Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GmbH. Ihr Unternehmensgegenstand war in den Streitjahren 2008 und 2009 die Errichtung, der Erwerb, die Veräußerung, Betreuung, Bewirtschaftung und Verwaltung von Immobilien. Die A-AG war im Streitjahr 2008 über die A-Beteiligungs-GmbH mit 74 % mittelbar an der Klägerin beteiligt; Anfang 2009 ist jene GmbH mit der A-AG verschmolzen. Die Klägerin nimmt am Konzern-Cash-Clearing der A-Gruppe teil und wird in den Konzernabschluss der A-AG einbezogen, sie ist über die A-Beteiligungs-GmbH ein verbundenes Unternehmen der B. Der bei der Klägerin angefallene Zinsaufwand belief sich in den Streitjahren auf jeweils rund 5 Mio. €.
Das FG wies die gegen die Steuerfestsetzungen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hat der BFH das Verfahren ausgesetzt und dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob die sog. Zinsschranke aufgrund eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verfassungswidrig ist.
Die Gründe:
Zur Überzeugung des BFH sind die Regelungen der Zinsschranke wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig.
Betrieblich veranlasste Zinsaufwendungen sind entsprechend dem sog. Nettoprinzip grundsätzlich als Betriebsausgaben abziehbar. Hiervon abweichend ordnet § 4h EStG (bei Körperschaften i.V.m. § 8a KStG) eine Abzugsbeschränkung für Zinsaufwendungen an, die den Zinsertrag übersteigen. Dieser sog. negative Zinssaldo ist nicht abziehbar, soweit er 30 % des "operativen" Gewinns (heute: verrechenbares EBITDA) übersteigt (sog. Zinsschranke). Der nichtabziehbare Aufwand ist in die folgenden Wirtschaftsjahre regelmäßig vorzutragen.
Die Zinsschranke steht dem Betriebsausgabenabzug allerdings nicht entgegen, wenn der negative Zinssaldo des Unternehmens weniger als 3 Mio. € beträgt oder die Eigenkapitalquote des konzernangehörigen Unternehmens diejenige des Konzerns um nicht mehr als 2 % unterschreitet (sog. Eigenkapital-Escape) oder bei Kapitalgesellschaften keine sog. schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung vorliegt.
Der Verstoß gegen den Gleichheitssatz kann damit begründet werden, dass die Zinsschranke das Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung des Ertragsteuerrechts nach Maßgabe der finanziellen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen verletzt. Sie missachte das objektive Nettoprinzip, da nicht mehr das Nettoeinkommen der Besteuerung zugrunde gelegt wird. Das Abzugsverbot rechtfertigt sich mangels folgerichtiger Umsetzung auch weder durch den vom historischen Gesetzgeber angeführten Zweck der Eigenkapitalstärkung noch durch das Ziel der Sicherung des deutschen Steuersubstrats. Gleiches gilt für das Anliegen, unkalkulierbare Steuerausfälle zu vermeiden.
Im vorliegenden Fall wurde die Zinsschranke bei der zu einem inländischen Konzern gehörenden Kapitalgesellschaft, die in der Immobilienbranche tätig ist, angewandt und der Betriebsausgabenabzug nach Maßgabe der Zinsschranke begrenzt; der zum Ende des ersten Streitjahres 2008 festgestellte Zinsvortrag entfiel darüber hinaus im Folgejahr aufgrund einer betriebsbezogenen Umstrukturierung. Die Steuerbelastung in diesem "reinen Inlandsfall" (keine Finanzierung aus dem Ausland) konnte aus den vorgenannten Gründen als gleichheitswidrigen Eingriff in den Kernbereich des ertragsteuerrechtlichen Nettoprinzips gewertet werden, der wiederum nicht durch den Aspekt der Missbrauchsverhinderung gerechtfertigt werden konnte.
Hintergrund:
Der BFH hatte bereits in seinem Beschluss vom 18.12.2013 (Az.: I B 85/13) in einem summarischen Verfahren Zweifel an der Verfassungskonformität der Zinsschranke geäußert. Daraufhin hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) am 13.11.2014 einen sog. Nichtanwendungserlass angeordnet. Das BMF begründete dies insbesondere mit den "Gefahren für die öffentlichen Haushalte".
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
- Um direkt zum Volltext Az.: I R 20/15 zu gelangen, klicken Sie bitte hier.
- Um direkt zum Volltext Az.: I B 85/13 zu gelangen, klicken Sie bitte hier.