Zentraler Bestandteil von Unternehmenskaufverträgen sind Zusicherungen des Verkäufers über den Zustand des Unternehmens (sog. Warranties / Garantien) sowie Regelungen zur Schadloshaltung vor etwaigen erkannten Risiken (sog. Indemnifikations / Freistellungen). Marktüblich ist, dass die Verkäufer auch Garantien über den steuerlichen Zustand des Unternehmens abgeben (z.B. die Vollständigkeit und Richtigkeit der abgegebenen Steuererklärungen) sowie die Käufer von Steuerrisiken der Vergangenheit freistellen. Die Interessen zwischen Käufer und Verkäufer sind dabei naturgemäß gegenläufig und ziehen oftmals umfangreiche und langwierige Verhandlungen nach sich. Insbesondere materielle steuerliche Risiken oder Spezialfällen können die Verhandlungen ins Stocken bringen und so die Transaktion deutlich verzögern. Deshalb wird versucht, Risiken über eine gesonderte Versicherung, sog. Warranty & Indemnity-Insurance (W&I Versicherung), abzudecken und die aus den Garantien und Freistellungen resultierenden Unsicherheiten auf diese Versicherung zu übertragen. In manchen Verhandlungen ist eine solche Versicherung sogar Bedingung, um eine Einigung über die Haftungsverteilung zu erzielen. Ursprünglich aus dem anglo-amerikanischen Markt kommend werden solche Versicherungen inzwischen auch in Deutschland verstärkt angeboten und nicht nur in Transaktionen mit Beteiligung von Private Equity Unternehmen aktiv genutzt.
Arten der W&I-Versicherung im Steuerbereich
Die W&I-Versicherung dient im Steuerbereich der Abdeckung von steuerlichen Risiken, die der Verkäufer auf Grund von Garantien oder Freistellungen zu tragen hat. Typischerweise geht es um Steuernachzahlungen, die sich aufgrund einer Betriebsprüfung, insb. infolge steuerlicher Sondersachverhalte aus Umstrukturierungen oder grenzüberschreitenden Tätigkeiten aber auch aufgrund interner Verrechnungspreise, ergeben. Eine solche W&I-Versicherung kann sowohl als Verkäufer- als auch als Käuferversicherung abgeschlossen werden und bietet in beiden Varianten Vorteile für beide Seiten. Die Verkäufer-W&I-Versicherung hat den Charakter einer Haftpflichtversicherung und deckt die Haftungsansprüche des Käufers oder eines Dritten aus dem Unternehmenskaufvertrag gegen den Verkäufer ab, die sich aus der fehlerhaften Abgabe von Garantien ergeben können. Allerdings wird üblicherweise ein Selbstbehalt vereinbart, für den der Verkäufer im Schadensfall genauso einstehen muss wie für den über die Versicherungssumme hinausgehenden Betrag. Ein wesentlicher Vorteil für den Verkäufer ist dabei, dass der gesamte Kaufpreis sofort vereinnahmt werden kann und nicht um einen anteiligen Einbehalt als Haftungsmasse für abgegebene Garantien gemindert wird. Die Käufer-Police entspricht hingegen einer Vermögensschadenversicherung und hat für den Käufer den Vorteil, dass er einen eigenen Anspruch gegenüber der Versicherung erwirbt. Entsprechend ist der Käufer nicht auf die Durchsetzbarkeit seines Anspruchs gegenüber dem Verkäufer oder auf dessen Leistungsfähigkeit angewiesen oder kann sogar Steuerrisiken versichern, für die der Verkäufer keine Freistellung gewährt. Die finanziellen Risiken beim Unternehmenskauf können also durch eine W&I-Versicherung auf beiden Seiten reduziert werden.
Grenzen der W&I-Versicherung
Jedoch ist nicht jedes Risiko versicherbar. Im Wesentlichen können nur Themenstellungen versichert werden, die bereits im Rahmen einer Due Diligence geprüft wurden. Risiken, die erst während der Due Diligence-Prüfung erkannt werden, werden oftmals vom Versicherungsschutz ausgenommen. Auch wird die Steuerfreistellung von nicht geprüften Zeiträumen von der Versicherung regelmäßig ausgeschlossen. Außerdem sind einige Risiken, wie z.B. das Verrechnungspreisrisiko, pauschal nicht versicherbar. Je nach verbleibenden versicherbaren Risiken muss also abgewogen werden, ob sich der Abschluss einer Versicherung lohnt. In jedem Fall erfordert dies aber eine genaue Planung des Transaktions- und Due Diligence-Prozesses, denn wird der Abschluss einer W&I-Versicherung angestrebt, ist eine der zwingenden Voraussetzungen die vorherige Durchführung einer umfassenden (Tax-) Due Diligence-Prüfung.
Zudem kann für einzelne identifizierte Steuerrisiken der Abschluss einer separaten Versicherung sinnvoll sein. Dies bietet sich insbesondere an, wenn der maximal mögliche Schaden unverhältnismäßig hoch, die Eintrittswahrscheinlichkeit aber gering ist und bislang kein Präzedenzfall bzw. keine einheitliche Rechtsauffassung zu diesem Risiko existiert. Aufgrund der vollumfänglichen Risikoabsicherung, der höheren Flexibilität und der deutlichen Zeitersparnis kann eine solche Einzelrisikoversicherung oftmals auch eine sinnvolle Alternative zur Einholung einer verbindlichen Auskunft bei der Finanzverwaltung sein. Aber auch hier gilt: Für den Versicherungsantrag ist eine umfassende Prüfung der Themenstellung nötig.
Fazit
Eine W&I-Versicherung kann den Einigungsprozess während einer M&A-Transaktion beschleunigen und erleichtern. Es ist aber darauf zu achten, dass die maßgeblichen Risiken auch versicherbar sind. Zwingende Voraussetzung hierfür ist stets eine passgenau, im Vorfeld durchgeführte Tax Due Diligence.