Warum wurde die Pflicht zur Vorlage der Verrechnungspreisdokumentation verschärft?
Mit dem Gesetz zu Umsetzung der DAC 7-Richtlinie der EU (DAC 7-Umsetzungsgesetz) und dem Vierten Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) wurden die Vorlagepflichten für Verrechnungspreisdokumentationen inhaltlich und zeitlich modifiziert. Damit folgt Deutschland dem globalen Trend, die Compliance-Pflichten für Unternehmen auszuweiten. Neben der Beschleunigung von Außenprüfungen zielen die Verschärfungen vor allem darauf ab, die Transparenz von konzerninternen Geschäftsbeziehungen internationaler Unternehmen zu erhöhen und damit steuerliche motivierte Gewinnverlagerungen effektiver zu bekämpfen.
Für international tätige Unternehmen bedeuten diese Änderungen faktisch eine fortlaufende Dokumentationspflicht ihrer grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen im Konzern und damit zusätzlichen Compliance-Aufwand sowie ein erhöhtes Steuer- bzw. Sanktionsrisiko.
So funktioniert die neue Vorlagepflicht
Durch die Neuregelung wird ab dem 01.01.2025 zum einen die Frist zur Vorlage der erforderlichen Verrechnungspreisdokumentation verkürzt und zum anderen wird der Umfang, der von den steuerpflichtigen Unternehmen unaufgefordert vorzulegenden Dokumentation neu geregelt.
Bislang sind Steuerpflichtige nur auf Anforderung der Finanzbehörde verpflichtet eine Verrechnungspreisdokumentation, bestehend aus einer landesspezifischen unternehmensbezogenen Dokumentation (Local File) und einer Stammdokumentation (Master File) vorzulegen. KMU müssen dabei kein Master File erstellen, wenn ihr Umsatz weniger als 100 Mio. Euro beträgt. Die Verrechnungspreisdokumentation soll regelmäßig nur im Rahmen einer Außenprüfung angefordert werden, wobei eine Frist von 60 Tagen zu gewähren ist. Aufzeichnungen über außergewöhnliche Geschäftsvorfälle sind zeitnah zu erstellen und auf Anforderung der Finanzbehörde binnen 30 Tagen vorzulegen.
Nach der Gesetzesänderung kann die Finanzbehörde für Steuern, die nach dem 31.12.2024 entstehen, hingegen jederzeit eine Verrechnungspreisdokumentation anfordern, z. B. im Rahmen eines Vorabverständigungsverfahrens. Bei einer Außenprüfung muss die Verrechnungspreisdokumentation dem Betriebsprüfer künftig unaufgefordert vorgelegt werden.
Nach der Aufforderung durch die Finanzbehörde bzw. nach Anordnung einer Außenprüfung haben Unternehmen künftig grundsätzlich nur noch 30 Tage (statt bisher 60 Tage bzw. 30 Tage bei außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen) Zeit, um eine Verrechnungspreisdokumentation vorzulegen. Die Halbierung der Vorlagefrist gilt dabei nicht nur für nach dem 31.12.2024 entstehende Steuern, sondern auch für Verrechnungspreisdokumentationen, die für Wirtschaftsjahre vor dem 01.01.2025 zu erstellen und im Rahmen einer Außenprüfung vorzulegen sind, für die die Prüfungsanordnung nach dem 31.12.2024 bekannt gegeben wird.
Die innerhalb dieser Frist vorzulegenden Unterlagen umfassen das Master File, sofern die 100 Mio. Euro-Grenze erreicht bzw. überschritten wird, etwaige Dokumentationen außergewöhnlicher Geschäftsvorfälle und eine sog. Transaktionsmatrix. Bei der Transaktionsmatrix handelt es sich um einen eigenständigen neuen Dokumentationsbestandteil, der der Finanzverwaltung einen schnellen Überblick über die wesentlichen grenzüberschreitenden Intercompany-Geschäftsbeziehungen im Unternehmen ermöglichen soll. Die Vorlage des Local File erfolgt erst in einem zweiten Schritt, sofern dieser von der Finanzverwaltung gesondert angefordert wird, wobei die Vorlagefrist nach wie vor 30 Tage beträgt.
Hinweis: Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Vorlage eines Local File innerhalb von 30 Tagen nach Anforderung in den meisten Fällen kaum möglich sein wird, empfehlen wir auf der Grundlage unserer bisherigen Erfahrungen im Bereich der Erstellung von Verrechnungspreisdokumentationen, grundsätzlich eine aktuelle Verrechnungspreisdokumentation vorzuhalten. Idealerweise sollten die erforderlichen Verrechnungspreisdokumentationen (Local File sowie falls erforderlich Master File und Dokumentation außergewöhnlicher Geschäftsvorfälle) für sämtliche Veranlagungszeiträume, die bislang nicht geprüft wurden und noch keiner Festsetzungsverjährung unterliegen, bzw. für zukünftige Veranlagungszeiträume nach Beendigung der Konzernabschluss- bzw. Jahresabschlussprüfung, z. B. parallel zu den Steuererklärungen der jeweiligen Veranlagungszeiträume, erstellt werden.
Für den Fall, dass den Dokumentationspflichten nicht oder nur unzureichend nachgekommen wird, hat der deutsche Gesetzgeber der Finanzverwaltung verschiedene Sanktionsmöglichkeiten eingeräumt. Diese reichen von Strafzuschlägen bis hin zur Schätzung von Einkünften zu Lasten des inländischen Unternehmens. Hinzu kommt häufig eine Verzögerung der Außenprüfung, die für das Unternehmen oft mit zusätzlichem Zeit- und Kostenaufwand verbunden ist. Um diese Konsequenzen zu vermeiden, sollten Unternehmen frühzeitig ihre Dokumentationspflichten prüfen und Informationen sowie Dokumente zu grenzüberschreitenden konzerninternen Geschäftsvorfällen zusammentragen, um somit die Erstellung bzw. Aktualisierung einer zeitnahen und vollständigen Verrechnungspreisdokumentation zu gewährleisten.
Wie wir Sie unterstützen
- Wir beraten Sie bei der Konzeptionierung, Planung und Simulation von Verrechnungspreissystemen.
- Durch Datenbankstudien unterstützen wir Sie bei der Bestimmung steuerlich anzuerkennenden Fremdvergleichswerten.
- Ebenso unterstützen wir Sie bei der Erstellung bzw. Aktualisierung der gesetzlich vorgeschriebenen Verrechnungspreisdokumentation und der Erfüllung der erforderlichen Informations-, Dokumentations- und Aufzeichnungspflichten.
- Darüber hinaus prüfen wir die steuerlichen Auswirkungen von grenzüberschreitenden Funktionsverlagerungen.
- Sofern die Finanzbehörden Fremdvergleichswerte im Rahmen von Betriebsprüfungen anzweifeln, unterstützen wir Sie bei deren Verteidigung bis hin zur Durchsetzung in Rechtsbehelfsverfahren.