Der Sachverhalt:
Der im März 1940 geborene X und seine Ehefrau, die spätere Erblasserin Y, lebten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Im Dezember 2004 beendeten sie durch notariell beurkundeten Ehe- und Erbvertrag diesen Güterstand und vereinbarten den Güterstand der Gütertrennung. Die Zugewinnausgleichsforderung der Erblasserin i.H.v. 375.823 € wurde auf Lebenszeit des zur Zahlung verpflichteten X gestundet; eine Vereinbarung zur Verzinsung der Forderung wurde nicht getroffen. Zudem setzten sich die Eheleute gegenseitig zu Alleinerben ein. Die Y verstarb im November 2009.
Das Finanzamt erfasste die Zugewinnausgleichsforderung als Erwerb des X mit dem Nennwert. Zusätzlich setzte es den Vorteil aus der zinslosen Stundung der Zugewinnausgleichsforderung mit dem Kapitalwert einer lebenslänglichen Nutzung i.H.v. 192.499 € als Vorschenkung an. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Der BFH bestätigte die Entscheidung.
Gründe:
Die Zugewinnausgleichsforderung war nur mit einem abgezinsten Wert i.H.v. 177.107 € und die aus der zinslosen Stundung der Zugewinnausgleichsforderung resultierende Vorschenkung nur mit einem laufzeitbezogenen Kapitalwert i.H.v. 90.522 € anzusetzen.
Die schenkungsteuerlichen Grundsätze für die Gewährung eines zinslosen Darlehens gelten für die zinslose Stundung einer Zugewinnausgleichsforderung entsprechend. Denn auch in diesem Fall hat sich der ausgleichsberechtigte Ehegatte der Nutzungsmöglichkeit des Kapitals aus der Forderung für die Zeit der Stundung begeben und die Nutzung dem ausgleichsverpflichteten Ehegatten überlassen. Eine Verzinsung der Ausgleichsforderung ist daher nicht generell ausgeschlossen. Dies zeigt sich schon darin, dass bei einer Stundung der Ausgleichsforderung durch das Familiengericht die gestundete Forderung durch den Schuldner zu verzinsen wäre (§ 1382 Abs. 2 BGB). Die zinslose Stundung der Ausgleichsforderung ist deshalb nicht mit der zinslosen Stundung eines nicht geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs vergleichbar.
Im vorliegenden Fall war der Nutzungsvorteil aufgrund der zinslosen Stundung der Zugewinnausgleichsforderung zutreffend mit einem Kapitalwert i.H.v. 90.522 € als Vorschenkung berücksichtigt worden. Gem. § 14 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ErbStG werden mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Vermögensvorteile in der Weise zusammengerechnet, dass dem letzten Erwerb die früheren Erwerbe nach ihrem früheren Wert zugerechnet werden und von der Steuer für den Gesamtbetrag die Steuer abgezogen wird, die für die früheren Erwerbe zur Zeit des letzten Erwerbs zu erheben gewesen wäre.
Bei der Berechnung der Erbschaftsteuer gem. § 14 ErbStG sind mehrere Vermögensvorteile, die innerhalb von zehn Jahren von derselben Person dadurch anfallen, dass jemand zunächst das Recht auf unentgeltliche Nutzung eines Gegenstands und danach den der Nutzung unterliegenden Gegenstand selbst erwirbt, bei der Zusammenrechnung der Erwerbe mit den ihnen jeweils zukommenden Werten anzusetzen. Aufgrund der Selbständigkeit der Besteuerung der einzelnen Erwerbe ist der in die Zusammenrechnung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG einzubeziehende Vorerwerb dem letzten Erwerb mit dem materiell-rechtlich zutreffenden Wert hinzuzurechnen. Dies gilt auch, wenn bei der vorangegangenen Steuerfestsetzung für den Vorerwerb ein materiell-rechtlich nicht zutreffender Wert berücksichtigt wurde oder keine Steuerfestsetzung für den Vorerwerb erfolgt ist.
Hier war der zugewendete Nutzungsvorteil aufgrund der zinslosen Stundung der Ausgleichsforderung nicht wie eine lebenslängliche Nutzung, sondern wie eine Nutzung auf bestimmte Zeit zu bewerten. Mit dem Ableben der Erblasserin als Gläubigerin der Ausgleichsforderung endete der Nutzungsvorteil des Alleinerben aus der zinslosen Stundung, mit der Folge, dass der Kapitalwert nach der wirklichen Dauer der Nutzung zu berichtigen war.
Die Berichtigung des Kapitalwerts des Nutzungsvorteils aus der zinslosen Stundung der Zugewinnausgleichsforderung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 BewG ist auch nicht durch § 10 Abs. 3 ErbStG ausgeschlossen. § 10 Abs. 3 ErbStG gilt für den jeweils zu besteuernden Erwerb, der zivilrechtlich das Recht und die Verbindlichkeit durch Konfusion zum Erlöschen bringt. Dies ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut der Vorschrift, nach dem erbschaftsteuerrechtlich die Fiktion des Nichterlöschens für die "infolge des Anfalls" eintretende Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit eintritt. Dies lässt die Berücksichtigung des Vorerwerbs unberührt. Der Vorerwerb ist dem Letzterwerb mit dem früheren Wert hinzuzurechnen. Dabei ist der materiell-rechtlich zutreffende Wertansatz maßgebend. Spätere Ereignisse, wie z.B. ein Erwerb von Todes wegen, sind bei der Ermittlung des zutreffenden Wertansatzes des Vorerwerbs nur zu berücksichtigen, wenn dies gesetzlich vorgesehen ist.
Handelt es sich bei dem Vorerwerb um eine lebenslängliche Nutzung oder Leistung, die nach § 14 Abs.1 BewG zu bewerten und deren Wert nach § 14 Abs.2 BewG zu berichtigen ist, ist der berichtigte Wert der materiell-rechtlich zutreffende Wertansatz des Vorerwerbs. Die speziell für lebenslängliche Nutzungen und Leistungen getroffene Regelung in § 14 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 BewG geht insoweit der allgemein ein Erlöschen von Rechtsverhältnissen ausschließenden Fiktion in § 10 Abs. 3 ErbStG vor. Die Berichtigung des Kapitalwerts des Vorerwerbs in Form einer lebenslänglichen Nutzung oder Leistung nach § 14 Abs. 2 BewG ist auch möglich, wenn infolge des Todes des Berechtigten oder Verpflichteten eine Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit in der Person des Erben eintritt. Ein Ausschluss derartiger Fallgestaltungen lässt sich weder dem Wortlaut noch dem Zweck der Vorschrift entnehmen.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
- Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.