Innerhalb von Unternehmensgruppen - mit oder ohne beherrschenden Einfluss untereinander - stellen sich besondere datenschutzrechtliche Fragen. Ein Austausch von personenbezogenen Daten zwischen den Unternehmen ist nur erlaubt, wenn diese zuvor einen Vertrag für den konzerninternen Datentransfer abgeschlossen haben.
Je nach Art der Kooperation der Unternehmen ist dies in Form eines Joint Control Agreement oder einer Auftragsverarbeitungs-Vereinbarung vorzunehmen.
Joint Control Agreement
Nutzen Unternehmen Daten zu „gemeinsamen Zwecken“ und verwenden sie dabei „gemeinsame Mittel“, sind sie „gemeinsam Verantwortliche“ (Joint Controllers) im Sinne des Datenschutzrechts.
Für einen gemeinsamen Zweck ist es ausreichend, dass Unternehmen zwar unterschiedliche Zwecke verfolgen, sich dabei aber gegenseitig unterstützen. Auch der Begriff „gemeinsame Mittel“ ist weit zu verstehen: Dies können z. B. Server sein, die im Eigentum eines Unternehmens stehen. Soll heißen: Viele Unternehmensgruppen sind „gemeinsam Verantwortliche“.
Liegt eine „gemeinsame Verantwortlichkeit“ vor, verlangt Art. 26 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), dass die Unternehmen ein Joint Control Agreement schließen.
Was muss in einem Joint Control Agreement mindestens geregelt werden?
- Dokumentation der „gemeinsamen Zwecke“: Oft kann hier auf geeignete Formulierungen aus dem Verarbeitungsverzeichnis zurückgegriffen werden. Beispiel: Durchführung eines konzernweiten Recruitings von Mitarbeiter/innen.
- Dokumentation der „gemeinsamen Mittel“: Dies können z. B. eine gemeinsame Internetseite oder ein gemeinsames CRM-System der Unternehmensgruppe sein.
- Beschreibung der operativen Funktionen der Unternehmen: Auch hier geht es meist um eine Dokumentation der gelebten Praxis.
Beispiel: Unternehmen A übernimmt den Warenverkauf, Unternehmen B Versand und Rechnungsstellung - Abgrenzung der internen datenschutzrechtlichen Zuständigkeiten: Hier geht es darum, wer welche Pflichten aus der DSGVO erfüllen muss. Dies sind z. B. die Bereitstellung von Datenschutzinformationen und die Bearbeitung von Auskunftsanträgen von Betroffenen.
Oft bietet sich im Grundsatz eine Abgrenzung der Verantwortlichkeiten nach Sphären an: Daten, die in den „Machtbereich“ eines Unternehmen gelangen, liegen im Verantwortungsbereich dieses Unternehmens. Entscheidet man sich für eine solche Abgrenzung, sollte aus Gründen der Effizienz davon in Einzelbereichen abgewichen werden. Denn sonst müssten alle Unternehmen alle datenschutzrechtlichen Pflichten der DSGVO erfüllen - selbst wenn ein anderes Unternehmen diese Pflicht bereits erfüllt hat.
Beispiel: Unternehmen A übernimmt die Bereitstellung von Datenschutzerklärungen für die gesamte Gruppe.
Hinweis: Unternehmen können sich nach außen etwa gegenüber Datenschutzbehörden nicht darauf berufen, dass intern ein anderes Unternehmen zuständig ist. - Mitwirkungspflichten: Um ihre Pflichten erfüllen zu können, sind die Unternehmen auf gegenseitige Unterstützung angewiesen.
Beispiel: Ein Kunde beantragt beim Unternehmen A Löschung seiner Daten. Die Daten sind auf dem Server des Unternehmens B gespeichert. Es muss im Joint Control Agreement geregelt sein, dass A solche Anträge an B weiterleitet.
Auftragsverarbeitungs-Vereinbarung
Verarbeiten Unternehmen Daten nicht zu eigenen Zwecken, sondern nur nach Weisung anderer Unternehmen, so liegt kein Joint Controllership vor. In diesen Fällen ist eine Auftragsverarbeitungs-Vereinbarung abzuschließen.
Beispiel: Eine Service-Gesellschaft im Konzern stellt für die gesamte Unternehmensgruppe die IT bereit.
Rechtsgrundlage und Informationspflichten
Auch für Datentransfers innerhalb einer Unternehmensgruppe bedarf es einer Rechtsgrundlage. Das Joint Control Agreement ist keine Rechtsgrundlage. Allerdings enthalten die Erwägungsgründe zur DSGVO Hinweise auf ein „Konzernprivileg light“: In der Regel dürften danach Daten zu „internen Verwaltungszwecken“ zwischen Unternehmen einer Unternehmensgruppe ausgetauscht werden, sofern ein Unternehmen einen beherrschenden Einfluss auf andere Unternehmen der Gruppe ausüben kann (Art. 4 Nr. 19 DSGVO). Hier besteht allerdings noch keine Rechtssicherheit.
Über die Eckpunkte eines Joint Control Agreement sollte in der Datenschutzerklärung informiert werden. Für eine Auftragsverarbeitungs-Vereinbarung besteht diese Informationspflicht nicht. Auch Auftragsverarbeiter sind als „Empfänger“ von Daten in der Datenschutzerklärung anzugeben.
Hinweis
Viele Unternehmensgruppen haben noch kein Joint Control Agreement abgeschlossen. Dies sollte nachgeholt werden. Denn der Europäische Gerichtshof hat nun schon mehrfach entschieden, dass ein Joint Controllership sogar bei deutlich lockeren Kooperationen vorliegen kann (zuletzt EuGH, Urteil vom 29.7.2019, Rs. C-40/17 zur Nutzung des „Gefällt mir“-Buttons von Facebook). Ein Datenaustausch in Unternehmensgruppen ohne eine vertragliche Regelung des Datentransfers verstößt gegen die DSGVO und kann zu Bußgeldern führen. Wir unterstützen Sie bei dem Entwurf der notwendigen Verträgen sowie bei der Prüfung möglicher gesellschaftsrechtlicher Auswirkungen.