Der Sachverhalt:
Der Ehemann der Klägerin war Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes. Dabei handelte es sich um einen Hof i.S.d. Höfeordnung. Der zum Betrieb gehörende Grundbesitz war an fremde Dritte verpachtet. Aus der Verpachtung erzielte der Ehemann Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft.
Der Ehemann hatte den Hof im Jahr 2002 an seinen Sohn übertragen und sich auf seine Lebensdauer ein unentgeltliches Nießbrauchrecht an dem überlassenen Grundbesitz vorbehalten. Darüber hinaus behielt er sich für die Klägerin ein durch seinen Tod aufschiebend bedingtes unentgeltliches Nießbrauchrecht an dem überlassenen Grundbesitz vor, das der Sohn in dem Hof-Überlassungsvertrag einräumte. Der Ehemann erhielt aufgrund des Nießbrauchs auch nach Abschluss des Hof-Überlassungsvertrags die Pachteinnahmen, die er weiterhin als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft versteuerte.
Als der Ehemann im Jahr 2006 verstarb stand der Klägerin das ihr in dem Hof-Überlassungsvertrag eingeräumte Nießbrauchrecht vollen Inhalts zu. Auch sie erklärte als Nießbrauchberechtigte aus der Verpachtung Einkünfte aus § 13 EStG, die sie durch Betriebsvermögensvergleich für das landwirtschaftliche Normalwirtschaftsjahr ermittelte. Im Dezember 2008 veräußerte der Sohn die Hofstelle sowie einen Teil des Grund und Bodens mit Wirkung zum 1.7.2009 an einen Dritten. Der Vertrag stand unter der aufschiebenden Bedingung, dass sich der Erwerber mit der Klägerin über die Entlassung des verkauften Grundbesitzes aus der Pfandhaft für ihr Nießbrauchrecht einigte. Außerdem vereinbarten der Erwerber und die Klägerin, dass diese den erworbenen Grundbesitz gegen Zahlung eines im Wirtschaftsjahr 2009/2010 fälligen Betrags aus der Pfandhaft entließ.
Die Klägerin erfasste die vom Erwerber geleistete Zahlung in ihrer Gewinnermittlung für das Wirtschaftsjahr 2009/2010 nicht als Betriebseinnahme. Sie war der Ansicht es handele sich um ein privates Veräußerungsgeschäft, das nicht zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft führe. Das Finanzamt vertrat dagegen die Auffassung, der Gewinn sei um die im Wirtschaftsjahr 2009/2010 vereinnahmte Zahlung des Erwerbers zu erhöhen und erließ entsprechende Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre 2009 und 2010.
Die hiergegen gerichtete Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.
Gründe:
Die Zahlung, die die Klägerin für die Entlassung des Grundbesitzes aus der Pfandhaft erhalten hatte, war gewinnerhöhend bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zu erfassen.
Die unentgeltliche Übertragung des ruhenden Verpachtungsbetriebs auf den Sohn unter Vorbehalt des Nießbrauchs führte beim Ehemann nicht zu einer Betriebsaufgabe. Weder der Ehemann noch der Sohn hatten die Aufgabe des Verpachtungsbetriebs erklärt. Mit dem Tod des Ehemanns erlosch der Nießbrauch gem. § 1061 Satz 1 BGB. Gleichzeitig erstarkte der aufschiebend bedingte Nießbrauch der Klägerin, den sich der Ehemann in dem Hof-Überlassungsvertrag ebenfalls vorbehalten und der Klägerin unentgeltlich zugewandt hatte, zum Vollrecht.
Zum (notwendigen) Betriebsvermögen des hiernach (fortbestehenden) land- und forstwirtschaftlichen Verpachtungsbetriebs der Steuerpflichtigen gehörte insbesondere der ihr von ihrem Ehemann zugewandte Nießbrauch. Denn die Steuerpflichtige konnte den auf sie unentgeltlich übergegangenen Verpachtungsbetrieb nur aufgrund des ihr zugewandten Nießbrauchs betreiben. Jedoch konnte sie in ihrer Bilanz für das Nießbrauchrecht keinen Wert ansetzen. Sie trat, was die Nutzung des Betriebsvermögens zur Einkünfteerzielung betraf, wie ein Rechtsnachfolger an die Stelle des die Nutzungsberechtigung Überlassenden. Der in § 6 Abs. 3 EStG zum Ausdruck gebrachte Grundsatz findet auch auf die unentgeltliche Übertragung des Rechts zur Nutzung eines Betriebs in der Form der Bestellung eines dinglichen Nießbrauchs am Unternehmen entsprechende Anwendung.
Der Verpachtungsbetrieb des Sohnes war auch nicht durch die Veräußerung der Hofstelle an einen Dritten aufgegeben worden. Die Zahlung für die (teilweise) Ablösung des zum (notwendigen) Betriebsvermögen der Steuerpflichtigen gehörenden (Zuwendungs-)Nießbrauchs im Wirtschaftsjahr 2009/2010 war somit betrieblich und nicht privat veranlasst. Da die Klägerin für den Nießbrauch in ihrer Bilanz keinen Buchwert ansetzen konnte, war wegen der Entlassung des verkauften Grundbesitzes aus der Pfandhaft andererseits keine Betriebsvermögensminderung eingetreten. Entsprechend war der Gewinn der Steuerpflichtigen für das Wirtschaftsjahr 2009/2010 entsprechend zu erhöhen.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
- Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte //juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bfh&Art=en&Datum=Aktuell&nr=42016&pos=2&anz=49:hier.