Im Musikmarkt werden inzwischen nur noch knapp über 50 % der Umsätze aus physischen Verkäufen erzielt, während der Anteil an digitalen Umsätzen aus Downloads und Streamingportalen stetig wächst. Im deutschen Buchmarkt dagegen ist das E-Book mit ca. 5 % Umsatzanteil die letzten Jahre etabliert, aber nicht mehr auf signifikantem Wachstumskurs. Dagegen sind digitale Produkte wie Apps auf den technologischen Wandel zurückzuführen und daher nur auf digitalen Plattformen erhältlich.
Der digitale Vertrieb hat eines für Anbieter von Musik, Filmen, Apps und Büchern, d. h. den Künstlern, Verlagen, Rechtebesitzern, Entwicklern und Agenturen dieser, gemein: Sie erhalten von den Betreibern der elektronischen Plattformen einen vertraglich fixierten Anteil („Pay per Order“) auf Basis der Abverkaufsmengen. Dies erfolgt in der Regel durch Gutschriften und oft monatlich, manchmal jedoch auch per Quartal oder halbjährlich. Die Verkaufszahlen, die im besten Fall plausibel sind, können jedoch nicht überprüft werden, da diese Absatzzahlen ausschließlich in den Datenbanken der Vertriebsplattformen erfasst und gehalten werden. Im klassischen (Eigen)Vertrieb hingegen wird die Plattform entweder selbst betrieben oder den Vertriebspartnern physische Produkte (CDs, DVDs, Bücher, etc.) zum klassischen Handel zur Verfügung gestellt, so die abgesetzten Stückzahlen kontrolliert werden können.
Pay per Order - Vertragstypen und Kosten
“Pay per Order“ wird insb. bei o.g. Leistungen, aber auch im Bereich der Werbung häufig eingesetzt und löst dabei je nach Vertragstyp unterschiedliche definierte Abrechnungsmodelle aus:
Um Klicks zu erfassen, werden diese durch die Portale auch konsequenterweise technisch gezählt, sog. „Tracking“. Das erkennt man daran, dass die Links auf den Portalen nicht direkt in ihren Shop, sondern über eine zusätzliche Seite geleitet werden und von dort der Besucher in den Shop gelangt. Die Nachteile liegen jedoch in der einfachen Manipulierbarkeit, was insb. die Werbenden betrifft. Sie können die Qualität des Traffics nicht einschätzen, müssen ihn aber bezahlen, auch wenn aus den weitergeleiteten Interessenten bei ihnen keine Kunden werden.
Vertragsgestaltung und eigenes Internes Kontrollsystem
Was kann man als Anbieter bzw. Werbender tun, wenn eine Überprüfung der Leistungen nicht möglich und man auf die Angaben des Homepage- oder Plattformbetreibers angewiesen ist?
Bei großen Plattformen gibt es jeweils Standardverträge, die in der Regel seitens der Anbieter nicht geändert werden können. Für Internetwerbung existieren sog. „pay-per-click Agenturen“, die ebenfalls Standardverträge besitzen (sollten). Welche Mindestinhalte sollten diese Verträge beinhalten?
- Es sollte geregelt werden, welches konkrete Angebot des Publishers beworben werden soll und in welcher Form der werbliche Content eingebunden wird. Zudem sollte die Plattform des Publishers näher beschrieben werden.
- Es sollte die Art und Weise des Trackings exakt und zweifelsfrei definiert werden.
- Lassen Sie sich ein Prüfrecht vertraglich einräumen. Dieses Prüfrecht ist in der Regel aus Gründen der Fairness so ausgestaltet, dass dieses Recht einmal jährlich ausgeübt werden kann. Sollten Kosten für die Prüfung z. B. durch die Bestellung eines externen Prüfers anfallen, trägt der Auftraggeber der Prüfung zunächst die Kosten. Sie sollten jedoch eine Kostenübergangsklausel in dem Vertrag vereinbaren, die dann greift, wenn durch die Prüfung eine absolute oder prozentuale Abweichung zu Ihren Ungunsten zwischen Abrechnung und Prüfungsergebnis überschritten wird.
- In Einzelfällen stellt der Plattformanbieter von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer testierte Mengenangaben zur Verfügung. Hierdurch bietet sich mit Abstand die größte Sicherheit für die Angabe der Verkaufsmengen.
- In jedem Fall gilt: Legen Sie genau fest, welche Berichterstattung oder Daten vom Abrechner in welchem Zyklus geliefert werden. Dies können Verkäufe, wöchentliche Trends oder statistische Kennzahlen sein. Ggf. muss auch eine Schnittstellendefinition für den Austausch elektronischer Daten in dem Vertrag definiert werden.
- Auch sollte geregelt werden, welche Vertragspartei den entsprechenden Report erstellt. Wie bei jedem Vertrag sollte selbstverständlich auch der Abrechnungsturnus und die Fälligkeit vereinbart werden. (Auswertungen über Herkunft der User, Browser, System, Besucher, Besucherverhalten usw.)
- Affiliate-Marketing-Verträge werden häufig für eine bestimmte Mindestvertragslaufzeit mit automatischer Verlängerung geschlossen. Bei einem solchen Laufzeitmodell ist es wichtig, Kündigungsrechte aus wichtigem Grund genauer zu definieren.
- In einigen Affiliate-Marketing-Formen ist die Erhebung und Weitergabe von Daten vorgesehen. Insbesondere wenn Advertiser und Publisher unterschiedlichen Rechtsordnungen angehören, sollten Regelungen über den Datenschutz getroffen werden.
Im Zweifel sollte eine IT-Rechtsberatung hinzugezogen werden. Rechtliche Risiken sollten vorab identifiziert und ggf. eliminiert werden. Trotz allem verbleibt die Frage, welche Form der Prüfung bzw. Überwachung stattfinden soll.
Hinweis
Für umsatzrelevante Daten sollten auf jeden Fall die Abrechnungspreise überprüft werden, die Mengen können ggf. mit dem Reporting des Plattformanbieters abgestimmt werden – sofern vorhanden. Dadurch alleine haben Sie jedoch noch keine Sicherheit bzgl. der gemeldeten Mengen. In einem ersten Schritt sollten die Mengenmeldungen von qualifizierten Marketingmitarbeitern auf Plausibilität geprüft werden. Von einer unabhängigen Stelle testierte Mengenangaben sind zunächst vertrauenswürdig, trotzdem sollten Sie diese zumindest grob plausibilisieren. Im Falle, dass hier grob zu Ihrem Nachteil ausgeprägte Auffälligkeiten zu Tage treten, ist durchaus eine Prüfung beim Dienstleister vor Ort zu empfehlen – sofern ein Prüfrecht besteht.
Prüferische Sicherheit gewinnen
Aus Prüfersicht ist weiterhin interessant, ob der Plattformdienstleister über eine Zertifizierung der eingesetzten Software oder der internen Abläufe verfügt:
- Mit einer Softwarezertifizierung nach IDW PS 880 kann z. B. bestätigt werden, dass eine ordnungsgemäße Abrechnung durch die Software des Dienstleisters sichergestellt werden kann.
- Eine Dienstleisterzertifizierung nach IDW PS 951 bzw. ISAE 3402 bestätigt, dass der Dienstleister ein angemessenes Kontrollkonzept implementiert hat (Typ 1) bzw. das Kontrollkonzept über den angegebenen Zeitraum faktisch gelebt worden ist (Typ 2).
- Eine Rechenzentrumszertifizierung nach ISO 27001 bestätigt einen ordnungsgemäßen Betrieb und eine entsprechende Einrichtung der rechenzentrumsspezifischen Kontrollen.
- Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei der Tätigkeit der Plattformdienstleister um eine Auftragsverarbeitung im Sinne von Art. 28 DSGVO. Daher wird in der Regel ein angemessen gestalteter Auftragsverarbeitungs-Vertrag benötigt inkl. der Angabe der Technisch-Organisatorischen Maßnahmen (TOMs) des Dienstleisters.
Die genannten Berichte sollten in Gänze und vollständig angefordert werden, um die Aussagekraft der jeweiligen Prüfungen einschätzen zu können. Zuweilen versuchen Dienstleister ihre Partner mit dem zusammenfassenden Ergebnis zufrieden zu stellen. Dieses hat für sich alleine jedoch sehr oft keine hinreichende Aussagekraft.
Hinweis
Digitale Produkte sind heutzutage Standard und für die in die Zukunft ausgerichtete Unternehmen unabdingbar. Nutzen Sie daher diese Technologien, versehen Sie diese jedoch mit einem angemessenen rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Kontrollkonzept im Zusammenspiel mit Ihren Dienstleistern. Erkundigen Sie sich bei Ihren digitalen Dienstleistern nach einschlägigen Zertifizierungen und ziehen Sie bei Bedarf einen Fachanwalt für IT-Recht zu Rate, um vertragliche Risiken auszuschließen.