Der Sachverhalt:
Der Kläger betreibt seit 2006 einen Betrieb, dessen Gegenstand Fliesen-, Estrich-, Parkett- und sonstige Bodenlegearbeiten, der Einbau von genormten Baufertigteilen, Akustik- und Trockenbau, Entrümpelungsarbeiten sowie Güterbeförderung mit einem Kraftfahrzeug (bis 3,5t) ist. Im Jahr 2016 meldete der Kläger als weiteres Gewerbe (im Nebenerwerb) einen Hausmeisterservice an.
Im Gründungsjahr 2006 optierte der Kläger zur Regelbesteuerung. In den Folgejahren bis einschließlich des Kalenderjahres 2016 gab der Kläger Umsatzsteuerjahreserklärungen ab, in denen er die Umsatzsteuer nach den allgemeinen Regeln berechnete. In den Jahren 2011 und 2012 erzielte er Bruttoumsätze oberhalb von 17.500 € (Nettoumsatz 2011: 23.475 €, Nettoumsatz 2012: 24.724 €). In den weiteren Jahren lagen seine Bruttoumsätze unterhalb der Grenze von 17.500 €.
Mit seiner 2018 eingereichten Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2017 beantragte der Kläger erstmalig den Wechsel von der Regelbesteuerung zur Kleinunternehmerschaft. In den Rechnungen des Streitjahres 2017 wies er unter Hinweis auf § 19 UStG keine Umsatzsteuer aus. Das Finanzamt hielt einen Wechsel im Streitjahr 2017 für nicht möglich, da der Kläger innerhalb der letzten 5 Jahre von der Option nach § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG Gebrauch gemacht habe und deshalb insoweit gebunden sei. Im Jahr 2016 habe er zwar nur laufende Umsätze in Höhe von 4.741 € erzielt, durch die Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung mit Ausweis von Umsätzen und Vorsteuern habe er jedoch wirksam zur Regelbesteuerung optiert. Hieran sei er fünf Jahre gebunden, so dass er frühestens ab dem 01.01.2021 zur Kleinunternehmerschaft wechseln könne.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Der Kläger ist im Streitjahr 2017 als Kleinunternehmer zu behandeln. Er hatte seinen Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung mit der Einreichung der Steuererklärung für das Streitjahr 2017 wirksam gem. § 19 Abs. 2 Satz 4 UStG widerrufen. Das Finanzamt ist insofern zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger im Streitjahr noch gem. § 19 Abs. 2 Satz 2 UStG an einen erklärten Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung gebunden war.
Ein Verzicht auf die Besteuerung als Kleinunternehmer (sog. Option zur Regelbesteuerung) kann dem Finanzamt gegenüber auch konkludent erklärt werden. Eine Option zur Regelbesteuerung durch konkludentes Verhalten kann von einem sog. Kleinunternehmer auch in der Weise erklärt werden, dass dieser dem Finanzamt auf einem für die Regelbesteuerung vorgesehenen Vordruck eine Umsatzsteuererklärung einreicht, in welcher er die Umsatzsteuer nach den allgemeinen Vorschriften des Gesetzes berechnet und den Vorsteuerabzug geltend gemacht hat. Somit kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an. Von ihnen hängt es ab, ob durch das Finanzamt der Inhalt einer Steuererklärung zweifelsfrei zugleich als Erklärung zur Ausübung des steuerrechtlichen Gestaltungsrechts aufgefasst werden darf oder ob dem Inhalt eine solche Bedeutung nicht zukommt.
In Zweifelsfällen muss das Finanzamt den Kleinunternehmer fragen, welcher Besteuerungsform er seine Umsätze unterwerfen will. Die Beseitigung etwa bestehender Zweifel ist wegen der erheblichen Rechtsfolgen, nämlich der nach § 19 Abs. 2 Satz 2 UStG für mindestens fünf Kalenderjahre geltenden Bindung des Verzichts auf die Kleinunternehmerbesteuerung, aus Gründen der Rechtssicherheit erforderlich. Verbleiben Zweifel, kann eine Option zur Regelbesteuerung nicht angenommen werden. Der Wille der Steuerpflichtigen, mit der Abgabe der Umsatzsteuererklärung keine Optionserklärung i.S.d. § 19 Abs. 2 Satz 1 UStG abgeben zu wollen, ist jedoch unerheblich. Da das Erklärungsbewusstsein kein notwendiger Bestandteil der Willenserklärung ist, kann schlüssiges Verhalten auch dann als Willenserklärung gewertet werden, wenn der Handelnde an die Möglichkeit einer solchen Wertung nicht gedacht hat, sofern er bei pflichtgemäßer Sorgfalt erkennen konnte, dass sein Verhalten als Willenserklärung aufgefasst werden durfte und der Erklärungsempfänger es auch tatsächlich so verstanden hat.
Infolgedessen hatte der Kläger zwar durch die Abgabe der Jahressteuererklärung 2016, in der er die Umsatzsteuer nach allgemeinen Regeln berechnet hat, (weiterhin) konkludent auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichtet. Dieser Verzicht war jedoch nicht geeignet, erneut die fünfjährige Bindungswirkung des § 19 Abs. 2 Satz 2 UStG auszulösen. Vielmehr hatte der Kläger lediglich für das Jahr 2016 noch keinen Widerruf des bereits im Jahr 2006 ausgeübten Verzichts erklärt.
Ein Verzicht auf die Besteuerung als Kleinunternehmer (sog. Option zur Regelbesteuerung) kann dem Finanzamt gegenüber auch konkludent erklärt werden. In Zweifelsfällen muss das Finanzamt den Kleinunternehmer fragen, welcher Besteuerungsform er seine Umsätze unterwerfen will. Die Beseitigung etwa bestehender Zweifel ist wegen der erheblichen Rechtsfolgen, der nach § 19 Abs. 2 Satz 2 UStG für mindestens fünf Kalenderjahre geltenden Bindung des Verzichts auf die Kleinunternehmerbesteuerung, aus Gründen der Rechtssicherheit erforderlich.