Während die zweite Säule des BEPS 2.0-Projekts der OECD (sog. Pillar II) mit der globalen Mindestbesteuerung große Aufmerksamkeit weltweit erhält, besteht oftmals das Verständnis, dass das als Pillar I bezeichnete Maßnahmenpaket nur die ganz großen multinationalen Konzerne betrifft. Allerdings finden sich darin auch Regelungen zu Amount B, welcher für alle Unternehmensgruppen mit grenzüberschreitenden Vertriebsfunktionen greift und an keine Umsatz- und Profitabilitätsanforderungen geknüpft ist. Daher wäre eine große Zahl von Steuerpflichtigen und somit auch der Mittelstand von dem Amount-B-Regelwerk betroffen.
Das von der OECD am 17.07.2023 vorgelegte Konsultationspapier macht deutlich, was mit den Regelungen zu Amount B beabsichtigt ist: Als Teil der Initiative zur Reform der internationalen Unternehmensbesteuerung soll Amount B die Verrechnungspreisbestimmung von Routinevertriebseinheiten im Konzern („baseline marketing“ und „distribution activities“) vereinfachen und vereinheitlichen, indem entsprechende Anpassungen in den OECD Transfer Pricing Guidelines vorgenommen werden. Damit strebt die OECD sowohl für multinationale Unternehmen als auch für die Finanzverwaltung administrative Erleichterungen an.
Anwendungsbereich von Amount B
Die standardisierte Vergütung entsprechend dem Amount-B-Konzept soll vorrangig auf den (Großhandels-)Vertrieb von Waren anwendbar sein. In den Geltungsbereich des Amount B sollen die folgenden konzerninternen Geschäftsbeziehungen fallen:
- der Kauf/Verkauf von Fertigwaren (Großhandel) an fremde Dritte,
- die Tätigkeiten eines Handelsvertreters oder Kommissionärs, die zum Großhandel der Waren führen.
Eine Anwendung auf Rohstoffe und Dienstleistungen ist nach derzeitigem Stand hingegen ausgeschlossen. Auch zusätzliche wirtschaftlich bedeutsame Tätigkeiten soll die Vertriebsgesellschaft nur ausüben können, wenn diese klar abgrenzbar sind. Als zusätzliche Voraussetzung ist die Einhaltung bestimmter Kennzahlen vorgesehen.
Hinweis: Im Gegensatz zu der globalen Mindestbesteuerung von Unternehmen sowie zu den weiteren Maßnahmen in Pillar I sind die Regelungen zu Amount B nicht an bestimmte Umsatzschwellen geknüpft und gelten daher auch für kleinere und mittelständische Unternehmensgruppen.
Erfüllt die Vertriebsgesellschaft diese Anforderungen, sollen die Verrechnungspreise mittels der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode und der EBIT-Marge als Vergleichskennzahl gebildet werden. Hierzu gibt die OECD eine Preismatrix vor, die abhängig von Branche und ökonomischer Kennziffer (Anlage- und Kostenintensität) eine EBIT-Marge zwischen 1,5 % und 5,5 % ermittelt. Eine Anpassung der Matrix unter Berücksichtigung von individuellen Länderrisiken ist ebenfalls vorgesehen.
Umsetzung bereits Anfang 2024
Der finale Bericht der OECD zu Amount B wird für Ende 2023 erwartet. Damit werden die geplanten Maßnahmen voraussichtlich bereits im Januar 2024 in die OECD Transfer Pricing Guidelines aufgenommen werden. Derzeit wird über einen Implementierungsplan und den Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung diskutiert. Ob es sich dabei um eine verbindliche Anwendung handeln, oder ob die Umsetzung der Maßnahmen den Steuerpflichtigen freistehen wird, ist bislang noch offen. Unternehmen sollten die Entwicklungen daher genau verfolgen und entsprechende Vorbereitungshandlungen treffen.
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