­voll, wo­bei da­bei auch die Si­tua­tion der li­zenz­ge­ben­den Ein­heit zu berück­sich­ti­gen ist.

Grup­pen­in­terne Fi­nan­zie­rung

Für Fi­nan­zie­rungs­ge­sell­schaf­ten kann u. U. die Ände­rung der Bo­nität der dar­le­hens­neh­men­den Grup­pen­ge­sell­schaft auf­grund ei­ner Ver­lust­si­tua­tion An­lass für Über­le­gun­gen sein, den Dar­le­hens­zins­satz gemäß dem Fremd­ver­gleichs­grund­satz an­zu­pas­sen. Hier ist auch zu klären, wie in die­sem Zu­sam­men­hang et­waige Si­cher­hei­ten be­han­delt wer­den oder ob es ggf. Aus­wir­kun­gen auf­grund der Tat­sa­che gibt, dass Ge­sell­schaf­ter­dar­le­hen in­sol­venz­recht­lich als nach­ran­gig an­zu­se­hen sind.

Die Krise als Chance

Un­zwei­fel­haft wer­den die Ant­wor­ten, die im Ein­zel­fall ge­fun­den wer­den, nicht im­mer so aus­fal­len, wie sich das die Fisci der be­tei­lig­ten Länder vor­stel­len und das Kon­flikt­po­ten­zial auf dem Feld der Ver­rech­nungs­preise dürfte wei­ter zu­neh­men. Al­ler­dings sollte das Un­ter­neh­men nicht da­von ab­hal­ten, pro­ak­tiv grup­pen­in­terne Leis­tungs­be­zie­hun­gen zu un­ter­su­chen. Dazu sollte die Ge­schäfts­be­zie­hung hin­sicht­lich der Ri­sikoüber­nahme bzw. Ri­si­ko­tra­gung, der fi­nan­zi­el­len Fähig­kei­ten und der Ri­si­ko­zu­ord­nung überprüft wer­den. Vor al­lem setzt die Corona-Krise neue Schwer­punkte bei der Do­ku­men­ta­tion der Funk­ti­ons- und Ri­si­ko­pro­file: Stan­den bis­lang häufig vor al­lem funk­tio­nale und ope­ra­tive Ri­si­ken im Vor­der­grund, rücken jetzt stra­te­gi­sche und ex­tern ver­ur­sachte Ri­si­ken, die von kei­nem vor­her­zu­se­hen oder zu kon­trol­lie­ren sind, in den Fo­kus. So bie­tet die Krise hier auch eine Chance: Auf Ba­sis ei­ner grund­le­gen­den Ana­lyse be­ste­hen­der Ri­si­ko­al­lo­ka­tio­nen können be­ste­hende Ver­rech­nungs­preis­sys­teme neu jus­tiert und op­ti­miert wer­den. Das kann zur wei­te­ren Li­qui­ditäts­si­che­rung bei­tra­gen: Mit kri­sen­an­ge­pass­ten Ver­rech­nungs­preis­struk­tu­ren kann es ge­lin­gen, in­ner­halb der Un­ter­neh­mens­gruppe ins­ge­samt er­zielte Ver­luste sinn­voll zu nut­zen und nach Möglich­keit zu ver­mei­den, dass in vie­len Ein­zel­staa­ten den­noch Steuer(nach)zah­lun­gen fällig wer­den.

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