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Steuerberatung

Vorabgewinn der Komplementär-GmbH für Geschäftsführung der KG

BFH v. 28.5.2020 - IV R 11/18

Sieht der Ge­sell­schafts­ver­trag ei­ner GmbH & Co. KG einen Vor­ab­ge­winn der Kom­ple­mentär-GmbH für die Über­nahme der Ge­schäftsführung der KG vor, die von einem Kom­man­di­tis­ten der KG als Ge­schäftsführer der Kom­ple­mentär-GmbH er­bracht wird, so ist der be­tref­fende Be­trag nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht der Kom­ple­mentär-GmbH, son­dern dem die Ge­schäfte führen­den Kom­man­di­tis­ten zu­zu­rech­nen. Dies gilt un­abhängig da­von, ob die GmbH dem Kom­man­di­tis­ten ein Ent­gelt für seine Tätig­keit schul­det.

Der Sach­ver­halt:
Strei­tig war die An­ge­mes­sen­heit der Ge­winn­ver­tei­lung bei der kla­gen­den GmbH & Co. KG. Da­bei ging es um die Frage, ob der ka­pi­talmäßig nicht be­tei­lig­ten Kom­ple­mentär-GmbH ein Vor­ab­ge­winn als Vergütung für die Über­nahme des Haf­tungs­ri­si­kos und für die Ausübung der Ge­schäftsführung in­ner­halb der Kläge­rin gewährt wer­den kann, wenn die Ge­sell­schaf­ter-Ge­schäftsführer der Kom­ple­mentär-GmbH, die zu­gleich auch Kom­man­di­tis­ten der Kläge­rin sind, für ihre Ge­schäftsführungs­leis­tun­gen keine ge­son­derte Vergütung der Kom­ple­mentär-GmbH be­zie­hen.

In ih­rer Erklärung über die ge­son­derte und ein­heit­li­che Fest­stel­lung von Be­steue­rungs­grund­la­gen für das Streit­jahr 2014 erklärte die Kläge­rin ge­werb­li­che Einkünfte i.H.v. rd. 470.000 € und legte der Ver­tei­lung des Ge­winns auf die Ge­sell­schaf­ter ihre ge­sell­schafts­ver­trag­li­chen Ab­re­den zu­grunde. Dar­aus er­gab sich in der Ge­winn­ver­tei­lung, dass der Vor­ab­ge­winn von 200.000 kom­plett der Kom­ple­mentär-GmbH zu­ge­rech­net wurde. Das Fi­nanz­amt folgte dem nicht und wies im Ge­winn­fest­stel­lungs­be­scheid 2014 den der Kom­ple­mentärin als Vor­ab­ge­winn zu­ge­rech­ne­ten Be­trag von 200.000 € je hälf­tig den Kom­man­di­tis­ten als Ge­winn­an­teil zu. Für die Kom­ple­mentärin berück­sich­tigte das Fi­nanz­amt eine Haf­tungs­vergütung i.H.v. 1.250 €.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hob der BFH das Ur­teil auf und ver­wies die Sa­che zur an­der­wei­ti­gen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

Die Gründe:
Das FG ist zur Un­recht da­von aus­ge­gan­gen, dass dem Kom­man­di­tis­ten, der als Or­gan der Kom­ple­mentär-GmbH die Ge­schäfte der KG führt, ein von der KG der Kom­ple­mentär-GmbH für die Über­nahme der Ge­schäftsführung ge­schul­de­ter Vor­ab­ge­winn nicht nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu­zu­rech­nen ist. Die bis­he­ri­gen Fest­stel­lun­gen des FG ermögli­chen dem Se­nat aber keine ab­schließende Ent­schei­dung zu der Frage, ob die vom Fi­nanz­amt im an­ge­grif­fe­nen Ge­winn­fest­stel­lungs­be­scheid 2014 zu­grunde ge­legte Be­ur­tei­lung, der zu­folge der Kom­ple­mentär-GmbH für die Über­nahme der Haf­tung eine Haf­tungs­vergütung i.H.v. 1.250 € zu­zu­rech­nen sei, an­ge­mes­sen ist.

Nach ständi­ger Recht­spre­chung wer­den von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halb­satz 2 EStG auch Vergütun­gen er­fasst, die bei ei­ner GmbH & Co. KG der Kom­man­di­tist dafür erhält, dass er in sei­ner Ei­gen­schaft als Ge­schäftsführer der Kom­ple­mentär-GmbH die Ge­schäfte der KG führt. Die Er­fas­sung der Tätig­keits­vergütung bei den Einkünf­ten des Ge­sell­schaf­ters aus Ge­wer­be­be­trieb hat der BFH da­mit begründet, dass auch der Kom­man­di­tist ei­ner GmbH & Co. KG, der zu­gleich Ge­schäftsführer (Or­gan) der Kom­ple­mentär-GmbH ist, aus ein­kom­men­steu­er­recht­li­cher Sicht "im Dienst der Per­so­nen­ge­sell­schaft" tätig wird. Denn er nimmt in­so­weit eine Dop­pel­stel­lung ein, als er nicht nur Or­gan der GmbH, son­dern zu­gleich Mit­un­ter­neh­mer der KG ist. Seine Ge­schäftsführ­ertätig­keit kann in­so­weit nicht von sei­ner Ei­gen­schaft als Mit­un­ter­neh­mer der KG gelöst wer­den.

§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halb­satz 2 EStG greift des­halb je­den­falls in­so­weit ein, als sich der Un­ter­neh­mens­ge­gen­stand der Kom­ple­mentär-GmbH auf die Führung der Ge­schäfte der Per­so­nen­ge­sell­schaft be­schränkt. In­so­weit ist die Zah­lung der Tätig­keits­vergütung an den Ge­sell­schaf­ter-Kom­man­di­tis­ten ei­ner Ge­winn­ver­tei­lung ver­gleich­bar und kann des­halb steu­er­lich nicht an­ders als jene be­han­delt wer­den. Das gilt so­wohl für den Fall, dass der Kom­man­di­tist die Vergütung für seine Tätig­keit als Ge­schäftsführer der Kom­ple­mentär-GmbH un­mit­tel­bar von der KG erhält, als auch für den Fall, dass er die Vergütung von der Kom­ple­mentär-GmbH be­zieht, die ih­rer­seits in­so­weit Er­satz von der KG erhält.

Bei der vor­ge­nann­ten Recht­spre­chung geht es nicht al­lein um die Frage der ein­kom­men­steu­er­recht­li­chen Be­ur­tei­lung der Vergütung des Ge­schäftsführers der Kom­ple­mentär-GmbH, der zu­gleich Kom­man­di­tist der KG ist. Viel­mehr er­gibt sich aus dem Um­stand, dass ein sol­cher Ge­schäftsführer bei te­leo­lo­gi­scher Aus­le­gung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ein­kom­men­steu­er­recht­lich "im Dienst" der KG tätig wird, auch, dass die un­ter­neh­me­ri­sche Leis­tung der Ge­schäftsführung der KG aus ein­kom­men­steu­er­recht­li­cher Sicht nicht von der Kom­ple­mentär-GmbH, son­dern von dem Kom­man­di­tis­ten er­bracht wird.

Dem­ent­spre­chend muss auch in einem Fall wie dem Streit­fall, in dem nicht der Kom­man­di­tist selbst (un­mit­tel­bar von der KG oder mit­tel­bar un­ter Zwi­schen­schal­tung der Kom­ple­mentär-GmbH) ein Ent­gelt für seine Tätig­keit "im Dienst" der KG erhält, son­dern der Kom­ple­mentär-GmbH ein Vor­ab­ge­winn für die Ge­schäftsführung zu­ge­wie­sen wird, der auf die Ge­schäftsführung ent­fal­lende Ge­winn­an­teil ein­kom­men­steu­er­recht­lich dem die Ge­schäfte tatsäch­lich führen­den Kom­man­di­tis­ten zu­ge­rech­net wer­den. Denn in­so­weit han­delt es sich im Sinne der vor­ge­nann­ten Recht­spre­chung zwar nicht um ein Ent­gelt, aber um einen Vor­ab­ge­winn­an­teil für eine Leis­tung, die der Kom­man­di­tist und nicht die Kom­ple­mentär-GmbH er­bringt. Der Vor­ab­ge­winn ist da­her dem die Leis­tung er­brin­gen­den Kom­man­di­tis­ten nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halb­satz 1 EStG zu­zu­rech­nen. Aus Sicht der Kom­ple­mentär-GmbH han­delt es sich in­so­weit nicht um eine Son­der­vergütung oder Ge­winn­zu­wei­sung der KG, die bei ihr - der Kom­ple­mentär-GmbH - der Körper­schaft­steuer un­ter­wor­fen wird, son­dern um eine ver­deckte Ein­lage ih­res Ge­sell­schaf­ters, der zu­gleich Kom­man­di­tist der KG ist.

Dies hat zwar zur Folge, dass nur einem Ge­sell­schaf­ter-Ge­schäftsführer der Kom­ple­mentär-GmbH, der nicht zu­gleich Kom­man­di­tist der KG ist, die Möglich­keit ge­ge­ben wird, durch vor­he­ri­gen Ver­zicht auf eine Ge­schäftsführungs­vergütung ge­genüber der Kom­ple­mentär-GmbH Ge­winne bei der Kom­ple­mentär-GmbH zu the­sau­rie­ren, nicht aber einem Ge­sell­schaf­ter-Ge­schäftsführer, der zu­gleich Kom­man­di­tist ist. Dies ist aber der be­son­de­ren Stel­lung ge­schul­det, die ein Ge­sell­schaf­ter der Kom­ple­mentär-GmbH hat, der zu­gleich Kom­man­di­tist der KG ist. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG will in­so­weit ver­hin­dern, dass der Kom­man­di­tist Ge­winne der KG der Be­steue­rung nach den Grundsätzen für die Per­so­nen­ge­sell­schaft ent­zieht. Eine ent­spre­chende Si­tua­tion be­steht nicht bei einem Ge­sell­schaf­ter der Kom­ple­mentär-GmbH, der nicht zu­gleich Kom­man­di­tist der KG ist.

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