Für den Zinsabzug inländischer Unternehmen multinationaler Unternehmensgruppen hat § 1 Abs. 3d AStG in der Fassung des verabschiedeten Wachstumschancengesetzes eine überaus hohe Praxisrelevanz, wenn das inländische Unternehmen Finanzierungsempfänger im Rahmen einer Finanzierung ist, die aus dem Ausland zur Verfügung gestellt wird (Inbound-Finanzierung). § 1 Abs. 3d AStG regelt, unter welchen Voraussetzungen bei Inbound- Finanzierungen, aus denen (Zins-)Aufwand des inländischen Unternehmens resultiert, nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen sollen. Der Begriff der Finanzierungsbeziehung ist weit gefasst und erfasst neben Darlehensbeziehungen die Nutzung und Bereitstellung von Fremdkapital oder fremdkapitalähnlicher Instrumente.
Eine Finanzierungsbeziehung ist gemäß § 1 Abs. 3d AStG nur dann fremdüblich, wenn der Finanzierungsempfänger glaubhaft machen kann, dass er den Kapitaldienst für die gesamte Laufzeit der Finanzierungsbeziehung von Anfang an hätte erbringen können, die Finanzierung wirtschaftlich benötigt und für den Unternehmenszweck verwendet. Die Begriffe „Verwendung für den Unternehmenszweck“ und „wirtschaftlich benötigt“ sind gesetzlich nicht definiert und lassen viel Interpretationsspielraum. Werden die vorgenannten Voraussetzungen nicht erfüllt, wird der Zinsabzug vollständig versagt.
Überdies ist eine Finanzierungsbeziehung nicht fremdüblich, soweit ein seitens des Finanzierungsempfängers zu entrichtender Zinssatz für eine grenzüberschreitende Finanzierungsbeziehung mit einer ihm nahestehenden Person den Zinssatz übersteigt, zu dem sich das Unternehmen unter Zugrundelegung des Ratings für die Unternehmensgruppe gegenüber fremden Dritten finanzieren könnte. Der Zinsabzug wird mithin auf den Gruppenzinssatz begrenzt. Im Einzelfall kann der Finanzierungsempfänger nachweisen, dass ein anderes, aus dem Unternehmensgruppenrating abgeleitetes Rating dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht. Nicht durch den Gesetzeswortlaut geklärt wird allerdings die Frage, wie dieser Nachweis im Detail möglich sein soll. Lediglich in der Gesetzesbegründung wird auf die Möglichkeit des Nachweises durch Zinsstudien hingewiesen.
Nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 3d Satz 1 AStG werden nur Inbound-Sachverhalte erfasst. Fraglich ist, ob die Finanzverwaltung die Konkretisierung des Fremdvergleichsgrundsatzes auch bei Outbound-Finanzierungen anwenden (oder akzeptieren) wird (z. B. inländischer Steuerpflichtiger vergibt ein Darlehen zu einem Zinssatz auf Basis des Unternehmensgruppenratings).
Schließlich wird mit der Einführung von § 1 Abs. 3e AStG bei gruppeninternen Finanzierungsleistungen (z. B. Liquiditätsmanagement, Vermittlung von Finanzmitteln, Währungsrisikomanagement u. ä.) widerlegbar vermutet, dass es sich hierbei um Routinedienstleistungen handelt, die mit der Kostenaufschlagsmethode zu vergüten sind.
Der Gesamteindruck lässt darauf schließen, dass die neuen Regelungen trotz gegenteiliger Bekundungen seitens des Gesetzgebers in wesentlichen Punkten nicht mit Kapitel X der OECD-Verrechnungspreisleitlinien im Einklang stehen. Zudem fehlen in der Begründung des Gesetzes Bezüge zu aktuellen Urteilen des BFH. Dieser hat jedoch in seinen jüngeren Urteilen an mehreren Stellen auf Kapitel X der OECD-Verrechnungspreisleitlinien verwiesen. Diese Verweise hätten als Bezugspunkt dienen können.
Handlungsempfehlungen: Um die Abzugsfähigkeit von Zinsen sicherzustellen, sind inländische Unternehmen einer multinationalen Unternehmensgruppe insb. bei gruppeninternen Inbound-Finanzierungen gut beraten ihre Kapitaldienstfähigkeit bereits im Zeitpunkt der Aufnahme der Finanzierung zu dokumentieren. Darüber hinaus empfiehlt es sich, bei der Vereinbarung von Zinssätzen, die vom Gruppenzinssatz abweichen, eine Zinsstudie zum Nachweis der Angemessenheit zu erstellen - so auch die Gesetzesbegründung zum Wachstumschancengesetz. Gerne berät RSM Ebner Stolz Sie bei der Ermittlung und Dokumentation der Kapitaldienstfähigkeit sowie bei der Erstellung von Zinsstudien.